Wen fragt man um Rat, wenn durch einen Todesfall ein Kind trauert und man nicht weiß, wie man ihm helfen kann? Viele Erzieher, Lehrer und besorgte Eltern suchen diesen Rat bei den Trauerbegleitern des Kinder- und Jugendhospizes Balthasar. Daher wurde im Jahr 2005 das Kindertrauerzentrum Thalita gegründet. 140 Kindern und ihren Familien konnte seit dem geholfen werden.
„Unzählige Anfragen haben uns damals erreicht, und meine Kollegen und ich waren sehr mit den vielen ambulanten Beratungen von Teams und einzelnen Personen beschäftigt. Die Unsicherheit, wie man richtig mit einem Kind bei einem Abschied umgehen kann, war groß“, erinnert sich Birgit Halbe, pädagogische Leitung im Kinder- und Jugendhospiz Balthasar.
Die Angehörigen haben oft Sorge, den Kindern nicht gerecht zu werden oder etwas zu übersehen. Zumal sie ja in der Regel auch einen Verlust erlitten haben: hat das Kind seinen Vater verloren, trauert die Mutter um ihren Ehemann und befindet sich selbst in einer Ausnahmesituation.
Kinder, die einen nahestehenden Menschen verloren haben brauchen einen geschützten Raum, um ihrer Trauer Ausdruck verleihen zu können. Thalita ist so ein Raum. Zwei Mal im Jahr kommen bis zu acht Kinder für neun bis zehn Doppelstunden zusammen. Sie sind zwischen 7 und 14 Jahre alt und kommen nicht nur aus Olpe, sondern auch aus den Kreisen Siegen und Altenkirchen sowie aus Gummersbach, dem Hochsauerland- und dem Märkischen Kreis.
Der Name Thalita stammt aus dem Matthäus Evangelium, in dem Jesus zu einem Mädchen sagt „Thalita kumi!“, was übersetzt heißt „Mädchen steh auf!“
Alle Kinder erleben eine erschwerte Trauer. Zum einen, weil sie Kind sind und für abschiedliche Situationen oft noch keine Verhaltensmuster entwickeln konnten. Zum anderen, weil es sich zumeist um sehr plötzliche Todesfälle und oft sogar um den Tod von Elternteilen handelt.
In den Kindertrauergruppen geht es vor allem darum, dass sich die Kinder ihren Gefühlen stellen und sie als normale Reaktion erleben. Birgit Halbe: „Trauer ist keine Krankheit und sie ist so individuell, dass sich niemand seiner Gefühle schämen muss.“ Kinder reagierten zunächst oft unsicher, wenn sie z.B. wütend auf Vater oder Mutter sind, weil die sie durch ihren Tod allein gelassen haben. In der Gruppe zu merken, dass man weder mit der Wut noch mit der Unsicherheit alleine ist und es auch anderen so geht, sei für die Kinder sehr hilfreich.
Auch das Erinnern an den verstorbenen Menschen sei wichtig, denn davon könne großer Trost ausgehen, erklärt Birgit Halbe weiter. „In Thalita wird die Suche nach tröstlichen Bildern unterstützt, etwa indem sich die Kinder vorstellen, der Verstorbene sei nun an einem besonders schönen Ort, oder indem sie reale Orte der Erinnerung finden und aufsuchen.“
Für die achtjährige Sonja* zum Beispiel wohnt die Mutter nun in einem Wolkenhaus, vor dem es einen großen Garten gibt, in dem die Lieblingsblumen der Mutter blühen. Ein anderes Mädchen hatte dagegen eine Mama-Bank im wirklichen Garten, auf der die Mutter vor ihrem Tod oft gesessen hatte. Die Tochter fühlte sich ihrer Mutter nah, als sie nach deren Tod selbst auf dieser Bank sitzen konnte.