Marcel Kappestein: Akribischer Kommandant und Karnevalsbotschafter

Olper bekleidet zweithöchstes Amt der Prinzen-Garde Köln


  • Olpe, 03.02.2018
  • Von Sven Prillwitz
    Profilfoto Sven Prillwitz

    Sven Prillwitz

    Redaktion

Topnews
Auch bei acht Terminen am Tag immer mit Spaß bei der Sache: Marcel Kappestein aus Thieringhausen ist Kommandant der Prinzen-Garde Köln. von Marcel Damm
Auch bei acht Terminen am Tag immer mit Spaß bei der Sache: Marcel Kappestein aus Thieringhausen ist Kommandant der Prinzen-Garde Köln. © Marcel Damm

Olpe. Rosenmontag fällt in diesem Jahr auf den 12. Februar. Damit ist es eine vergleichsweise kurze Session. Kurz heißt für Marcel Kappestein vor allem eines: sehr arbeitsintensiv. Knapp 100 offizielle Termine gilt es in 39 Tagen zu bewältigen. Als Repräsentant, als Organisator und als Kommandogeber. Dazu kommen unzählige Treffen, Telefonate und Kilometer. Als neuer Kommandant der Kölner Prinzen-Garde spielt der 33-Jährige aus Thieringhausen im Kölner Karneval nämlich eine der zentralsten, eine der verantwortungsvollsten Rollen – und ist als leidenschaftlicher Jeck und Perfektionist voll und ganz in seinem Element.


Anzeichen von Druck oder Stress? Fehlanzeige. Nach bereits etlichen Terminen und wenige Tage vor dem großen Finale mit Weiberfastnacht und Rosenmontag hat Marcel Kappestein eigentlich nur ein Problem: Frikadellen. Die Hackfleischbuletten werden nämlich bei so ziemlich jedem Termin gereicht. „So langsam kann ich die echt nicht mehr sehen“, sagt Kappestein und lacht. Das Kölsch dagegen schmeckt ihm nach wie vor, muss aber diszipliniert genossen werden – in Maßen.

Schließlich ist Kappestein in hoher Position unterwegs: Der 33-Jährige ist seit Juli 2017 Kommandant der Kölner Prinzen-Garde, die auch als „Mählsäck“ bezeichnet wird. Es ist das zweithöchste Amt in einem der insgesamt neun Traditionskorps im Kölner Karneval. Nur Dino Massi steht als Präsident der Prinzen-Garde noch eine Stufe höher. Kappestein hat damit bereits Geschichte geschrieben – nicht nur bei den „Mählsäck“, sondern auch in der Karnevalshochburg: Er ist einer jüngsten Traditionskorps-Kommandanten überhaupt.
Extremfall: 16 Stunden am Stück
Bis zu acht Termine – kurze Besuche nicht mit eingerechnet – können an einem Tag anstehen, bis zu 16 Stunden ist Kappestein im Extremfall am Stück unterwegs. Auch deswegen will und muss der Kölsch-Genuss wohldosiert sein. Allerdings seien diese Marathon-Tage eher die Ausnahmen, die – von Weiberfastnacht und Rosenmontag abgesehen – auch nur am Wochenende anliegen. Von Montag bis Donnerstag ist Kappestein in der Regel ab dem frühen Abend und bis gegen Mitternacht unterwegs.

„Wir sind ja auch selbst dafür zuständig, die Termine so sauber wie möglich zu buchen“, sagt Kappestein. Heißt: so machbar und stressfrei wie möglich. Von Vorteil ist dabei die seit nunmehr 40 Jahren bestehende Partnerschaft der Prinzen-Garde mit Mercedes Benz: Zehn Transporter stellt der Automobilhersteller jährlich für die Session zur Verfügung sowie zwei Limousinen, mit denen die Karnevalisten zu den Terminen reisen.
Vom Pfarrheim bis zur riesengroßen Halle
Bei circa 70 Terminen handelt es sich um die großen Aufzüge mit dem gesamten Korps inklusive Tanzpaar und Regimentsspielmannszug der Prinzen-Garde – insgesamt bis zu 150 Mann. In welcher Personenstärke Kappestein und Co anrücken, hängt vom Anlass einer Veranstaltung in Köln und Umgebung ab. Es handelt sich um Prunksitzungen, Feiern und Besuche in karitativen Einrichtungen. Mal vor 50, mal vor bis zu 10.000 Zuschauern; mal im Pfarrheim, mal in einer großen Halle.
 von privat
© privat
Kappestein allerdings ist immer dabei. Er ist verantwortlich für die Bühnenpositionierung, gibt den Befehl zum Ein- und Ausmarsch. Und er ist der Mann am Mikrofon: Als Kommandant begrüßt der 33-Jährige die Gastgeber und alle anderen Anwesenden im Namen der Prinzen-Garde Köln und moderiert jeden Auftritt, der auf der Bühne ein Live-Potpourri des Spielmannszugs, diverse Tänze und Exerzier-Übungen mit Holzgewehren und Degen beinhaltet. Vom Einmarsch bis zum Ausmarsch dauert ein Auftritt im Durchschnitt 25 bis 30 Minuten.
Akkurat und fröhlich
Und jeder Auftritt ist nach monatelanger Vorbereitung perfekt durchchoreografiert. Jede Bewegung muss sitzen. „Da muss alles seine Ordnung haben und akkurat sein. Das Gewehr muss beispielsweise sauber geschultert sein, alle müssen im Gleichschritt ein- und ausmarschieren. Das ist schon militärisch angehaucht“, sagt Kappestein. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Mitglieder von Korps und Spielmannszug keine ernsten Gesichter machen, sondern lachen. „Wir sind ja schließlich Botschafter des Frohsinns“, sagt der Thieringhauser.

Zum „perfekten Erscheinungsbild“ zählen auch „top gepflegte Uniformen“. Aus diesem Grund gehören Garn, Sicherheitsnadeln und Fleckenstifte auch zur Standardausrüstung des Korps´ der Prinzen-Garde, wenn Termine anstehen – für den Fall des Falles. Die zahllosen Termine und der perfekte Auftritt erfüllen laut Kappestein nämlich einen wichtigen Zweck: die Pflege des Brauchtums und der Besonderheit Karneval. „Da stehen allein am Rosenmontag 1,5 Millionen Menschen, die sich auf Karneval freuen und strahlen. Menschen blicken zu aktiven Karnevalisten auf, da ist unser akkurates und fröhliches Auftreten umso wichtiger“, sieht Kappestein seine Mitstreiter und sich selbst auch in dieser Hinsicht in der Verantwortung.
„Dinge müssen bei mir funktionieren“
Verantwortung zu übernehmen – für den Thieringhauser Charakteristikum und Selbstverständlichkeit zugleich. Kappestein ist von Beruf Vertriebsleiter in führender Position in der IT-Dienstleistung in Köln. Auf Menschen zuzugehen, individuelle Konzepte zu entwickeln und umzusetzen – und zwar „akribisch“ –, ist für den 33-Jährigen wichtig. „Dinge müssen bei mir funktionieren“, sagt Kappestein. Daher sei sein Beruf auch die „optimale Vorbereitung“ auf seine wichtige Rolle jetzt im Kölner Karneval und bei der Prinzen-Garde gewesen.
 von Eberhard Pinsdorf
© Eberhard Pinsdorf
Mit seiner Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, seiner Leidenschaft für den Karneval und seinem großen Engagement hat er es bei den „Mählsack“ auch in so kurzer Zeit so weit nach oben geschafft. 2009 trat Kappestein der Prinzen-Garde bei, nahm einmal pro Woche am Tanztraining teil, besuchte alle wichtigen Termine in der Session, war bei allen wichtigen Sitzungen anwesend. Der Thieringhauser mit Zweitwohnsitz in Köln übernahm außerdem die Funktion des Reiseleiters für das Fußkorps und moderierte 2012 die Kostüm-Party „Prinzenschwof“ vor über 1500 Gästen – ganz spontan und aus der Not heraus übrigens allein. Diesen Job machte er so gut, dass er das auch in den Folgejahren tat. Im kommenden Jahr gibt er diesen Job dann in jüngere Hände.
Hauptorganisator für einen Teil des Rosenmontagszuges
„Wenn ich etwas mache, dann ganz oder gar nicht“, sagt Kappestein, lächelt und zuckt mit den Schultern. Mit seinem Engagement und seiner Zuverlässigkeit hinterließ er so viel Eindruck, dass er 2015 zum Fußkorpsführer der Prinzen-Garde gewählt wurde – im Alter von gerade einmal 30 Jahren als bislang jüngster Amtsträger der „Mählsäck“ in dieser Position. Damit war er zugleich auch stellvertretender Kommandant hinter Urgestein Karl Heinz Hömig. Der fiel übrigens krankheitsbedingt für große Teile der vergangenen Session aus, sodass Kappestein in die Bresche sprang. Auch das erledigte er so gut und zuverlässig, dass er den Mitgliedern der Prinzen-Garde als idealer Nachfolger erschien. Im Sommer 2017 wählte ihn der Korpsführer für die Dauer von fünf Jahren schließlich zum Kommandanten.
 von Marcel Damm
© Marcel Damm
In dieser Funktion ist der 33-Jährige nun auch hauptverantwortlich für die sieben Kutschen, sechs Festwagen und rund 50 Pferde, mit denen die Prinzen-Garde beim Rosenmontagszug durch Köln zieht: Die Reihenfolge und Abläufe müssen koordiniert werden, die Kamelle-Verladungen von insgesamt 20 Tonnen genau verteilt und geplant sein (Stichwort: zulässiges Gesamtgewicht). Kappestein meldet die Teilnahme an, ist die „Schnittstelle“ zum Festkomitee für den Kölner Karneval. Außerdem ist er Ansprechpartner für die rund 80 Security-Leute, die allein für den Schutz der Prinzen-Garde-Delegation zuständig sind.
„Ich lebe und liebe die Prinzengarde“
Damit hat Kappestein beim Rosenmontagszug die Verantwortung für 620 Gardisten. Eine große Herausforderung, ja. Aber wieder eine, der der 33-Jährige lächelnd entgegensieht. Weil er ein gutes Team hinter sich habe, mit dem er sich regelmäßig austauscht – immer wieder, über das ganze Jahr bei zahlreichen Sitzungen und Treffen. „Das ist alles sehr professionalisiert und strukturiert und dadurch recht entspannt. Dadurch ist die Stimmung bei uns auch jetzt in der Session immer sehr gut“, sagt Kappestein.

Außerdem könne er zwischendurch gezielt abschalten, wisse zudem seine verständnisvolle Ehefrau hinter und den geplanten Urlaub nach der Session vor sich. Und nicht zuletzt lebt er ja als Kommandant auch seinen karnevalistischen Traum: „Ich lebe und liebe die Prinzen-Garde.“
Marcus Kappestein: die (karnevalistische) Biografie
  • Geburtstag: 23.12.1984
  • wohnhaft in Olpe-Thieringhausen (immer schon Olper)
  • verheiratet mit Anne Kappestein
  • Beruf: Vertriebsleiter / Führungskraft in der IT-Dienstleistung in Köln
  • seit 2009 Mitglied der Prinzen-Garde Köln 1906
  • seit 2012 Moderator der Kostümparty „Prinzenschwof“ in der Kölner Wolkenburg mit über 1500 Gästen (gemeinsam mit Marcus Gottschalk, Schriftführer im Vorstand, Sitzungsleiter sowie Kölner Prinz von 2012)
  • seit 2017 Moderator des Kostümballs „GardeDanz“ am Karnevalsamstag im Gürzenich mit 4500 Gästen (auch gemeinsam mit Marcus Gottschalk)
  • 2015 bis 2017: Fußkorpsführer, stellvertretender Kommandant und Mitglied des Aufsichtsrats der Prinzen-Garde Köln
  • seit Juli 2017 Kommandant der Prinzen-Garde Köln
  • Olper Prinz 2006
  • Vorstandsmitglied Elferrat der Kolpingsfamilie Olpe 2008-2011 (Schriftführer und Pressesprecher)
  • Mitglied im Elferrat der Kolpingsfamilie Olpe (2004 bis 2011)
  • 2004/2005 Parodie mit dem Olper Karnevals-Urgestein Robert Quast
  • In den Jahren 2004/2005 „Tanzoffizier“ des Kinderfunkenmariechens Paula Liese (Tochter des heutigen Schützenmajors Peter Liese)
  • 2007 – 2008: weitere Parodien im Olper Karneval
  • 2007/2008 Mitgründer des Olper Männerballetts „The Hurricanes“ – Männershowtanzgruppe im Olper Karneval
  • Im November 2011 offizieller Ausstieg bei der Kolpingsfamilie Olpe, aber „bis heute noch eng verbunden“
Artikel teilen: