Pater Heribert Niederschlag referiert im St. Josefsheim Wenden

„Augen, die geweint haben, sehen anders“


Pater Prof. Dr. Heribert Niederschlag war jetzt zu Gast im Caritas-Zentrum Wenden. von privat
Pater Prof. Dr. Heribert Niederschlag war jetzt zu Gast im Caritas-Zentrum Wenden. © privat

Wenden. Zu einem Nachmittag der Begegnung hatten die Verantwortlichen des monatlichen Camino-Treffens für Trauernde jetzt in den Saal des St.-Josefsheims eingeladen. Nach dem Stehkaffee begrüßte Regina Bongers, Trauerbegleiterin BVT im Caritas-Zentrum Wenden, den aus Ottfingen stammenden Pater Prof. Dr. Heribert Niederschlag (SAC).


Der Saal war voll besetzt mit Menschen, die unter Verlusterfahrungen leiden oder sich mit dem höchst sensiblen Thema „Trauer“ auseinandersetzen wollten. „Keiner bleibt vor dem bitteren Abschied bewahrt“, so Pater Niederschlag. Der Tod nahe stehender Menschen verändere das Leben so tiefgreifend, dass der sprachliche Ausdruck vor dem Empfinden der Trauer versagt. In Bildersprache ausgedrückt könne auch nur angedeutet werden, in welche Not der Tod die Hinterbliebenen stürzt. „Ich komme mir vor wie amputiert – ich habe den Halt verloren.“
„Weg der Wandlung"
Nach dem Tod des geliebten Freundes oder Partners werde der zurückbleibende Trauernde auf den „Weg der Wandlung" gedrängt, so Niederschlag weiter. „Er wird akzeptieren müssen, was vor sich geht, sich aufraffen und das Leben des neuen Menschen leben, der er geworden ist.“ Die Trauer könne auch zur Chance des Lebens werden.

Trauernde sprechen oft davon, dass sich der Bekanntenkreis verändert, d.h.  aber auch, dass sie neue Bekannte finden. Solche Erfahrungen sind wichtig, sie bilden ein Gegenstück zu der Erfahrung des Verlustes und zeigen, dass sich Neues entwickeln kann.
Recht auf Trauer
Jeder Mensch trauert anders, und jeder Mensch hat auch ein Recht auf seine Trauer, auf seine Art zu trauern und auf die Zeit zu trauern. Auch die Bemerkung „Du müsstest doch jetzt schon bald darüber hinweg sein“ steht Außenstehenden nicht zu. In einem gewissen Sinn kommt man über den Tod eines geliebten Menschen nie hinweg.

Im Trauerprozess sind nach Ansichten von Pater Niederschlag große Gefühlsschwankungen normal. So formulierte ein Trauernder: „An manchen Tagen hoffe ich, dass mich niemand anspricht oder anruft, am nächsten Tag hoffe ich, dass sich jemand bei mir meldet und mir zuhört.“
Gefühle zulassen
Es sei wichtig, diese Gefühle wahrzunehmen und zuzulassen. Und weiter berichtete Niederschlag: „Es gibt immer wieder Einbrüche: Auf Zeiten, in denen die Trauernden den Eindruck haben, dass sie sich schon ein wenig gefasst haben, folgt wieder ein tiefer emotionaler Einbruch, so dass sie sich wieder wie in einem schwarzen Loch fühlen. Ihre Situation erscheint ihnen völlig aussichtslos und jede Hoffnung auf Änderung trügerisch. Jedoch nach einiger Zeit werden sie sich daran erinnern, dass sie aus solchen tiefen Phasen auch wieder herausgekommen sind.“

Nach einer Phase des Suchens und Sich-Trennens gelinge es den Trauernden, die Trennung von dem geliebten Menschen innerlich anzunehmen, „Ja“ zu sagen zu der neuen Situation.

Für gläubige Menschen könne es ein Trost sein, darauf zu vertrauen, dass der Verstorbene bei Gott Geborgenheit gefunden hat. Mit diesem Glauben sei auch die Hoffnung auf ein Wiedersehen bei Gott verbunden.
Es geht anders weiter
Pater Niederschlag betonte: „Es geht nach dem Tod eines geliebten Menschen anders weiter. Es ist nicht mehr so wie vorher. Aber anders bedeutet auch: neu. Menschen, die durch die Trauer hindurch gegangen sind, sehen sich und ihr Leben anders und sehen manchmal auch Gott anders und neu.“

Niederschlag weiter: „Sie entdecken neue Möglichkeiten in sich, sie haben erfahren, dass sie weiterleben können, auch wenn sie meinten, dass es ohne diesen Menschen nicht mehr möglich ist. Das Leben erscheint wieder lebens- und liebenswert. Manche lernen, die Begrenztheit und die Vergänglichkeit des Lebens zu sehen und auch anzunehmen. Das kann dazu führen, bewusster zu leben, die Lebenszeit als ein kostbares Geschenk zu sehen.“
Lichtblick-Andacht
Im Anschluss an seinen Vortrag feierte Pater Niederschlag mit allen Teilnehmern einen so genannten Lichtblick-Gottesdienst, bei dem der Leitgedanke nochmals aufgenommen wurde. Zur Untermalung spielten Kunibert Meurer mit seiner Mundharmonika, Petra Alterauge und Martina Alscher begleiteten die rhythmischen Lieder mit ihren Gitarren.

Als Dankeschön für den gelungenen Nachmittag und zur Erinnerung überreichte Anne Böhler, Leiterin Soziale Dienste, eine kleine Bronzefigur des Hl. Josef an Pater Niederschlag.
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