Versuchter Mord: Milde Strafe für Wendenerin zu erwarten

Prozess am Siegener Landgericht


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Das Landgericht in Siegen. von Nils Dinkel
Das Landgericht in Siegen. © Nils Dinkel

Siegen/Brün. Vor der 1. großen Strafkammer am Landgericht Siegen verantwortet sich eine Frau aus Wenden derzeit wegen versuchten Mordes. Am vierten Prozesstag, Donnerstag, 26. August, wurden die Plädoyers vorgetragen. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung waren sich einig, dass die Angeklagte nicht zu einer Haftstrafe verurteilt werden soll.


Staatsanwalt Rainer Hoppmann ging in seinem Plädoyer auf die Tatnacht am 17. Februar ein und stellte fest, dass das Opfer abweichende Angaben gemacht habe. Die Frage stelle sich, ob die Stiche alle im Bett oder in zwei getrennten Räumen erfolgt sind.

Der Angeklagten attestierte Hoppmann, dass sie fahrlässig gehandelt und den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen habe. Obwohl sie heimtückisch gehandelt habe, bleibe das Motiv im Dunkeln. Durch die starke Alkoholisierung, je nach Tatzeitpunkt habe dieses im Bereich von 2,2 bis 2,9 Promille gelegen, bestehe eine verminderte Schuldunfähigkeit.

Gemäß Paragraph 211 StGB habe sich die Angeklagte des versuchten Mordes schuldig gemacht. Das Gesetz schreibe hier im Normalfallfall eine Haftstrafe zwischen sechs Monaten und elf Jahren und drei Monaten vor. Zugute hielt der Staatsanwalt der Angeklagten, dass sie sich vor Gericht kooperativ verhalten habe und ausgesagt habe.

Staatsanwalt fordert Bewährungsstrafe

Auch beim Opfer seien alle Wunden im Nachhinein gänzlich verheilt. Deshalb plädierte Hoppmann auf eine Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung mit einem Bewährungszeitraum von vier Jahren. Zusätzlich beantragte er, dass die Angeklagte wegen ihres Alkoholkonsums einen Bewährungshelfer benötige. Hoppmann beantragte, die Haftstrafe auszusetzen. Richterin Elfriede Dreisbach kam dem nach und hob den Haftbefehl des Amtsgerichts Olpe vom 18. Februar auf.

Der Verteidiger der Angeklagten, Martin Kretschmer, ging in seinem Plädoyer ebenfalls auf die Tatnacht ein, die er als „nebulös“ bezeichnete. Dadurch, dass alle Beteiligten alkoholisiert gewesen seien, wisse man nicht genau, was passiert sei. Dass im Haus keine dritte Person gewesen ist und seine Mandantin zum Messer gegriffen habe, bestritt Kretschmer nicht.

Widersprüche bei Opfer

Allerdings sah er im Verhalten des Opfers, dem Ehemann, starke Widersprüche und fragte: „Warum macht das Opfer die Tatwaffe sauber, mit der es gerade abgestochen wurde?“ Aus Sicht des Verteidigers habe das Opfer in dieser Hinsicht gezielt gehandelt. Auch die Wahn-Erklärung des Opfers stellte er in Frage. Das Opfer hatte angegeben, dass seine Frau im Alkoholrausch möglicherweise deshalb zugestochen habe, weil Ähnlichkeiten zum gewalttätigen Ex-Mann bestünden.

Dies sah Martin Kretschmer anders und stellte die Hypothese in den Raum, dass es vorher zu einem Streit gekommen sein. Dies führte er darauf zurück, dass die Nachbarn in der Tatnacht Schreie wahrgenommen haben. In der Notwehr habe die Angeklagte dann zugestochen.

Verteidiger verlangt Freispruch

Das Opfer habe sich dann zu Bett gelegt und nicht direkt die Polizei angerufen. Als es dann feststellte, dass die Verletzungen doch schlimmer als gedacht sind, habe es dann die Polizei angerufen. Da die Angeklagte die Tat mit einem hohen Alkoholpegel begangen hatte, war der Verteidiger der Auffassung, dass auch der Vollrausch geprüft werden muss. In seinem Schlusswort plädierte er auf Freispruch.

Das letzte Wort hatte die Angeklagte selbst: „Ich kann mich nur bedanken, dass Sie mir geglaubt haben.“ Durch ihre Zeit in der JVA habe sie keinen Alkohol konsumiert und gelobte, dies auch zukünftig zu unterlassen. Sie ergänzte: „Ich finde eine Wohnung und fange neu an“. Die Frage von Richterin Elfriede Dreisbach, ob sie bereit sei nach dem JVA-Aufenthalt eine therapeutische Hilfe anzunehmen, bejahte die Angeklagte.

Das Urteil wird am Freitag, 27. August, verkündet.

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