Messerattacke im Vollrausch: Brünerin bekommt zwei Jahre auf Bewährung

Große Strafkammer folgt Staatsanwalt


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Das Landgericht in Siegen. von Nils Dinkel
Das Landgericht in Siegen. © Nils Dinkel

Siegen/Brün. Vor der 1. großen Strafkammer am Landgericht Siegen ist am Freitag, 27. August, eine 67-jährige Frau aus Wenden-Brün zu einer Strafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgelegt. Damit folgte die Kammer Staatsanwalt Rainer Hoppmann. Dieser hatte ebenfalls zwei Jahre auf Bewährung, allerdings mit vier Jahren Bewährungszeit, gefordert.


In der Nacht vom 17. auf den 18. Februar hatte die Frau ihrem Ehemann drei Stiche in den Oberkörper zugefügt. Zum Zeitpunkt der Tat hatte sie zwischen 2,2 bis 2,9 Promille im Blut. Das Gericht wertete das als vorsätzlichen Vollrausch. Der von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift erhobene Vorwurf des versuchten Mordes spielte im Laufe des Verfahrens angesichts der hohen Alkoholisierung der Täterin keine Rolle mehr.

In aller Ausführlichkeit begründete die Vorsitzende Richterin der Strafkammer, Elfriede Dreisbach, warum die Kammer zu diesem Urteil gekommen war. Dabei ließ sie zunächst die Lebensgeschichte der Verurteilten Revue passieren.

Als eines von sieben Kindern wuchs die 67-Jährige in der damaligen Sowjetunion auf. Prägend war für sie der Tod der Mutter im Alter von 14 Jahren. Auch die insgesamt drei gescheiterten Ehen sowie die Alkoholkrankheit ließ Dreisbach nicht unerwähnt (LokalPlus berichtete).

Drei Stiche in den Oberkörper

Dem Opfer habe sie insgesamt drei Stiche beigefügt. Jeweils ein Stich wurde unterhalb des Schlüsselbeins, der Achselhöhle und der Leber gesetzt. Lebenswichtige Organe wurden verfehlt, der behandelnde Arzt konnte damals einen Pneumothorax feststellen.

In der Tatnacht habe das Opfer seine Frau, die über Kopfschmerzen geklagt hatte, dazu animiert, gemeinsam ein wenig Alkohol zu trinken. Aus ein wenig seien dann zum Tatzeitpunkt 2,2 bis 2,9 Promille bei der Täterin geworden.

Vollrausch erwiesen

Obwohl die Kammer keinerlei Anhaltspunkte für ein Motiv gefunden habe, stellte Elfriede Dreisbach fest, dass die 67-Jährige genau gewusst habe, was sie tue. Durch den Alkoholkonsum sei die Steuerungsunfähigkeit erheblich vermindert gewesen. Mögliche Alternativszenarien, wie sie Verteidiger Martin Kretschmer im Rahmen des Plädoyers geschildert hatte, habe die Kammer ausgeschlossen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass das Opfer sich nach den Stichen wieder ins Bett gelegt habe.

Die juristische Norm des Vollrauschs sah die Kammer als erwiesen an. Die Täterin habe zum Tatzeitpunkt zumindest ein mittelschweren bis schweren Rausch gehabt. Deshalb könne man der Angeklagten auch Glauben schenken, dass diese keine Erinnerungen für den Zeitraum zwischen 21.30 und 5 Uhr habe.

„Weiße Weste“ bis zum Tatzeitpunkt

Zur Begründung der Bewährungsstrafe wurden der Täterin zugute gehalten, dass die Tat keinen Tod zur Folge hatte. Auch ihr Alter und der Fakt, dass die Angeklagte bisher keine Vorstrafen hatte, flossen positiv in das Urteil mit ein. Ergänzend wurde von der Kammer angeführt, dass durch den langen Aufenthalt in der JVA Köln und dem Prozess davon ausgegangen werde, dass es zu keinerlei weiteren Straftaten mehr kommen wird.

In ihrer dreijährigen Bewährungszeit muss die Frau nun aufgrund ihres Alkoholkonsums mindestens sechs Kontaktberatungsgespräche unaufgefordert beim Gericht nachweisen. Richterin Elfriede Dreisbach gab der Frau mit auf den Weg: „Es ist nicht schlecht, wenn Sie mal mit einer neutralen Person reden.“

Nachdem der Verteidiger darauf verzichtet hatte, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen, sagte die Angeklagte in ihrem Schlusswort: „Ich mache alles, was ich kann und soll.“ Nach einem zweijährigem Intermezzo im Wendener Land wird die 67-Jährige den Kreis Olpe verlassen und zukünftig im Ruhrgebiet leben. Ohne Alkohol, versprach sie der Kammer.

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