Christin-Marie Stamm: „Natürlich kommt es zu Generationenkonflikten“

Olpes neue SPD-Vorsitzende im Interview


  • Olpe, 28.04.2018
  • Von Sven Prillwitz
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    Redaktion

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Die neue Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, Christin-Marie Stamm, mit ihrem Vorgänger Wolfgang Wigger. von Berthold Stamm
Die neue Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, Christin-Marie Stamm, mit ihrem Vorgänger Wolfgang Wigger. © Berthold Stamm

Olpe. Eine 26-Jährige führt den SPD-Ortsverein Olpe seit kurzem an: Christin-Marie Stamm ist bei der Jahreshauptversammlung der Sozialdemokraten zur neuen Vorsitzenden gewählt worden. Die Kreisvorsitzende der Jusos löste Wolfgang Wigger ab, der sein Amt nach zehn Jahren zur Verfügung gestellt hatte. LokalPlus-Redakteur Sven Prillwitz hat mit Christin-Marie Stamm über Ziele und Durchsetzungsvermögen, ihr ebenfalls neues Mandat für den Stadtrat und die SPD-Krise gesprochen.


Darf man sich mit Ihnen als junger SPD-Chefin jetzt auf frischen sozialdemokratischen Wind in und für Olpe einstellen? 

Ja das darf man mit Sicherheit. Die SPD hat in den letzten Jahrzehnten in Olpe gute Arbeit geleistet, auf die ich mich auch stützen werde. Hier konnte ich bereits als stellvertretende Vorsitzende viel lernen. Ich möchte das Rad in Zukunft nicht komplett neu erfinden und werde die Arbeit der letzten Jahre hoffentlich gut weiterführen. Mit Sicherheit wird es an der einen oder anderen Stelle auch frische und neue Ideen geben. 

Welche Themen und Ziele liegen Ihnen denn für die Kreisstadt besonders am Herzen? 

Besonders wichtig ist für mich, dass meine Heimatstadt für die Menschen auch in Zukunft ein attraktiver Wohnort und Lebensmittelpunkt bleibt. Hierzu zählt vor allem bezahlbarer Wohnraum für Jung und Alt, die medizinische Versorgung durch Ärzte im ländlichen Raum, die Förderung von Sport und Kultur und natürlich noch mehr. Themen, die mir außerdem am Herzen liegen, sind beispielsweise ausreichende Kindergartenplätze vor Ort und in den Dörfern, sodass Frauen und Männer unbesorgt ihre Arbeit wieder aufnehmen können. 

Außerdem sind mir gut ausgestattete Schulen mit einer akzeptablen Menge an Lehrern in Olpe wichtig. Nicht vergessen werden darf das Thema Infrastruktur, wie beispielsweise schnelles Internet im Stadtkern und auf unseren Dörfern. Denn dies ist ein enormer Standortfaktor für die Neuansiedlung von Firmen und die Wahl des Wohnorts.
„Mein Engagement spricht für mich“
Wie schaffen Sie es als eines der jüngsten SPD-Mitglieder, alteingesessene Mitglieder von Ihren Ideen zu überzeugen?

Mein persönliches Engagement spricht für mich. Ich bringe mich aktiv in die Parteiarbeit ein. Hierzu gehört auch das persönliche Gespräch mit älteren Genossen. Zuhören, was diese zu sagen haben und ihre Meinungen zu akzeptieren, ist wichtig.

Keinerlei Bedenken, dass es zu Generationenkonflikten kommen könnte? 

Natürlich kommt es zu Generationenkonflikten. Das ist ganz normal und muss auch so sein. Über Meinungsverschiedenheiten wird sachlich diskutiert.  

Neben Ihrer neuen Funktion im SPD-Stadtverband sind Sie bereits Vorsitzende der Jusos im Kreis Olpe und sitzen für die SPD im Kreistag. Im Sommer rücken Sie für Peter Susel (Umzug) außerdem als neues SPD-Ratsmitglied nach. Und nebenbei studieren Sie auch noch an der Uni Siegen. Haben Sie überhaupt noch Freizeit? 

Organisation ist das halbe Leben. Außerdem bin ich ja kein Alleindarsteller, sondern ich habe einen gut funktionierenden Ortsverein hinter mir, mit welchem ich zusammen arbeite. In der Politik ist Teamarbeit gefragt. Und wenn doch mal alles wieder zusammenkommt, gibt mir meine Familie Rückhalt. 

Selbstverständlich habe ich Freizeit, ich reise und fotografiere gerne. Besonders freue ich mich natürlich auf die anstehende Schützenfestzeit. Eines meiner liebsten Hobbys ist Motorradfahren. Ich mache zurzeit den Motorradführerschein.
„Anpacken statt meckern“
Nach wie vor ist von einer starken Politikverdrossenheit in Deutschland die Rede, besonders bei jungen Menschen. Wie nehmen Sie das als absolutes Gegenbeispiel wahr und was treibt Sie an?

Ich denke schon, dass sich viele junge Menschen für Politik interessieren. Leider haben viele Menschen das Vertrauen in die Politik verloren, was ich teilweise nachvollziehen kann. Es werden Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten werden. Viele junge Menschen fühlen sich von der Politik nicht ernstgenommen und überhört. Themen, die besonders junge Menschen betreffen, werden oft nicht genügend behandelt. Hierzu zählt beispielsweise die nicht gerechtfertigte Befristung von Arbeitsverträgen und somit Ungewissheit für die Zukunft von jungen Menschen. 

Es macht mir Spaß, mich aktiv einzubringen und die Probleme anzupacken, anstatt darüber zu meckern.

Auch wenn es noch fast zweieinhalb Jahre dauert: Was erhoffen und/oder versprechen Sie sich von der Kommunalwahl 2020?

Ich hoffe, wir können unsere Anzahl an Mitgliedern im Stadtrat und Kreistag halten. Noch schöner wäre es jedoch, Plätze hinzuzugewinnen und noch mehr Bürger in Olpe von der SPD zu überzeugen. Ich wünsche mir, dass unser Rat und Kreistag frei von rechter Gesinnung bleiben.
Nahles-Wahl „gilt es zu akzeptieren“
Ihr Vorgänger als Chef der Olper SPD, Wolfgang Wigger, hat sein Amt nach eigenen Angaben in erster Linie aus dem Grund zur Verfügung gestellt, dass Andrea Nahles zur neuen Bundesvorsitzenden der SPD gewählt wurde. Wie stehen Sie zur neuen Partei-Chefin? 

Meine Stimme hätte sie nicht bekommen, aber sie wurde vom SPD-Parteitag gewählt, und dies gilt es zu akzeptieren.

Nochmal Bundespolitik. Nur 20,5 Prozent der Stimmen bei der Bundestagswahl, die Diskussionen um Kanzlerkandidat Martin Schulz, das Aus für Sigmar Gabriel im Bundeskabinett, der bundesweite interne Streit in Sachen Fortsetzung der Großen Koalition: Die SPD wirkt angeschlagen, teilweise orientierungslos. Sind Sie optimistisch, dass Ihre Partei auf Bundesebene wieder zu alter Stärke zurückfindet?

Wenn ich das nicht wäre, wäre ich nicht Vorsitzende des SPD-Ortsvereins in Olpe geworden.

Haben Sie politische Ziele, die über die Kommunalpolitik hinausgehen?

Ich konnte schon viel Erfahrung außerhalb der Kommunalpolitik sammeln. Hierzu gehören beispielsweise meine Delegation zum SPD-Parteikonvent und -Landesparteitag. Außerdem konnte ich als Mitarbeiterin während meines Studiums bei der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Petra Crone Einblick in die Bundespolitik bekommen. Mein Netzwerk zu Genossinnen und Genossen reicht über den Kreis Olpe hinaus. 

Sie erleben ein politisch aufregendes Jahr. Was muss passieren, damit Sie am Silvesterabend sagen können, dass es auch ein für Sie erfolgreiches Jahr war?

Ich lasse das Jahr auf mich zukommen und hoffe, dass wir das ein oder andere Mitglied dazu gewinnen können.
Zur Person: Christin-Marie Stamm
  • Alter: 26
  • Geburtsort: Olpe
  • Beruf: Studentin an der Universität Siegen (Wirtschaftsrecht)
  • Mitglied der SPD seit 2010
  • Vorsitz bei den Jusos im Kreis Olpe seit 2013
  • seit 2014 für die SPD im Kreistag
  • seit April 2018 Vorsitzende der SPD Olpe
  • ab Sommer 2018 Mitglied der SPD-Ratsfraktion
  • Hobbys: Reisen, Fotografieren, Politik
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