Erstkommunion ohne Bombenangriff und kurz vor Einmarsch der US-Soldaten

Weißer Sonntag in Krisenzeiten - Hans Stupperich erinnert sich


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Auf dem Hof Mester in Oberveischede feierte Hans Stupperich vor 75 Jahren seine Erstkommunion. von privat
Auf dem Hof Mester in Oberveischede feierte Hans Stupperich vor 75 Jahren seine Erstkommunion. © privat

Oberveischede. Der Weiße Sonntag ist der Sonntag nach Ostern und in der katholischen Kirche traditionell der Tag der Erstkommunion. Das ist wegen der Corona-Krise diesmal nicht der Fall. Was es heißt, den Weißen Sonntag in Krisenzeiten zu feiern, das weiß Hans Stupperich noch gut.


Seine Erstkommunion fand im Kriegsjahr 1945 am 8. April in Oberveischede statt - zwei Tage bevor die US-Soldaten ins Dorf  einzogen. Die wenigen Kinder waren in dieser unruhigen Zeit vom Pastor und  von der Dorfschullehrerin Maria Lenze auf die Erstkommunion vorbereitet worden. Flugzeuggeschwader am Himmel und die ständige Bedrohung waren für alle zum Alltag geworden.
Euch wird nichts passieren
„An eurem Kommuniontag wird euch nichts passieren“ hatte der Priester gesagt und den Kindern gaben diese Worte Sicherheit. In Olpe, wo Hans Stupperich normalerweise lebte, hatte man die Erstkommunion auf Fronleichnam verlegt. Dort war am 28. März die Innenstadt samt Kirche verwüstet worden und viele Menschen waren im Bombenhagel gestorben.

„Am Tag meiner Erstkommunion fand tatsächlich kein einziger Luftangriff statt“, erinnert sich Hans Stupperich. Der Himmel war strahlend blau und man konnte auch Fliegerverbände sehen. Bedrohlich haben wir das aber nicht empfunden, „uns konnte ja nichts geschehen“.
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Hans war mit Bruder, Schwester und Mutter seit Monaten von Olpe zu „Mesters“ Oma auf den Hof in Oberveischede gezogen. Zum einen, weil sich die kleine Familie dort sicherer fühlte. Zum anderen war die Ernährung auf einem Bauernhof besser. Die Männer waren fast alle im Krieg.

Seine Erstkommunion feierte er deshalb nur mit seiner Mutter, Geschwistern, Oma und einigen Tanten. Ausgestattet, so gut es zu jener Zeit möglich war, fand sie statt. Hans Stupperich erinnert sich: „Sogar eine große Kommunionkerze hatte ich. Geschenke gab es nur in sehr bescheidenem Rahmen. Ich bekam auch etwas Geld, mit dem ich mein Sparschwein gefüttert habe“.
Der erste Dunkelhäutige
Die Ernüchterung nach dem Fest ließ nicht lange auf sich warten: Schon zwei Tage später, am 10. April, hielten die US-Soldaten Einzug in Oberveischede. „Wir hatten uns im Keller versteckt und beteten. Ich hatte riesige Angst, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und ein Soldat mit einer MP im Anschlag vor uns stand. Er war der erste Dunkelhäutige, den ich im Leben gesehen habe. Als er uns verängstigte Frauen und Kinder sah, lächelte er uns an.  Da war für mich der Krieg vorbei!“

In Mesters Hof bezogen die amerikanischen Soldaten  ihr Quartier. Stupperich: „Wir fanden Zuflucht im Nachbarhaus bei Rosen. Ich weiß noch, dass vor Mesters Hof viele Militärfahrzeuge  standen. Zu uns Kindern waren die Soldaten freundlich, wir strolchten zwischen Panzern und Jeeps herum und erbettelten von ihnen chewing gum, chocolate und white bread.
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Als die Amerikaner abzogen und die Familie ins Haus zurück durfte, war vieles unordentlich und verschwunden. „Sogar meine Kommunionkerze war bis auf einen kleinen Rest abgebrannt. Und mit den wenigen Geldscheinen aus meinem Sparschwein hatten die sich wohl ihre Zigaretten angezündet.“

„Ja, jetzt sind auch böse  Zeiten“, sinniert Hans Stupperich, der viele Jahre als Lehrer in Olpe gearbeitet hat. „Die Kommunionfeiern sind ja überall abgesagt. Aber, ebenso wie damals, wird nach der Corona-Pandemie hoffentlich alles wieder gut!“
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