Eine Win-win-win-Situation

Erfolgreiches Projekt: Rainer Sommer arbeitet seit sechs Jahren bei Bäckerei Sangermann


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Andreas Mönig, Leiter der Werthmann-Werkstätten, Bäckermeister Georg Sangermann, Rainer Sommer und die Integrationsfachkraft der Werthmann-Werkstätten, Kerstin Cremer, (von links) freuen sich über die Erfolgsgeschichte des betriebsintegrierten Arbeitsplatzes. Mit speziellen Brötchen- und Backwarentüten wird derzeit auf die fruchtbare Aktion aufmerksam gemacht. von Werthmann-Werkstätten
Andreas Mönig, Leiter der Werthmann-Werkstätten, Bäckermeister Georg Sangermann, Rainer Sommer und die Integrationsfachkraft der Werthmann-Werkstätten, Kerstin Cremer, (von links) freuen sich über die Erfolgsgeschichte des betriebsintegrierten Arbeitsplatzes. Mit speziellen Brötchen- und Backwarentüten wird derzeit auf die fruchtbare Aktion aufmerksam gemacht. © Werthmann-Werkstätten

„Gemeinsam kriegen wir viel gebacken“: Die Aufschrift und das Foto des Backstuben-Teams auf der neuen Brötchen- und Backwarentüte der Landbäckerei Sangermann in Oberveischede drücken prägnant eine Erfolgsgeschichte aus: Seit sechs Jahren machen die Bäckerei und die Werthmann-Werkstätten Inklusion durch einen betriebsintegrierten Arbeitsplatz möglich.


Bäckermeister Georg Sangermann war seinerzeit zunächst skeptisch, als die Werthmann-Werkstätten nach einem externen Arbeitsplatz für Rainer Sommer fragten. Der heute 38-Jährige hatte in seiner Jugendzeit eine Bäckerlehre in einem Betrieb im Raum Kirchhundem abgeschlossen. Wegen psychischer Probleme kam er in die Abteilung Olpe der Werthmann-Werkstätten, wo er im Bereich Hauswirtschaft arbeitete. Doch seine Betreuer erkannten schnell, dass sein erlernter Beruf sein Traumberuf war. So war die Freude groß, als Georg Sangermann ihm die Chance gab, in seiner Backstube zu arbeiten. Während des vorangegangenen Praktikums wurde Rainer Sommer deutlich, dass der frühe Arbeitsbeginn um 3 Uhr für ihn nicht zu schaffen war. Ihm fehlten die geordneten Strukturen des Tagesablaufs in der Werkstatt, er wurde immer stiller. Gemeinsam mit der zuständigen Integrationsfachkraft der Werthmann-Werkstätten, Kerstin Cremer, suchte Georg Sangermann nach einer Lösung.
Voll ins Team integriert
Das Experiment, ihn erst ab 6.30 Uhr zu beschäftigen, hat der Obermeister der Bäckerinnung Westfalen-Süd trotz anfänglicher Bedenken nie bereut: „Rainer hat sich toll eingearbeitet. Er ist mittendrin im Team und hat immer gute Laune. Er macht einen Super-Job und arbeitet auch selbständig. Wenn für die Filialen nachgebacken oder für Sonderveranstaltungen wie Beerdigungen gebacken werden muss, haben die Gesellen oft schon frei. Dann regelt Rainer das. Seit Anfang August haben bei uns fünf neue Auszubildende begonnen. Ihnen kann er bereits viel zeigen.“ Rainer Sommer weiß sein Glück zu schätzen. Aufgrund fehlender ÖPNV-Verbindungen zu dieser Tageszeit wird er von den Fahrern der Brötchen-Tour in Olpe abgeholt und zu seiner Arbeitsstätte gefahren. „Es klappt hier ganz gut, und ich habe viel Abwechslung.“ Nachmittags fährt er mit dem Bus zurück in die Kreisstadt. Dort lebt er allein in einer Wohnung, in der er ambulant betreut wird. Seinen Haushalt erledigt er ganz alleine, und Langeweile ist für ihn ein Fremdwort. Er ist viel unterwegs mit seinen Freunden aus der Werkstatt, hat einen Faible für die neuesten Filme und liest sehr gerne.
Engagement auch nach Feierabend
„Er weiß genau, was in der Welt passiert. Er kennt jeden Ort im Kreis Olpe und sämtliche Busfahrpläne“, weiß Sangermann. Gerne ist Rainer nach Feierabend auch bereit, Lieferfahrten zu begleiten. Wenn die für den Verkauf zuständige Carmen Volmer die sechs Filialen aufsucht, ist er liebend gerne dabei. Er liebt „die Lädchen“, wie er sie nennt. Georg Sangermann ist sehr froh, mit Rainer Sommer einen äußerst engagierten, hilfsbereiten und zuvorkommenden Mitarbeiter gewonnen zu haben. Auch die 65 Angestellten mögen und schätzen Rainer. „Er ist immer dabei, beim Betriebsausflug, beim Karneval in Attendorn, beim Schützenfest in Oberveischede und bei der Wanderung am 1. Mai. Er kennt auch meinen Motorradclub inzwischen sehr gut“, so Sangermann.
Regulärer Arbeitsplatz immer Ziel der Einrichtung
Nach sechs Jahren Erfahrung kann Bäckermeister Sangermann mit Überzeugung sagen: „Der betriebsintegrierte Arbeitsplatz von Rainer ist eine Erfolgsgeschichte.“ Darüber freute sich Andreas Mönig, Leiter der Werthmann-Werkstätten. „Es ist unser Ziel, Menschen mit Behinderungen auf einen regulären Arbeitsplatz zu vermitteln. Der betriebsintegrierte Arbeitsplatz ist die Vorstufe zur sozialversicherungspflichtigen Anstellung. Das Beispiel Rainer zeigt eine ‚Win-win-win-Situation‘ auf. Der Beschäftigte habe durch die Aufnahme, das Arbeiten im Team und die teilweise selbständige Arbeit ein gesteigertes Selbstwertgefühl, das Unternehmen hat durch den sozialen Auftrag eine Unterstützungskraft gewonnen, so Mönig weiter. „Für die Werkstätten ist jede Besetzung eines betriebsintegrierten Arbeitsplatzes ein Erfolg. Dies ist praktizierte Inklusion.“(LP)
Brötchen-Tüten sollen weitere Betriebe vom Projekt überzeugen
Andreas Mönig würde sich freuen, wenn mehr Betriebe Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit geben, betriebsintegriert zu arbeiten. Derzeit befinden sich 35 Mitarbeiter der Werthmann-Werkstätten in externen Beschäftigungsverhältnissen. Mit der neuen Brötchen- und Backwarentüte, die ab Ende August in allen sechs Filialen der Landbäckerei Sangermann ausgegeben wird, soll auf die fruchtbare Aktion hingewiesen werden. „Wir hoffen, dass Menschen, die in Büros und anderen Einrichtungen arbeiten, noch mehr aufmerksam werden und sich bereit erklären, in ihren Betrieben und Einrichtungen betriebsintegrierte Arbeitsplätze einzurichten“, so Andreas Mönig. „Während der sieben- bis achtwöchigen Zeit des Praktikums versuchen unsere Integrationsfachkräfte dann, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber das optimale Angebot zu erarbeiten, um erneut den Startschuss für eine Erfolgsgeschichte zu geben.“ Weitere Infos über www.werthmann-werkstaetten.de
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