„Für Missbrauchsopfer ist der bisherige Name des Gebäudes eine Provokation“

Lorenz-Jaeger-Haus Olpe wird umbenannt


  • Olpe, 26.10.2023
  • Glaube & Religion
  • Von Wolfgang Schneider
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Pfarrer Johannes Hammer (li.), Andrea Hoffmann (Vorsitzende Gesamtpfarrgemeinderat) und Peter Paul Lubig (Vorsitzender des Kirchenvorstands St. Martinus) verkündeten die Entscheidung der kirchlichen Gremien. von Wolfgang Schneider
Pfarrer Johannes Hammer (li.), Andrea Hoffmann (Vorsitzende Gesamtpfarrgemeinderat) und Peter Paul Lubig (Vorsitzender des Kirchenvorstands St. Martinus) verkündeten die Entscheidung der kirchlichen Gremien. © Wolfgang Schneider

Olpe. Seit 1975 gibt es das Lorenz-Jaeger-Haus in Olpe. Der Name ist ab sofort Geschichte und wird auch bald von der Fassade verschwinden. Das haben der Gesamtpfarrgemeinderat Olpe und der Kirchenvorstand St. Martinus einstimmig beschlossen. Hintergrund sind die schweren Anschuldigungen gegen Erzbischof Lorenz Jaeger im Zusammenhang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche.


Pfarrer Johannes Hammer, der Kirchenvorstandsvorsitzende Peter Paul Lubig und Andrea Hoffmann, Vorsitzende des Gesamtpfarrgemeinderates, erläuterten die Entscheidung der kirchlichen Gremien am Donnerstagmittag, 26. Oktober, in einem Pressegespräch. Das Gebäude wird in Gemeindezentrum St. Martinus und OT Olpe umbenannt.

In Trägerschaft der katholischen Kirchengemeinde St. Martinus wird im Lorenz-Jaeger-Haus in der OT offene Kinder- und Jugendarbeit geleistet. Zudem bietet das Gebäude Räumlichkeiten für die Gemeindearbeit und für kirchliche Gruppen.

Schriftzug und Stele verschwinden

Es sei nicht angemessen, „dass ein Haus, in dem Jugendarbeit stattfindet, den Namen einer Person trägt, die sich im Umgang mit Missbrauchstätern und deren Opfer falsch verhalten hat“, so Hammer. „Für Missbrauchsopfer ist der bisherige Name des Gebäudes eine bleibende Provokation.“ Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand hätten das Thema intensiv diskutiert und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, doch am Ende sei das Votum einstimmig gewesen.

Der Schriftzug „Lorenz-Jaeger-Haus“ an der Fassade soll möglichst schon in den nächsten Wochen entfernt werden. Auch die Stele, die an den früheren Paderborner Erzbischof erinnert, der als Kind in Olpe lebte, soll demontiert werden.

Der Name Lorenz-Jaeger-Haus ist in Olpe bald Geschichte. Das Gebäude wird umbenannt. von Wolfgang Schneider
Der Name Lorenz-Jaeger-Haus ist in Olpe bald Geschichte. Das Gebäude wird umbenannt. © Wolfgang Schneider

Angesichts der jetzigen Erkenntnisse über das gravierende persönliche Fehlverhalten von Erzbischof Jaeger sei es angemessen, den Namen des Hauses zu ändern. „Dadurch kann der Missbrauch an Minderjährigen und Schutzbefohlenen nicht rückgängig gemacht werden. Leider sind die Opfer in der Vergangenheit nicht umfassend wahrgenommen worden. Stattdessen wurden die Täter vielfach geschützt, um das Ansehen der Institution Kirche zu wahren“, betonte Pfarrer Hammer. „Wir müssen unsere Perspektive ändern und die Blickrichtung der Opfer einnehmen“, appellierte er.

Allerdings wollen die Olper Kirchengremien nicht völlig den Stab über Lorenz Jaeger (1982-1975) brechen, denn bei allen Verfehlungen müsse man auch die große Lebensleistung des Kardinals und Erzbischofs sehen.

Pfarrer Johannes Hammer (li.), Andrea Hoffmann (Vorsitzende Gesamtpfarrgemeinderat) und Peter Paul Lubig (Vorsitzender des Kirchenvorstands St. Martinus) am Eingang des Gebäudes. von Wolfgang Schneider
Pfarrer Johannes Hammer (li.), Andrea Hoffmann (Vorsitzende Gesamtpfarrgemeinderat) und Peter Paul Lubig (Vorsitzender des Kirchenvorstands St. Martinus) am Eingang des Gebäudes. © Wolfgang Schneider

Deshalb soll im Gemeindezentrum St. Martinus bzw. in der OT Olpe eine Schautafel an Jaeger erinnern, die seine Biografie und sein Lebenswerk darstellt und erklärt, wie es zur Umbenennung des Gebäudes gekommen ist. „Es ist ja nicht so, dass Kardinal Jaeger alles falsch gemacht hat. Das letzte Urteil steht aus christlicher Sicht allein Gott zu“, findet Pfarrer Hammer.

Die Schautafel soll in Abstimmung mit der Betroffenenvertretung des Erzbistums gestaltet werden. Somit kann auch der Olper Heinrich Maiworm, der der Betroffenenvertretung angehört, ein Wort mitreden. Über eines seien sich die Gremien der katholischen Kirche in Olpe einig, sagte Pfarrer Hammer: „Die Namensänderung kann Geschichte nicht ungeschehen machen. Aber wir erhoffen uns dadurch einen offenen Dialog über die Geschehnisse der Vergangenheit und deren Aufarbeitung.“

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