Kühnert: Nicht wieder Mehrheit links von der Mitte liegen lassen

Landeskonferenz der Jusos in Olpe


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Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans posierten gern mit den Jusos aus dem Kreis Olpe, die bei der Konfenrenz mit für die Organisation sorgten. Neben den Delegierten Eric Kroo und Lea Schneider waren das die Kreisvositzenden Christin-Marie Stamm und Jan Wichterich sowie Luisa Arens, Gamze Naime Özge, Marvin Harmuth, Vincent Sommerhoff, Marcel Schneider und Mia Teufer. von Rüdiger Kahlke
Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans posierten gern mit den Jusos aus dem Kreis Olpe, die bei der Konfenrenz mit für die Organisation sorgten. Neben den Delegierten Eric Kroo und Lea Schneider waren das die Kreisvositzenden Christin-Marie Stamm und Jan Wichterich sowie Luisa Arens, Gamze Naime Özge, Marvin Harmuth, Vincent Sommerhoff, Marcel Schneider und Mia Teufer. © Rüdiger Kahlke

Olpe. Die Jusos in Nordrhein-Westfalen stehen hinter Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Der SPD-Nachwuchs folgte am Samstagabend, 4. Oktober, mit breiter Mehrheit einem Antrag an die 18. Landeskonferenz der Jusos in der Olper Stadthalle, das Duo bei der Wahl zur neuen Parteispitze zu unterstützen.


Das zeigte sich bei der Abstimmung nach einer fulminanten Rede des Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert, aber auch, als sich in der Stadthalle alle hinter den Kandidaten versammelten. - Ein Bild, das die Stimmungslage wieder gab, aber auch Ergebnis einer gelungenen Konferenz-Regie.

Müdigkeit kam nach dem Abendessen der 150 Delegierten, davon zwei aus dem Kreis Olpe, nicht auf. Dafür sorgte die Tagesordnung. Als sich Esken und Walter-Borjans bei ihrer Vorstellungsrunde als Paar erwiesen, das sich perfekt die Bälle zuspielte, aber auch klar Position bezog. Position für eine andere Verteilungspolitik, für mehr soziale Gerechtigkeit, kurz, sich hinter Forderungen stellte, die Programm der Jusos sind. Ab 19.15 Uhr gehörte die Bühne dem Duo, das erst spät an den Start gegangen war, das aber eine klare Linie bot.
Glaubwürdigkeit der SPD wieder herstellen
Mit den jungen Leuten der SPD wollen sie die neoliberale Zeit der SPD hinter sich lassen und die GroKo gleich mit. Die Bundestagsabgeordnete erinnerte daran, dass Walter-Borjans als NRW-Finanzminister den Mut hatte, die Steuer-CDs zu kaufen und damit dem Staat zu 7,5 Milliarden Euro verholfen hatte, die Steuersünder am Finanzamt vorbei geschleust hatten. Angesichts des Haushaltsdefizits, der schwarz-gelben Vorgängerregierung habe das Land das Geld dringend gebraucht, so Walter-Borjans.

Beide wollen Köpfe und Inhalte zusammenbringen, der SPD wieder zu Glaubwürdigkeit verhelfen. „Wir bringen die SPD wieder dahin, dass die Menschen gehen und sagen: ‚Da kannse echt stolz drauf sein‘.“
„Faule Kompromisse nicht als Erfolg verkaufen“
Nötig, so Eskens, sei den Menschen wieder persönliche Sicherheit in einer sich schnell wandelnden Welt zu geben, „auch, um Veränderungen angehen und bewältigen zu können.“ Täglich werde eine Milliarde Euro vererbt oder verschenkt, ohne dass der Staat davon profitiere. Diese Verteilungsfrage müsse angegangen werden. Damit stelle sich auch die Frage nach dem Fortbestand der GroKo.

Walter-Borjans wandte sich mit Blick auf das gerade vorgestellte Klimapaket dagegen, dass die SPD mitmache, „faule Kompromisse noch als Erfolg zu verkaufen.“ Ein Beispiel ist für ihn die Pendlerpauschale. Während Energiekosten für alle steigen, profitieren von der Pauschale vor allem jene, denen es ohnehin besser gehe.
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Kühnert: Nicht wieder Mehrheit links von der Mitte liegen lassen
Beide sprachen sich für neue Formen der Teilhabe aus. Auch die, die nicht so laut seien, müssten  gehört und eingebunden werden. Zudem sei ein neues Grundsatzprogramm nötig, das auch die Digitalisierung in den Fokus nehme. Walter-Borjans mahnte auch, die außerhalb der SPD mitzunehmen und einzubinden, die bereit seien zur Solidarität und denen an einem Zusammenhalt in der Gesellschaft gelegen sei.

Im Antrag „INI3“ forderten die Jusos, Esken und Walter-Borjans als Doppelspitze beim Bundesparteitag zu unterstützen. Zustimmung gab es in der Aussprache von etlichen Delegierten, aber auch kritische Anmerkungen. Das Ergebnis war aber bei wenigen Gegenstmmen und einigen Enthaltungen deutlich.
Mängelliste der Marktwirtschaft
Zuvor hatte Kevin Kühnert den Blick auf Portugal gelenkt, „wie man soziale Politik machen kann.“ Marktgläubigkeit habe sich „tief in die Gesellschaft eingefressen“, bemängelte er. Sie sei aber eine Ursache der gegenwärtigen Probleme. An Beispielen wie fehlenden Wohnungen und hohen Mieten, Umweltbelastungen, Klimawandel, ungleichen Lebensverhältnissen und unzureichender Internetversorgung auf dem Land zeigte er auf, was Marktwirtschaft „alles nicht geschafft hat“.
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Kühnert: Nicht wieder Mehrheit links von der Mitte liegen lassen
Gute Ansätze der SPD seien in der GroKo nicht umsetzbar. Von der neuen Parteispitze, die im Dezember gewählt werden soll, erwartet der Juso-Bundesvorsitzende Glaubwürdigkeit. Das bedeutet auch, dass die Kandidaten vorher klar machen müssen, wie sie zur Groko stehen.

Kühnert kann sich eine Minderheitsregierung vorstellen. – Unterstützung da, wo es in die richtige Richtung geht. Ansonsten Anträge, die deutlich machen, wofür die SPD steht. Die Partei dürfe nicht zum dritten Mal in 15 Jahren „eine Mehrheit links von der Mitte liegen lassen“, warb er auch für neue Bündnisse. Er selbst sei bereit, mehr Verantwortung in der Partei zu übernehmen, wenn das gewünscht sei.
Demonstration der Geschlossenheit
Für seine mitreißende Rede gab es Standing Ovations, bevor sich die 150 Delegierten hinter Kühnert und den beiden Kandidaten versammelten. Dabei vermittelten die Jusos nicht das Bild einer verzagten und im Meinungstief versunkenen Partei. Sie machten deutlich, dass sie die Chance einer Neuausrichtung der Partei mit wieder schärferem sozialen Profil, aber auch mit Blick auf Herausforderungen wie der Digitalisierung geschlossen und beherzt angehen wollen.

„Als Außenbootmotor am ‚Schiff NRW-SPD‘, der die Landespartei vor sich herschiebt“, wie die Juso-Landesvorsitzende in ihrer politischen Bilanz zu Beginn der Konferenz gefordert hatte.
Hintergrund:
  • Der Kreis Olpe war zwei Delegierten auf der Juso-Landeskonferenz vertreten: Lea Schneider und Eric Kroo.
  • Der Kreisvorstand mit Christin-Marie Stamm und Jan Wichterich sowie Luisa Arens, Gamze Naime Özge, Marvin Harmuth, Vincent Sommerhoff, Marcel Schneider und Mia Teufer sorgten als Helfer für einen reibungslosen Ablauf der Konferenz.
  • In dem umfangreichen Antragspaket ging es um den sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft und der Wirtschaft, eine Verkehrswende mit autofreien Innenstädten, bezahlbaren Wohnraum für alle, digitale Schule, Gleichstellung, gerechtere Besteuerung.
  • Die Konferenz stand unter dem Motto „Unser Wir braucht Dich“.
  • Damit wollen die Jusos Politik wieder in die Stadtteile und Dörfer tragen und vermitteln, dass es sich lohnt für eine bessere Zukunft einzutreten. Ansatzpunkte sind vor allem Regionen, die einst SPD-Hochburgen waren, die häufig unter Armut, mangelndem Wohnraum und fehlender Infrastruktur leiden.
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