Und plötzlich geht nichts mehr: „Ich habe mich so geschämt“

Tabu-Thema Depressionen


  • Kreis Olpe, 19.03.2024
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  • Von Kerstin Sauer
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Tabu-Serie, LokalPlus bricht Tabus, Darüber spricht man nicht von STUDIO GRAND WEB, Adobe Stock, Grafik: Ralph Schneider
Tabu-Serie, LokalPlus bricht Tabus, Darüber spricht man nicht © STUDIO GRAND WEB, Adobe Stock, Grafik: Ralph Schneider

Kirchhundem. Und plötzlich war alles anders… Weniger als vier Monate ist es her, dass Simone Krause aus Kirchhundem ausgebremst wurde. Die Powerfrau, die für ihre Lebhaftigkeit und Geselligkeit bekannt und beliebt ist, steht plötzlich in der Sackgasse. Zusammenbruch, mittelschwere Depressionen – nichts geht mehr. Heute, Wochen danach, sagt sie: „Die Tagesklinik in Altenhundem hat mich gerettet.“


Simone Krause ist eine voll berufstätige, engagierte Frau. Arbeitet Vollzeit in der Bilanzbuchhaltung einer heimischen Firma, trifft sich gerne mit Freunden und unternimmt viel. Bis zu dem Tag, der alles verändert. Plötzlich, so erinnert sich die 49-Jährige, für die Kommunikation nie ein Problem war, stand sie alleine da. Denn: „Depressionen sind immer noch ein Tabu-Thema. Wenn man plötzlich nicht mehr funktioniert. Ich habe mich so geschämt.“

Wie es zum Zusammenbruch kam? „Ich hatte einige Baustellen“, beschreibt Simone Krause. Arbeit rund um die Uhr, familiäre Herausforderungen, der Hund erkrankt schwer. Monatelang „funktioniert“ sie, bis zu jenem Tag Anfang November: „Ich saß auf der Arbeit, wollte eine neue Aufgabe angehen – und konnte nicht. Ich bin nervlich zusammengebrochen.“

Erste Anlaufstelle: Das Krisen-Café

Der Chef schickt sie nach Hause, die Freundin zum Hausarzt. Der vermittelt ihr den Kontakt zum Krisen-Café in Olpe, eine Anlaufstelle in psychischen Akutsituationen ohne Voranmeldung. Dort erzählt sie ihre Geschichte, füllt einen Bogen aus, um den Grad ihrer Erkrankung einzuschätzen. Zum ersten Mal fällt das Wort „Depression“. Simone Krause: „Ich bin vorher von einem Burnout ausgegangen…“

Der Leiter des Krisen-Cafés Ottmar Griffel nimmt Kontakt mit der Tagesklinik in Altenhundem auf. Und die Kirchhundemerin hat Riesen-Glück: Nur wenige Tage später hat sie einen Platz.

„Man rutscht so schnell in ein Loch...“

Die Zeit, bis sie in der Einrichtung am St.-Josefs-Hospital aufgenommen wird, kommt der 49-jährigen einem Weltuntergang gleich: „Ich war nur noch müde und erschöpft, habe viel geschlafen und konnte keine Menschen um mich herum ertragen. Man rutscht so schnell in ein Loch… und fühlt sich so schrecklich wertlos, ist absolut nicht belastbar.“ Tiefe Traurigkeit und Existenzängste machen sich breit. Was ist nur los mit mir?

Nicht nur die Unterstützung der Mitarbeiter, sondern auch der wachsende Zusammenhalt unter den Patienten gaben Simone Krause Kraft.
Nicht nur die Unterstützung der Mitarbeiter, sondern auch der wachsende Zusammenhalt unter den Patienten gaben Simone Krause Kraft.

An ihrem ersten Tag in der Tagesklinik fühlt sich Simone Krause völlig fehl am Platz: „Du sitzt da und denkst: Was will ich hier überhaupt?“ Doch schnell gewöhnt sich die 49-Jährige ein, nicht zuletzt dank der aufmerksamen und freundlichen Unterstützung der Mitarbeiter, aber auch des wachsenden Zusammenhaltes unter den Patienten. Simone Krause: „Das Team ist unglaublich. Man fühlt sich so ernst genommen. Die Mitarbeiter geben einem immer das Gefühl: Du bist total wichtig und dir soll es jetzt besser gehen.“

In Gruppen- und Einzeltherapien gehen die Patienten ihren Problemen auf den Grund, lernen sich und die anderen kennen. Ein Wochenplan gibt eine feste Struktur, zu der neben verschiedenen Therapieangeboten bestimmte Dienste, Sport und gemeinsame Mahlzeiten gehören.

Eine starke Stütze: Simone und ihr Lebensgefährte Ferko van Aalderen. von privat
Eine starke Stütze: Simone und ihr Lebensgefährte Ferko van Aalderen. © privat

Simone Krause fühlt sich in der Tagesklinik wohl. Knapp sieben Wochen verbringt sie hier, daran schließen sich vier Wochen Wiedereingliederung in den Beruf an. Die ersten beiden Wochen wird sie vom Team der Tagesklinik begleitet: „Das hat mir sehr geholfen, ich wusste, ich bin nicht alleine.“

Seit der Wiedereingliederung sind nun einige Wochen vergangen. Heute ist Simone Krause medikamentös eingestellt und arbeitet wieder in Vollzeit – aber anders, wie sie betont: „Ich bremse mich und nehme mich mehr zurück, achte viel mehr auf mich selbst und sage schneller ‚Nein‘.“ Ganz anders als früher: „Ich habe immer für andere funktioniert, habe mir keine Zeit für mich genommen. Bis mein Kopf mir gesagt hat: Es geht nicht mehr.“

„Die Tagesklinik war mein Leuchtturm, der mich gerettet hat“, sagt Simone Krause und dankt allen Mitarbeitern für ihre großartige Unterstützung. von pixabay
„Die Tagesklinik war mein Leuchtturm, der mich gerettet hat“, sagt Simone Krause und dankt allen Mitarbeitern für ihre großartige Unterstützung. © pixabay

Bei diesem Prozess des Umdenkens stand und steht ihr das Team der Tagesklinik immer noch hilfreich zur Seite. „Die Tagesklinik, aber auch meine beste Freundin waren mein Leuchtturm, der mich gerettet hat.“

Umfassende Informationen rund um Psychiatrischen Tageskliniken der GFO in Altenhundem gibt es hier.

Stichwort Depression

Aus medizinischer Sicht ist die Depression eine ernste Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen tiefgehend beeinflusst, mit Störungen von Hirn- und anderen Körperfunktionen einhergeht und erhebliches Leiden verursacht. Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, können sich selten allein von ihrer gedrückten Stimmung, Antriebslosigkeit und ihren negativen Gedanken befreien.

Es wird zwischen leichter, mittelgradiger und schwerer Depression unterschieden. Depressionen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen. Insgesamt sind 8,2 Prozent, d. h. 5,3 Mio. der erwachsenen Deutschen (18 bis 79 Jahre) im Laufe eines Jahres an einer depressiven Störung erkrankt. Frauen erhalten eine Depressionsdiagnose doppelt so häufig wie Männer.

Quelle

Selbsthilfegruppe Depression: Informationen gibt es bei der Selbsthilfekontaktstelle des DRK Olpe, Tel 02761/2643 oder per E-Mail shk@kv-olpe.drk.de.

Auskunft erteilt außerdem die Psychiatriekoordinatorin des Kreises Olpe, Petra Lütticke, Tel.: 0 27 61/8 13 32, E-Mail: p.luetticke@kreis-olpe.de.

LP-Serie „Darüber spricht man nicht“:

Montag, 18. März: Drogensucht

Dienstag, 19. März: Depression

Mittwoch, 20. März: Unerfüllter Kinderwunsch

Donnerstag, 21. März: Häusliche Gewalt

Freitag, 22. März: Essstörung

Samstag, 23. März: Wechseljahre

Sonntag, 24. März: Angststörung

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