Steuerliche Vergünstigungen zur Unterstützung Kriegs-Geschädigter

Hinweise rund um Geld- und Sachspenden sowie Unterbringung Geflüchteter


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Jens Paga, Diplom-Kaufmann, Diplom-Finanzwirt, Steuerberater und Fachberater für Controlling und Finanzwirtschaft von Grafik: Sophia Poggel
Jens Paga, Diplom-Kaufmann, Diplom-Finanzwirt, Steuerberater und Fachberater für Controlling und Finanzwirtschaft © Grafik: Sophia Poggel

Kreis Olpe. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingsbewegung aus Anlass des Ukraine-Krieges ergeben sich steuerrechtliche Besonderheiten rund um Geld- und Sachspenden sowie Unterbringung von Geflüchteten, die beachtet werden sollten. Steuerberater Jens Paga gibt im neuen Teil des Ratgeber Steuern einen Überblick.


Gesellschaftliches Engagement

1. Grundsätzliche Regelungen

Spenden sind freiwillige und unentgeltliche Sach- oder Geldleistungen, die ohne Gegenleistung zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke an einen steuerbe­günstigten Empfänger erbracht werden, also an eine steuerbe­günstigte Körperschaft (z.B. gemeinnütziger Verein oder eine gemeinnützige Stiftung) oder an eine öffentlich-rechtliche Körperschaft (z.B. Stadt oder Gemeinde).

Sie sind abzugsfähig, wenn sie eine der oben genannten inländischen Organisationen unterstützen, die dann in der Ukraine tätig wird oder den in Deutschland Ankommenden hilft.

Spenden an Organisationen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) können Sie nur dann steuerlich geltend machen, wenn diese Organisationen auch nach deutschem Recht steuerbegünstigt wären. Mit der Zahlungsbestätigung müssen Sie Nachweise ­über die Gemein­nützigkeit vorlegen.

Symbolfoto von Pixabay.com
Symbolfoto © Pixabay.com

Direkt geleistete Spenden auf ein Bank- oder Spendenkonto an eine in der Ukraine ansässige Organisation sind nicht abziehbar, da die Ukraine nicht Mitglied der EU oder Teil des EWR ist.

Direktspenden an natürliche Personen sind steuerlich nicht abziehbar.

Unmittelbare und mittelbare Geldzuwendungen oder Sachspenden an natürliche Personen, also ohne die Zwischenschaltung beispielsweise eines gemeinnützi­gen Vereins, sind steuerlich nicht abziehbar.

Zuwendungsbestätigung benötigt

Für den steuerlichen Sonderausgaben-Abzug wird grundsätzlich eine Zuwendungsbestätigung vom steuerbegünstigten Empfänger benötigt. Sofern inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, inländische öffentliche Dienst­stellen oder inländische amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege Spenden-Sonder­konten eingerichtet haben, um mit den dort gesammelten Geldern den vom Krieg in der Ukraine Be­troffenen zu helfen, gelten bis zum 31. Dezember 2022 Nachweiserleichterungen. Als Nachweis der Spende genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditin­stitutes, z.B. der Kontoauszug, der Lastschrifteinzugsbeleg oder der Ausdruck bei Online-Banking.

Bei Sachspenden wird stets eine Zuwendungsbestätigung nach amtlichem Muster benötigt, in der der Wert der hingegebenen Sache aufgeführt ist.

Bei Sportvereinen ist eine beitragsfreie Trainingsbeteiligung von Kriegsflüchtlingen, auch wenn sie nicht Mitglied werden, aus Billigkeitsgründen gemeinnützigkeitsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Berücksichtigung von betrieblichen Sachspenden

Sachspenden, z.B. Medikamente oder Kleidung an Krankenhäuser oder andere Hilfseinrichtungen, aus dem Betriebsvermögen sind Betriebsausgaben, wenn der Betrieb damit wirtschaftliche Vorteile verbindet (sogenanntes „Sponsoring“).

Die Finanzverwaltung geht schon dann von einem „wirtschaftlichen Vorteil“ aus, wenn bspw. Medien durch Berichterstattung auf die Spenden aufmerksam machen oder der Betrieb selbst auf seiner Website auf die Spenden hinweist.

Der Betriebsausgabenabzug geht der steuerlichen Berücksichtigung als Spende vor.

3. Umsatzsteuerliche Konsequenzen, wenn Unternehmen Personal oder Gegen­stände unentgeltlich bereitstellen

Sofern Gegenstände oder Personal unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, unterliegen sie in der Regel als so­genannte unentgeltliche Wertabgaben der Umsatzsteuer.

Von der Besteuerung wird im Billigkeitswege abgesehen, wenn Unternehmen Gegenstände oder Personal für humanitäre Zwecke unentgeltlich den Ein­richtungen zur Verfügung stellen, die sich für die Bewältigung der Auswirkun­gen und Folgen des Krieges einsetzen, bspw. Hilfsorganisationen, Einrichtungen für geflüchtete Menschen und zur Versorgung Verwundeter sowie weitere öffentliche Institutionen. Die Vorsteuer kann wie bisher geltend gemacht werden. Diese Billigung ist befristet bis zum 31. Dezember 2022.

Bereits bestehende Umsatzsteuerbefreiungen bleiben unverändert bestehen.

4. Spenden von steuerbegünstigten Körperschaften

Alle steuerbegünstigten Körperschaften bspw. ein gemeinnütziger Verein o­der eine gemeinnützige Stiftung können unabhängig von ihrem eigentlichen Satzungszweck Spendenaktionen für die Hilfe der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten durchführen.

Bis zum 31. Dezember 2022 können Spenden für diesen nicht in der Satzung genannten Zweck eingewor­ben, mit einer Zuwendungsbestätigung bestätigt (zwingend: Hinweis auf die Sonderaktion „Hilfe für vom Krieg in der Ukraine Geschädigte“) und für diesen Zweck verwendet werden.

Die Spenden dürfen jedoch nur für gemeinnüt­zige oder mildtätige Zwecke einsetzt werden. Beispielsweise kann ein Fußballverein eine Spendenaktion für Geschädigte des Krieges in der Ukraine starten und die hierbei erhaltenen Spenden an ein steuerbegünstigtes Krankenhaus oder eine steu­erbegünstigte Hilfsorganisation weiterleiten oder ein gemeinnütziger Verein kann z.B. Hilfsgüter sammeln oder erwerben, transportieren und an die Hilfebedürftigen verteilen. Es dürfen auch Mittel des gemeinnützigen Vereins eingesetzt werden.

Für Unterstützungsleistungen, mit denen keine gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecke verfolgt wer­den, z.B. aus Spenden finanzierte Unterstützungsleistungen für Unter­nehmen oder direkt an vom Krieg in der Ukraine betroffene gewerbliche Unternehmen, gilt dies nicht.

Alle steuerbegünstigten Körperschaften dürfen sich bis zum 31. Dezember 2022 unabhängig von ih­ren Satzungszwecken zur Bewältigung der humanitären Folgen des Ukraine-Krieges engagie­ren. Dieses Engagement stellt keine Gefahr für die eigene Steuerbegünstigung dar.

5. Entgeltliche Tätigkeiten steuerbegünstigter Körperschaften

Entgeltliche Betätigungen zur Bewältigung der Auswirkungen des Krieges können ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich bis zum 31. Dezember 2022 dem steuerbegünstigten Zweckbe­trieb zugeordnet werden, z. B. wenn ein gemeinnütziger Sportverein in seinen Räumlichkeiten gegen Entgelt Kriegsflüchtlinge versorgt, betreut oder unterbringt.

Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine

1. Steuerbegünstigte Körperschaften

Da bis zum 31. Dezember 2022 die Verwendung von Mitteln zur Unterstützung von im Krieg in der Ukraine Geschädigten ohne Änderung der Satzung möglich ist, können Mittel auch verwendet wer­den, um Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine unentgeltlich in den Räumlichkeiten des Vereins unterzu­bringen. Damit werden regelmäßig mildtätige Zwecke verwirklicht.

Wenn die Unterbringung entgeltlich erfolgt (beispielsweise gegen Zahlungen von staatlicher Seite), kann je nach Umfang der Tätigkeit eine ertragsteuerfreie Vermögensverwaltung oder ein begünstigter Zweckbetrieb vorliegen.

Stiftungen haben bei Tätigkeiten außerhalb des Satzungszwecks zusätzlich die stiftungsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen der Länder zu beach­ten.

2. Unentgeltliche Zurverfügungstellung von Wohnraum

Die Aufnahme von volljährigen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine durch Alleinstehende in ihrem Haushalt führt in 2022 aus Billigkeitsgründen nicht zu einer steuerschädlichen Haushaltsgemein­schaft und damit auch nicht zum Wegfall der Steuerklasse II beziehungsweise des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende.

Grundsätzlich liegen keine Einnahmen vor, wenn keine Miete gezahlt wird. Werbungskosten können nicht abgezogen werden.

Wenn Sie von einer Behörde für die private Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Uk­raine in Ihre selbstgenutzte Wohnung im Jahr 2022 eine pauschale Kostenerstattung erhalten, führt diese nicht zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften. Die Pau­schale darf aber die durchschnittlichen Unterbringungskosten nach einer von der zuständigen Behörde vorge­nommenen Kalkulation nicht übersteigen.

Bei Wohnungen mit Vermietungsabsicht führt die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung normalerweise zu einem Wegfall oder einer Kürzung des Werbungskostenabzuges.

Keine Kürzung des Werbungkostenabzugs

Die vorübergehende unentgeltliche Überlas­sung einer Mietwohnung an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine im Jahr 2022 führt jedoch nicht zu ei­ner Kürzung des Werbungskostenabzugs. Es können die vollen Werbungs­kosten abgezogen werden. Gleiches gilt, wenn eine Wohnung ver­billigt überlassen wird - unabhängig vom Verhältnis der Höhe der vereinbarten Miete zur ortsüblichen Miete.

Aus der vorübergehenden und unentgeltlichen Überlassung einer Ferienwohnung entstehen keine nachteiligen steuerlichen Konsequenzen. In 2022 wird die vorübergehende und unentgeltliche Überlassung einer Ferienwohnung an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine der sogenannten Vermietungszeit zugerechnet. Werbungskosten, die auf diese Zeiten entfallen, können in voller Höhe geltend gemacht werden.

Bei der Umsatzsteuer wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Vorsteuerkorrektur im Billigkeitswege abgesehen, wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen wa­ren, wie z.B. Hotelzimmer, Ferienwohnungen oder Ähnliches, unentgeltlich geflüchteten Personen aus der Ukraine zur Verfügung stellen.

Dies gilt auch hinsichtlich der Vorsteuer auf bezogene Nebenleistungen, z.B. Strom, Wasser oder Ähnliches. Hier wird unter den weiteren Voraus­setzungen des § 15 Umsatzsteuergesetz im Billigkeitswege der Vorsteuer­abzug gewährt.

Bei Wohnungen im Betriebsvermögen führt die vorübergehende Nutzungsänderung durch die unentgeltliche Überlassung an Kriegsflüchtlinge nicht zu einer Privatentnahme der Wohnungen. Ein Betriebsausgabenabzug ist weiterhin möglich. Sofern die Voraussetzungen einer sogenannten Sponsoring-Maßnahme vorliegen, muss keine Nut­zungsentnahme für die vorübergehende unentgeltliche Wohnungsüberlassung angesetzt werden.

3. Aufwendungen für den Unterhalt von Personen als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für den Unterhalt von aus der Ukraine ge­flohenen Personen können nur dann als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen des § 33a Einkommensteuergesetz erfüllt sind, also nur für be­dürftige Personen, denen Sie gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet sind, z.B. Eltern, Großeltern oder Kinder, für die kein Kindergeldanspruch besteht, nicht aber Geschwister, Tan­ten und Onkel. Weitere Voraussetzung ist, dass die unterhaltene Person keine oder nur geringe eigene Einkünfte und Bezüge bezieht und kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt.

Die tatsächlichen Aufwendungen können für jede unterstützte Person bis zu 9.984 Euro (Höchstbetrag in 2022) jährlich als außergewöhnliche Belastung gel­tend gemacht werden.

Ausblick

Die vorgestellten Vergünstigungen sind nicht abschließend. Sie beziehen sich auf den aktuellen Rechtsstand und gelten nur bis zum 31. Dezember 2022.

Es handelt sich um Billigkeitsregelungen der Finanzverwaltung. Die weitere Entwicklung bleibt hinsichtlich ihrer zeitlichen Anwendung und ihrem Umfang abzuwarten. Auch werden die Finanzämter nach dem Einzelfall entscheiden. Der Erlass weiterer Verwaltungsanweisungen ist wahrscheinlich.

Stiftungen haben bei Tätigkeiten außerhalb ihres Satzungszwecks zusätzlich die stiftungsaufsichtsrechtlichen Regelungen der Länder zu beachten.

Trotz sorgfältiger Recherche weisen wir darauf hin, dass die letztendliche steuerliche Beurteilung von dem tatsächlichen Sachverhalt abhängig ist und hier keine Haftung übernommen werden kann.

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