Steuerabzug bei Bauleistungen – eine leicht vergessene Welt

Vergütungen für Bauleistungen


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 von Grafik: Sophia Poggel
© Grafik: Sophia Poggel

Kreis Olpe. In der Reihe „Ratgeber Steuern“ stellt NH Attendorn in der Regel steuerliche Neuerungen vor. Mit diesem Beitrag möchte Steuerberater Jürgen Feldmann auf einen „alten Hut“ aufmerksam machen, der in der Praxis leicht in Vergessenheit gerät. Der Steuerabzug auf Bauleistungen – vereinfacht auch „Bauabzugsteuer“ genannt, wurde vom Gesetzgeber bereits mit Wirkung zum 2. Januar 2002 zur Sicherung von Steueransprüchen in das Einkommensteuergesetz aufgenommen und betrifft Vergütungen für Bauleistungen, die im Inland gegenüber einem Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erbracht werden.


Der Leistungsempfänger ist dabei vom Grundsatz her verpflichtet, 15 Prozent von der Gegenleistung (Rechnungssumme) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen, das für den leistenden Unternehmer zuständig ist.

Unter Bauleistungen versteht man alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung oder -haltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Hierzu gehören unter anderem der Einbau von Fenstern und Türen sowie Bodenbelägen, Aufzügen, Rolltreppen und Heizungsanlagen, aber auch Einrichtungsgegenständen, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind, wie beispielsweise Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen oder Gaststätteneinrichtungen.

Symbolfoto von Pixabay.com
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Die Subsumierung der einzelnen Leistungen unter dem Begriff Bauleistungen muss im Einzelfall genau spezifiziert werden. So fällt die bloße Reinigung von Räumlichkeiten oder Flächen (zum Beispiel Fenster) nicht unter den Begriff Bauleistung. Wird jedoch bei einer Fassadenreinigung die Oberfläche abgeschliffen oder abgestrahlt, liegt hingegen eine Bauleistung vor. Ausschließlich planerische Leistungen von Statikern, Architekten etc. sind keine Bauleistungen.

Nur für Unternehmen im Sinne des UStG

Der Leistungsempfänger fällt nur unter die Regelung, wenn er ein Unternehmer im Sinne des UStG ist, oder es sich um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt. Nach § 2 UStG ist derjenige Unternehmer, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig und nachhaltig ausübt.

Die Tätigkeit muss auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet sein, eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Daher werden auch Tätigkeiten unter dem Unternehmerbegriff erfasst, die einkommensteuerlich als Liebhaberei bezeichnet werden und unbeachtlich sind.

Symbolfoto von Pixabay.com
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Die Abzugsverpflichtung besteht dementsprechend auch für umsatzsteuerliche Kleinunternehmer, pauschalversteuernde Land- und Forstwirte und Unternehmer, die ausschließlich umsatzsteuerfreie Umsätze tätigen. So ist zum Beispiel auch der Vermieter von Wohnraum ein Unternehmer, der vom Grundsatz her unter die Abzugsverpflichtung fällt - allerdings nur, wenn mehr als zwei Wohnungen vermietet werden (§ 48 (1) S. 2 EStG).

Auch Vereine, die unternehmerisch tätig sind, weil sie zum Beispiel einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten, können unter diese Regelung fallen, wenn sie beispielsweise Bauleistungen für Clubräume (Vereinsgaststätte, Verkaufsstände) durchführen lassen.

Abzugspflicht vermeiden

Wichtig: Der Leistungsempfänger kann die Abzugsverpflichtung (15 Prozent der Rechnungssumme) vermeiden, indem er sich von dem Bauleister eine im Zeitpunkt der Gegenleistung (Zahlung) gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b (1) S. 1 EStG übergeben lässt. Die Freistellungsbescheinigung wird nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck auf eine bestimmte Zeit, längstens jedoch für drei Jahre erteilt.

Wird die Gegenleistung in Teilbeträgen (zum Beispiel Abschlagszahlungen nach Baufortschritt) erbracht, kann im Hinblick auf diese Teilzahlungen nur dann vom Steuerabzug abgesehen werden, wenn bereits bei Auszahlung des jeweiligen Teilbetrags dem Leistungsempfänger eine gültige Freistellungsbescheinigung vorliegt. Es reicht nicht aus, wenn der Leistende die Freistellungsbescheinigung dem Leistungsempfänger erst zusammen mit der Schlussrechnung vorlegt.

Liegt keine Freistellungsbescheinigung vor, so muss der Steuerabzug nur dann nicht durchgeführt werden, wenn die Gegenleistung bei Wohnraumvermietungen (hierzu gehören nicht kurzfriste Wohnraumvermietungen im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie Ferienwohnungen) 15.000 Euro und in übrigen Fällen 5.000 Euro nicht übersteigt.

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Wichtig: Die oben genannten Beträge beziehen sich nicht auf die einzelne Bauleistung, sondern auf die gesamten Leistungen des Leistenden im Kalenderjahr.

Sind die oben genannten Freigrenzen überschritten und liegt dem Leistungsempfänger keine Freistellungsbescheinigung vor, so ist er verpflichtet, über den einbehaltenen Steuerabzug bis zum 10. des Folgemonats eine Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim für den Leistenden zuständigen Finanzamt abzugeben und den einbehaltenen Steuerabzugsbetrag abzuführen.

Beispiel:

Der Unternehmer A (zuständig Finanzamt Olpe) erteilt dem unternehmerisch tätigen Leistungsempfänger B folgende Rechnung für erbrachte Bauleistungen:

Auftragssumme: 30.000 Euro

Umsatzsteuer 19 Prozent : 5.700 Euro

= Bruttobetrag: 35.700 Euro

B überweist A 30.345 Euro (35.700 Euro abzüglich 15 Prozent Bauabzugsteuer 5.355 Euro). Zum 10. des Folgemonats hat er 5.355 Euro an die Finanzkasse Olpe zu entrichten.

Der Leistungsempfänger hat für jeden Leistenden eine eigene Anmeldung abzugeben, auch wenn mehrere Leistende bei einem Finanzamt geführt werden.

Bei verspäteter Abgabe der Anmeldung kann das Finanzamt einen Verspätungszuschlag bis 10 % des Abzugsbetrags (max. 25.000 Euro) festlegen; bei verspäteter Zahlung entstehen Säumniszuschläge. Ist der Steuerabzug nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, so haftet der Leistungsempfänger nach § 48a (3) S. 1 EStG für den nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag.

Die Komplexität von älteren, gewohnten und vermeintlich beherrschten steuerlichen Themen ist unverändert und birgt die Gefahr, sich leichtfertig damit auseinander zu setzen. Eine fundierte steuerliche Beratung im Einzelfall ist daher sicherlich anzuraten.

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