Von „Bauernsprache“ zum Heimatgefühl – volles Haus beim Platt-Stammtisch

Einsatz für die Wendsche Sprache


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Der dritte Wendsch-Platt-Stammtisch zog zahlreiche Besucher in die Kultur-Werkstatt Wendener Land in Ottfingen: Der Ottfinger Ortsvorsteher Ralf Bröcher (hinten links) und die Arbeitsgruppen-Mitglieder Bernadette Böhler, ihr Bruder und Stammtisch-Sprecher Holger Böhler, Ilona Scherer und Ruth Halbe (von links). von Lorena Klein
Der dritte Wendsch-Platt-Stammtisch zog zahlreiche Besucher in die Kultur-Werkstatt Wendener Land in Ottfingen: Der Ottfinger Ortsvorsteher Ralf Bröcher (hinten links) und die Arbeitsgruppen-Mitglieder Bernadette Böhler, ihr Bruder und Stammtisch-Sprecher Holger Böhler, Ilona Scherer und Ruth Halbe (von links). © Lorena Klein

Ottfingen. Die einen kennen es von ihren Eltern oder Großeltern, wenn sie mit Gleichaltrigen in ein lockeres Schwätzchen verfallen, die anderen beherrschen es noch selber – oder zumindest bruchstückhaft: das Wendsche Platt. Von Generation zu Generation verflüchtigt sich die Mundart. Dem möchte ein Stammtisch entgegenwirken und trifft dabei auf viele Interessierte. So auch beim dritten Treffen in Ottfingen.


Wie groß das Interesse ist, das sieht man bereits bei der Ankunft an der ehemaligen Ottfinger Grundschule am vollen Parkplatz und den parkenden Autos an der angrenzenden Straße. Und genauso gut gefüllt, sitzend oder stehend, ist auch der große Veranstaltungsraum der Kultur-Werkstatt Wendener Land.

Auf der Bühne vor einer der roten Backsteinwände begrüßt Holger Böhler, Sprecher des Stammtisches, die rund 100 Gäste und erklärt das Konzept der Veranstaltung der Gemeinde Wenden, die im besten Fall durch die gesamte Gemeinde wandern soll.

Bisher bestbesuchter Stammtisch

Nach Möllmicke und Elben ist die neue Kultur-Werkstatt „JÜCK” in Ottfingen die dritte Station der „Wendsche Platt Runde“. „Was wir heute machen, ist genau der Sinn und Zweck der Kultur-Werkstatt”, betont Olaf Arns, Vorsitzender des Vereins „Zukunftswerkstatt Ottfingen” (ZWO). Auf Platt gibt der Ottfinger Ortsvorsteher Ralf Bröcher das Startsignal und wünscht „en chode Unnerhaldung“.

Dann folgen lockere Gespräche zu verschiedenen Themen – natürlich rund um das Leben im Wendschen – und auf der Bühne werden kleine Geschichten und lustige Anekdoten zum Besten gegeben. Ein Bild von der Kultur-Werkstatt, die unter anderem auch eine Küche, ein Bistro und Raum für vielseitige Projekte umfasst, können sich Interessierte bei einer kurzen Führung machen.

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Der dritte Wendsch-Platt-Stammtisch zog zahlreiche Besucher in die Kultur-Werkstatt Wendener Land in Ottfingen.

Es sei der bisher bestbesuchte Wendsch-Platt-Stammtisch, freuen sich Holger Böhler und die Arbeitsgruppe. Diese ist auf den Aufruf der Gemeinde Wenden entstanden, sich für den regionalen Dialekt einzusetzen. Bewusst habe man sich dabei für eine lockere Form entschieden, erklärt Holger Böhler: „In fröhlicher Runde soll die Wendsche Mundart gepflegt werden. Die einen lernen sie, andere möchten sie erhalten und manche lehren sie.“

Ein Gefühl von Zuhause

Und spricht er selbst auch fließend Platt? „Eben nicht! Aber ich verstehe fast alles.“ Früher sei die Mundart vor allem negativ behaftet gewesen, erinnert er sich. „Meine Eltern wollten sie uns nicht beibringen, damit wir nicht wie die Bauern dastehen. Ich fand es immer interessant!“ Jetzt erwische er sich selbst manchmal dabei, wie er ins Wendsche Platt wechselt. Doch auf dieser Veranstaltung ist das ganz normal. Plaudern nach Herzenslust, egal auf Platt oder Hochdeutsch, ist erwünscht und wird auch genauso umgesetzt.

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Der dritte Wendsch-Platt-Stammtisch zog zahlreiche Besucher in die Kultur-Werkstatt Wendener Land in Ottfingen.

„Heute ist Heimat wieder ein wichtiges Thema“, erklärt sich Holger Böhler den Wandel. „Dass man in dieser verrückten Welt einen Ort hat, an dem man sich zu Hause fühlt.“ Und schließlich sei auch die Sprache ein Teil davon.

Ein besonderer Dank gelte der Zukunftswerkstatt Ottfingen und Ortsvorsteher Ralf Bröcher. Die Kultur-Werkstatt sei ein passender Veranstaltungsort, die heimatliche Sprache zu fördern, sei sie doch eine Kulturstätte für das gesamte Wendener Land.

Junge Leute gern gesehen

Wo der nächste Wendsch-Platt-Stammtisch stattfindet, steht noch nicht fest. Doch das Stammtisch-Team wünscht sich, dass die Veranstaltung regelmäßig von Dorf zu Dorf wechselt – und freut sich dabei vor allem auf junge Gesichter. „Die fehlen hier noch ein bisschen“, ist sich die Gruppe einig.

Doch gerade sie sind die Zukunft und potentielle Weiterträger der Mundart. „Sonst ist die Sprache in ein, zwei Generationen weg“, so Holger Böhler – und das ist genau das, was der Stammtisch bei viel Spaß und Geselligkeit verhindern möchte.

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