Buch-Debüt: Wie ich als blinder Richter Menschen begegne

Olper Amtsrichter André Stahl erzählt von seinen Fällen


  • Olpe, 05.03.2024
  • Kultur
  • Von Claudia Wichtmann
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Der blinde Richter André Stahl arbeitet am Olper Amtsgericht und hat nun sein erstes Buch veröffentlicht. von privat
Der blinde Richter André Stahl arbeitet am Olper Amtsgericht und hat nun sein erstes Buch veröffentlicht. © privat

Olpe. „Von einigen dieser Menschen auf dem Abstellgleis möchte ich erzählen. Von Menschen, die nicht so perfekt sind, wie die Gesellschaft sie gerne hätte.“ So schreibt André Stahl in seinem Buch „Ohne Ansehen der Person – Wie ich als blinder Richter Menschen begegne“. Er ist Betreuungsrichter am Amtsgericht Olpe (LokalPlus berichtete) und kam mit einer starken Sehbeeinträchtigung auf die Welt. Sein erstes Buch ist Anfang des Jahres erschienen.


André Stahl erzählt darin von zahlreichen Begegnungen mit Menschen, die es aus unterschiedlichen Gründen schwer haben im Leben. Für sie muss er Entscheidungen treffen, weil sie psychisch oder physisch dazu nicht in der Lage sind. Wenn es nötig ist, muss er auch über deren Freiheitsentziehung entscheiden.

Keine leichte Aufgabe, wie man in seinem Buch erfährt. Er begegnet Menschen, die ihm mit Zweifeln entgegen treten, Menschen, die für Manche vielleicht bemitleidenswert sind oder von der Gesellschaft sogar missachtet. André Stahl bringt ihnen Respekt und Verständnis entgegen.

„Diese Menschen leben unter uns, sind unsere Kinder, Eltern, Geschwister, Freunde, Nachbarn oder Kollegen. All diese Menschen haben Geschichten zu erzählen, die es wert sind, gehört zu werden“, schreibt er in seinem Buch.

Einfühlsam und humorvoll

André Stahl kann viele Probleme der Menschen, über deren Schicksal er entscheidet, nachfühlen. Der 35-Jährige musste für seine gesellschaftliche Anerkennung und seinen Lebensweg mehr kämpfen, als nicht behinderte Menschen. Er gilt als gesetzlich blind, auf einem Auge hat er kein Sehvermögen, auf dem anderen einen minimalen Sehrest. -

Das Buch des Olper Amtsrichters André Stahl: Ohne Ansehen der Person - Wie ich als blinder Richter Menschen begegne von privat
Das Buch des Olper Amtsrichters André Stahl: Ohne Ansehen der Person - Wie ich als blinder Richter Menschen begegne © privat

Einfühlsam gibt er in seinem Buch tiefe Einblicke in das Leben der Menschen, über die er entscheiden muss, erklärt verständlich die für Laien manchmal unergründlichen Wege der Justiz und erzählt aus seinem Leben. Von den Schwierigkeiten und auch von den schönen Seiten.

Er schreibt mal anrührend, mal tiefgründig, mal unterhaltsam. „Am Steuer sitze ich daher nur in den Alpträumen meiner Mutter, wobei ich nicht ohne Stolz anmerken möchte, dass ich dort stets unfallfrei fahre – vorausgesetzt, meine Mutter wacht rechtzeitig auf.“

„Das Schreiben ging leicht von der Hand“

Immer ist er dem Menschen wohlgesonnen. „Und wenn wir auf unseren Wegen einem anderen Menschen begegnen, sollten wir freundlich zu ihm sein. Denn wir wissen nie, auf welchem Abschnitt seines Weges er gerade unterwegs ist und welche Kämpfe er dort auszufechten hat.“

Knapp eineinhalb Jahre hat André Stahl insgesamt an seinem Buch gearbeitet. „Das Schreiben hat mir sehr viel Spaß gemacht und ging leicht von der Hand.“ Für den Schreibprozess selbst habe er nur wenige Monate gebraucht, während der Verlagssuche habe er das Buch immer wieder überarbeitet.

„Ich wünsche mir, dass wir alle, wenn es so weit ist, unsere Träume verwirklicht und die Zeit, die uns gegeben wurde, weise eingesetzt haben,“ schreibt er im Schlusswort seines Buches. So hat er mit diesem Buch selbst einen seiner Träume verwirklicht und ist damit und mit seinen Geschichten und Ideen vom Leben vielleicht auch eine Inspiration für andere.

Infos zum Buch und Autor

André Stahl

Ohne Ansehen der Person - Wie ich als blinder Richter Menschen begegne

Gebunden, Hardcover, 280 Seiten, 21.5x13.5 cm

ISBN: 978-3-98790-033-4

Erschienen im Bonifatius Verlag

Preis: 22 Euro

Erhältlich im Buchhandel oder über www.bonifatius-verlag.de/shop/ohne-ansehen-der-person/

Über den Autor:

Dr. André Stahl, geb. 1988 in Gummersbach, kam mit einer starken Sehbeeinträchtigung auf die Welt: auf einem Auge komplett blind, auf dem anderen fast. Er machte sein Abitur, studierte danach in Münster Rechtswissenschaften und promovierte. Heute ist er Betreuungsrichter am Amtsgericht Olpe.

Mehr zu André Stahl gibt es hier: Blinder Richter - Entscheiden ohne Ansehen der Person

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