Zwischen Mängeln und den Grenzen des Machbaren

Sozialwohnungen am Hatzenberg in Olpe


  • Olpe, 05.12.2018
  • Von Sven Prillwitz
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    Redaktion

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Der Wohnungsgenossenschaft gehören neun Immobilien am Johann-Bergmann-Weg, am Rötger-Hundt-Weg und am Pfarrer-Ermert-Weg, darunter die drei Hochhäuser. Bei 100 von 180 Wohneinheiten handelt es sich um Sozialwohnungen. von Sven Prillwitz
Der Wohnungsgenossenschaft gehören neun Immobilien am Johann-Bergmann-Weg, am Rötger-Hundt-Weg und am Pfarrer-Ermert-Weg, darunter die drei Hochhäuser. Bei 100 von 180 Wohneinheiten handelt es sich um Sozialwohnungen. © Sven Prillwitz

Olpe. „Wir möchten, dass Sie sich in Ihren eigenen vier Wänden wohlfühlen.“ Ein Satz, mit dem die Wohnungsgenossenschaft auf ihrer Website für ihre Immobilien und ihren Service wirbt. Für einige Mieter der Sozialwohnungen am unteren Hatzenberg in Olpe klingt das nach blankem Hohn.


Ein früher Mittwochabend im November. Draußen ist es klirrend kalt, knapp über null Grad Celsius. Im Wohnzimmer von Michael und Maria Meier (Namen geändert; Originalnamen sind der Redaktion bekannt) ist es nur einige Grad wärmer. Trotz der beiden Heizkörper, die auf Stufe vier gestellt sind. Das Ehepaar sitzt, in dicke Pullis eingepackt, nebeneinander auf der Couch. „Man heizt hier drin quasi für draußen“, sagt Michael Meier.
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Der Grund: Die Fenster aus Doppelglas und die Rahmen aus Aluminium seien hoffnungslos veraltet. Und undicht, sodass die Kälte von außen eindringt und die Wärme im Innern verdrängt. Wenn die Temperaturen weiter fallen, will das Ehepaar einen Eiskratzer im Wohnzimmer bereithalten. Um die ebenfalls veraltete und undichte Balkontür freizukratzen. Die friere seit zwei Jahren zu – von innen.
Mieter fühlen sich im Stich gelassen
Das Problem sei der Wohnungsgenossenschaft bekannt, sagen Michael und Maria Meier. Geändert habe sich trotz mehrfacher Nachfragen und Beschwerden aber nichts. Weder bei den Fenstern noch bei anderen gemeldeten Mängeln. Eine Auswahl: tiefe Risse in Wänden und Decken, immer mal wieder Defekte der Gegensprechanlagen und Haustürschlösser. Und Putz, der teilweise auch schon mal in Form größerer Brocken von der Unterseite der Balkone abbrösele.
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Die Meiers, die eine der insgesamt 100 Sozialwohnungen am unteren Hatzenberg bewohnen und hier seit fast 20 Jahren in einem der „Hochhäuser“ leben (siehe Infokasten), fühlen sich im Stich gelassen und abwertend behandelt. So gehe es der Hälfte der Mieter, sagen sie.
„Wir begegnen dem Kunden auf Augenhöhe“
Ein Vorwurf, den Stefan Kriegeskotte aus dem Vorstand der Wohnungsgenossenschaft nicht nachvollziehen kann: „Unsere Mitarbeiter sind geschult und versuchen stets, dem Kunden auf Augenhöhe zu begegnen und Lösungen anzubieten.“ Verhalten sich Mieter jedoch unfreundlich und aggressiv, sei irgendwann auch „der Punkt erreicht, an dem es zu viel wird“. Dieser Punkt könne auch zu Stoßzeiten, bei besonders vielen Anfragen zur gleichen Zeit, erreicht sein – als Resultat von Stress, nicht von Unfreundlichkeit oder Überheblichkeit. 
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Und die gemeldeten Mängel? „Wir gehen allen Hinweisen sofort nach“, erklärt Kriegeskotte. Dass an einigen Außenfassaden und im Gebäudeinnern Instandhaltungsarbeiten erforderlich seien, räumt er ein. Dabei handle es sich jedoch um „oberflächliche Beschädigungen“, die „die Wohnqualität der Mieter nicht einschränken“. Die Elektro- und Gasdurchlauferhitzer für Warmwasser, die nach Angaben der Meiers immer mal wieder ausfallen, würden regelmäßig gewartet. Das gelte auch für die Heizungsanlagen.
Das Problem mit der Energieeffizienz
Dennoch sei das Thema Energieeffizienz ein schwieriges. Generell sei es zwar möglich, in den Sozialwohnungen ein „angemessenes Raumklima zu erreichen“. Dafür müssten die Räume aber eben regelmäßig und auch durchgehend beheizt werden, also der Baualtersklasse der Häuser entsprechend.

Die wurden Ende der 1960er, Anfang der 70er Jahre errichtet. Zwischen den energetischen Standards von damals und heute liegen Welten – auch bei Fensterverglasung und -rahmen. Daher sei es schwierig, hier sparsam zu heizen.
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Und daran wird sich in den Sozialwohnungen am Hatzenberg auch erst einmal nichts ändern. „Gerade bei öffentlich geförderten Mietobjekten zahlen die Mieter einen Preis, der dem Objekt nach Baualter und Ausstattung angemessen ist“, sagt Kriegeskotte. Bedeutet im Umkehrschluss: Eine Sanierung nach aktuellen energetischen Maßnahmen, etwa durch moderne Fenster, würde automatisch eine höhere Miete bedeuten.
„Die Häuser sind dem Untergang geweiht“
Kreisweit zahlen Mieter von Wohnungen, die der Genossenschaft gehören, im Schnitt 4,90 Euro pro Quadratmeter. Laut Vergleichsmietentabelle für den Kreis Olpe gilt für sogenannte mittlere Wohnlagen mit Gebäuden aus den Jahren 1966 bis 1975 ein Mietrahmen zwischen 4,70 bis 5,60 Euro pro Quadratmeter. Für die Sozialwohnungen am unteren Hatzenberg liege die Miete „deutlich unter 5 Euro“, sagt Kriegeskotte.

Michael und Maria Meier fürchten um ihre Wohnung. „Die Häuser sind tot und dem Untergang geweiht“, fürchten sie mit Blick auf die Schäden und Mängel. Diese führten auch dazu, dass insbesondere jüngere Menschen schon nach kurzer Zeit wieder ausziehen. Eine richtige Nachbarschaft gebe es eigentlich nur unter den Langzeitmietern, die sich kennen und sich auch an „Hausaufgaben“ wie das Einhalten des Putzplans halten.
Wohnungsgenossenschaft investiert kreisweit in Immobilien
Die düstere Zukunftsprognose der Meiers stützt sich auch auf eine Aussage, die bei der jährlichen Versammlung der Wohnungsgenossenschaft im Mai in Olpe getätigt worden sein soll. In die Häuser am Hatzenberg solle kein Geld mehr fließen, weil diese ohnehin für den Verfall bestimmt seien. Das soll ein Vertreter der Genossenschaft gesagt haben.

„Diese Aussage hat es nicht gegeben“, sagt hingegen Stefan Kriegeskotte. Immerhin gebe die Wohnungsgenossenschaft im Durchschnitt 30 Euro pro Quadratmeter und Jahr für Instandhaltungen aus. Das gilt für alle rund 1900 Wohnungen, die der Genossenschaft kreisweit gehören. Dabei gehe es allerdings nach Prioritäten.
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Allein zwölf Millionen Euro werde die Wohnungsgenossenschaft in den kommenden fünf Jahren in die energetische Sanierung und in neue Heizungsanlagen ihrer Immobilien am „Hoher Stein“ in Olpe und an der „Soester Straße“ in Attendorn-Schwalbenohl investieren. Dabei handele es sich um „vorrangige Objekte“, weil diese noch aus den 40er und 50er Jahren stammten, so Kriegeskotte.
Mieter-Fluktuation bedeutet Kosten und Aufwand
Was er hingegen bestätigt, ist der Trend der zunehmenden Mieter-Fluktuation. Dennoch: Die 100 Sozialwohnungen am Hatzenberg seien permanent vermietet. „Der häufige Wechsel bedeutet für uns einen riesigen Aufwand und auch Kosten für Sanierungsmaßnahmen, beispielsweise in Badezimmern, bei Türen und für Kücheninstallationen. „Schönheitsreparaturen“ wie das Streichen der Wände hingegen übernehmen die Mieter.

Geht es um den Bodenbelag, wird der Mieter an den Kosten beteiligt. Je hochwertiger der Boden sein soll, desto mehr muss der Mieter auch selbst dafür aufbringen. „Wir erwarten, dass die Mieter pfleglich mit dem Boden umgehen“, sagt Kriegeskotte. Der Grundbedarf für Laminat und Dämmmaterial, den die Genossenschaft lange Zeit auf Antrag bewilligt hat, ist inzwischen gestrichen worden. Kriegeskotte begründet das mit den hohen Kosten.
Decken vor den Fenstern gegen Kälte
Für Michael und Maria Meier bedeutet das, dass das Laminat in ihrer Wohnung, das mittlerweile verschlissen und stellenweise verrutscht ist, erst einmal liegenbleiben wird. Auch der große Riss, der sich über die gesamte Breite der Decke im Kinderzimmer zieht, wird bleiben. Der Putz, der vom Balkon des Nachbarn eine Etage höher rieselt, wird wohl auch weiterhin abbröckeln.
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Und auch die Kälte werde trotz aufgedrehter Heizungen bleiben, sagen sie. Immerhin hätten sie gelernt, sich einigermaßen zu behelfen: mit Decken. Die werden demnächst zusammengerollt auf den Fensterbänken drapiert, um die undichten Fenster abzudichten. Zudem wollen die Meiers wieder Decken vor den Fenstern anbringen. „Das Lüften wird dann etwas schwieriger, aber immerhin zieht es dann nicht mehr“, sagt Maria Meier. Wegziehen möchte und kann das Ehepaar mit den beiden Kindern nach eigenen Angaben nicht.
Kurz & knapp

Der Wohnungsgenossenschaft gehören am unteren Hatzenberg in Olpe insgesamt drei „Hochhäuser“ und sechs Mehrfamilienhäuser.

Die Immobilien befinden sich am Johann-Bergmann-Weg, am Rötger-Hundt-Weg und am Pfarrer-Ermert-Weg.

Bei den 100 der insgesamt 180 Wohneinheiten handelt es sich um Sozialwohnungen, also mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungen.

Mieter von Sozialwohnungen müssen einen Wohnberechtigungsschein vorweisen können.

Jeder Mieter muss Mitglied der Wohnungsgenossenschaft werden und erhält dafür Genossenschaftsanteile - und "in der Regel eine jährliche Dividende", heißt es auf der Website der Wohnungsgenossenschaft. 

Mieter seien zudem als Mitglied vor Eigenbedarfskündigung, Spekulation und Vermieterwillkür geschützt.
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