Kundgebung gegen Antisemitismus auf dem Olper Marktplatz

Bundespräsident Steinmeier: Seid wachsam, bleibt nicht gleichgültig


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Deutlich mehr als 200 Teilnehmer zeigten „Gesicht“ gegen Judenfeindlichkeit und Terror. von Sigrid Mynar
Deutlich mehr als 200 Teilnehmer zeigten „Gesicht“ gegen Judenfeindlichkeit und Terror. © Sigrid Mynar

Olpe. Deutlich mehr als 200 Bürgerinnen und Bürger sind am Freitagnachmittag, 10. November, dem Aufruf von Dr. Gerd Reichenbach gefolgt und haben sich zu einer Kundgebung gegen Antisemitismus und Extremismus auf dem Olper Marktplatz versammelt.


Gerd Reichenbach schilderte in seiner Begrüßung das Massaker der Hamas vom 7. Oktober mit über 250 Opfern, unter ihnen Babys, Frauen, Kinder und alte Menschen. „Dies führte zur Invasion des Gazastreifens durch das israelische Militär, die wiederum viele unschuldige Opfer unter den Palästinensern kostet, die wir ebenso beklagen. Wir zeigen heute unsere Empathie für alle unschuldigen Opfer dieses Krieges.“

„Unerträglich finden wir auch den offen oder versteckt geäußerten deutschen Antisemitismus, vorgebracht von rechten oder linken Parteien oder anderen gesellschaftlichen Gruppierungen“, so Reichenbach.

Grußwort des Bundespräsidenten

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte eigens zu der Olper Kundgebung ein Grußwort verfasst, das die Schülersprecherin des Städtischen Gymnasiums, Hannah Breuer, verlas. In eindringlichen Worten schilderte er darin die Pogromnacht vor 85 Jahren und den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober. „Umso entsetzlicher die Kundgebungen auf deutschen Straßen, auf denen Terror gerechtfertigt und Hass gegen Juden skandiert wurde.“

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Die Kundgebung gegen Judenfeindlichkeit und Terror fand in Olpe statt.

Landrat Theo Melcher fand ähnlich deutlich Worte. Er zeigte Bestürzung über die Freudentänze auf deutschen Straßen, weil Frauen und Kinder abgeschlachtet wurden. „Jedes Leben zählt, das gilt für israelische und palästinensische Kinder gleichermaßen.“

„Wir alle tragen Verantwortung dafür, dass Ereignisse wie vor 85 Jahren nie wieder passieren.“ Theo Melcher sah angesichts der judenfeindlichen Demonstrationen „noch viel zu tun im Bildungs- und Integrationsbereich“.

Bürgermeister Weber:  Klar Stellung beziehen

Wie schon seine Vorredner dankte auch Bürgermeister Peter Weber den Anwesenden für ihr Kommen: „Ich freue mich über jeden Einzelnen von Ihnen, der heute den Weg auf den Marktplatz in Olpe gefunden hat, um klar Stellung zu beziehen.“

Peter Weber machte deutlich, dass sich die Ereignisse vor 85 Jahren nicht nur irgendwo, sondern auch kaum 200 Meter vom Olper Marktplatz entfernt zugetragen hatten. „In der Kölner Straße und in der Bahnhofstraße wurden die jüdischen Familien Lenneberg und Emanuel Opfer der verbrecherischen Taten der Nationalsozialisten.“

„Nie wieder“ dürfe nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Wer die Worte „Nie wieder“ ernst meine, der müsse heute aufstehen und klar Stellung beziehen.

Ergreifende Erinnerung an Pogromnacht

Greifbar und ergreifend wurden die Geschehnisse von 1938 auch durch die Passagen, die Hannah Breuer zwischen den Redenbeiträgen vortrug. Sie stammten aus dem Buch „Jüdisch in Olpe“ von Gretel Kemper, in dem die Jüdin Mathilde Lenneberg mit ihren Erlebnissen in der Pogromnacht zu Wort kommt.

Appell an die Zivilgesellschaft

Allon Sander, jüdischer Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Zusammenarbeit Siegerland, schilderte eindringlich, wie sich jüdisches Leben in Deutschland „anfühlt“. Antisemitismus sei nie ganz weg gewesen, es habe auch in früheren Jahren Anfeindungen und Anschläge gegeben.

Der Situation, wie sie jedoch derzeit spürbar sei, müsse die Zivilgesellschaft viel deutlicher entgegentreten. Die Kundgebung in Olpe sei ein gutes Beispiel, dürfe aber nur ein Anfang sein. Er endete mit dem jüdischen Gruß „Sabbat Shalom“, der für Frieden, Sicherheit und Wohlfahrt steht.

Das Schlusswort gehörte dem katholischen Theologen Wolfgang Werner, der von der Jüdin Etty Hillesum erzählte, die 1943 in Auschwitz ums Leben kam. Er verlas eines ihrer Gebete, bevor die einstündige Kundgebung mit einer Schweigeminute endete.

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