Lehrer, Bürgermeister, Europäer: „Die EU ist das größte Friedensprojekt“

Benjamin Geldsetzer über seine Doppelfunktion


  • Olpe, 20.05.2024
  • Politik , Schule & Bildung
  • Von Lorena Klein
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Benjamin Geldsetzer (links) ist Lehrer an der St.-Franziskus-Schule Olpe und Stadtbürgermeister in Betzdorf. von Lorena Klein
Benjamin Geldsetzer (links) ist Lehrer an der St.-Franziskus-Schule Olpe und Stadtbürgermeister in Betzdorf. © Lorena Klein

Olpe. Benjamin Geldsetzer führt ein berufliches Doppelleben. Der 39-Jährige ist Lehrer an der St.-Franziskus-Schule in Olpe – und seit fünf Jahren Bürgermeister im 35 Kilometer entfernten Betzdorf im Kreis Altenkirchen. Politik beschäftigt ihn auf beiden Seiten. Und das Thema Schülerinnen und Schülern näherzubringen, ist gerade vor der Europawahl eine wichtige Aufgabe. Denn viele von ihnen dürfen am 9. Juni zum erstem Mal wählen gehen.


An drei Tagen in der Woche führt der Arbeitsweg von Benjamin Geldsetzer vom rheinland-pfälzischen Betzdorf an der Sieg nach Olpe. In der St.-Franziskus-Schule stehen bei ihm Sozialwissenschaften, Geschichte und Musik auf dem Stundenplan. Hier erklärt der 39-Jährige Politik. Sobald er wieder zu Hause in Betzdorf ist, macht er Politik. Seit 2019 bekleidet er dort das Amt des Stadtbürgermeisters.

„In Rheinland-Pfalz gibt es ein komplett anderes kommunalpolitisches System“, erklärt Benjamin Geldsetzer. Dort gibt es eigenständige Ortsgemeinden, wie auch die Stadt Betzdorf, die sich zu größeren Verbandsgemeinden zusammengeschlossen haben. Ortsbürgermeister sind ehrenamtlich tätig, erhalten aber eine Aufwandsentschädigung, die mit der Einwohnerzahl der Gemeinde steigt.

Kein gewöhnlicher Berufsalltag

21 Millionen Euro Haushaltsvolumen, mehr als 10.000 Einwohner und knapp 100 Mitarbeiter in Kitas, Bauhof, Sportanlagen und Rathaus – ganz nebenbei geht sowas nicht. „Mit einer 40-Stunden-Woche komme ich nicht hin“, erzählt Benjamin Geldsetzer. Es sei kein klassischer Berufsalltag. Doch vor allem die Rückendeckung der Schule, an der er zu 50 Prozent freigestellt ist, macht es möglich.

Benjamin Geldsetzer ist Lehrer an der St.-Franziskus-Schule Olpe und Stadtbürgermeister in Betzdorf. von Lorena Klein
Benjamin Geldsetzer ist Lehrer an der St.-Franziskus-Schule Olpe und Stadtbürgermeister in Betzdorf. © Lorena Klein

Den Lehrerberuf aufzugeben, kommt für den Betzdorfer nicht infrage. Auch zwischen Politik im Rathaus und in der Schule zu trennen, sei ihm nie schwergefallen. Das sei nach dem sogenannten „Beutelsbacher Konsens“ auch seine Pflicht. „Alles, was kontrovers ist, muss auch kontrovers diskutiert werden“, betont er.

Schließlich sei es auch als Bürgermeister wichtig, überparteilich zu agieren. „Jeder weiß, dass ich ein SPD-Parteibuch habe, aber ein Bürgermeister wird immer aus der breiten Masse gewählt.“ Gerade in der Kommunalpolitik gehe es vor allem um Sachpolitik.

Europawahl: theoretisch, praktisch, verständlich

In Rheinland-Pfalz gehen die Bürgerinnen und Bürger am 9. Juni gleich aus zwei Anlässen zur Wahlurne: Neben der Europawahl finden dort auch Kommunalwahlen statt. Benjamin Geldsetzer tritt wieder an und hofft, in eine zweite Amtszeit als Stadtbürgermeister zu gehen.

Bis es so weit ist, wird die Europawahl in der Schule in mehreren Jahrgangsstufen behandelt. Schließlich geht es auch um sie: Schüler ab 16 Jahren, die erstmals mitwählen dürfen.

In der St.-Franziskus-Schule findet zur Vorbereitung auf die Europawahl eine „Juniorwahl“ statt. von Lorena Klein
In der St.-Franziskus-Schule findet zur Vorbereitung auf die Europawahl eine „Juniorwahl“ statt. © Lorena Klein

„Es ist unsere Pflicht, dafür Werbung zu machen, damit sie an die Urne gehen“, betont Benjamin Geldsetzer. „Die EU ist in meinen Augen das größte Friedensprojekt in der Geschichte der Menschheit.“ Was mit diesem Privileg einhergeht, vom Binnenmarkt bis zur Reisefreiheit, müsse man den Schülern vermitteln.

Das herabgesetzte Wahlalter begrüßt der Politiklehrer. In der St.-Franziskus-Schule findet auf Initiative seines Kollegen Philipp Krause in der Woche vor der Europawahl eine sogenannte „Juniorwahl“ statt, bei dem die Wahlsituation mit Wahlkabine, Stimmzetteln und allem Drum und Dran simuliert wird. Ein Klassenraum wird dann zum Wahllokal. Das Ergebnis wird ebenfalls ermittelt und präsentiert.

In der St.-Franziskus-Schule findet zur Vorbereitung auf die Europawahl eine „Juniorwahl“ statt. von Lorena Klein
In der St.-Franziskus-Schule findet zur Vorbereitung auf die Europawahl eine „Juniorwahl“ statt. © Lorena Klein

„Die Schüler bekommen einen Einblick in die Atmosphäre, damit die Situation am Wahlsonntag für sie nicht ganz neu ist“, erklärt Benjamin Geldsetzer den Effekt. Auch Jüngere dürfen schonmal schnuppern.

Welche Tipps hat der Lehrer sonst noch für Erstwählerinnen und -wähler? „Eine große Hürde ist meist die Frage: Wen soll ich wählen?“, weiß er. „Der Wahl-O-Mat ist da zu empfehlen. Und, sich mit den Themen auseinanderzusetzen und seriöse Nachrichtenquellen zu konsumieren. Dann, glaube ich, muss man keine Angst haben, ins Wahllokal zu gehen.“

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