Autobahn, Industrie, Windkraft: Saßmicker wollen nicht der Schuhabstreifer für alles sein

Ortsvorsteherin beklagt Verlust an Lebensqualität


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Ortsvorsteherin Sandra Kurz-Schneider erläuterte den Versammlungsteilnehmern auf dem Schützenplatz die Belastungen des Ortes. von Wolfgang Schneider
Ortsvorsteherin Sandra Kurz-Schneider erläuterte den Versammlungsteilnehmern auf dem Schützenplatz die Belastungen des Ortes. © Wolfgang Schneider

Saßmicke. Gewerbegebiete rund um den Ort, zwei Autobahnen in Sichtweite und jetzt noch Pläne für einen Windpark in der Nähe. Den Einwohnern von Saßmicke reicht es. Das wurde in der Bürgerversammlung am Montagabend, 6. Mai, mehr als deutlich.


Ortsvorsteherin Sandra Kurz-Schneider brachte die Stimmung vieler Einwohner des südlichsten Olper Stadtteils auf den Punkt: „Andere Ortschaften schauen ins Grüne, wir auf Leuchtreklamen und Industriegebäude. Laut Straßen.NRW sind wir die am stärksten belastete Ortschaft des Abschnitts an der A 45. Wir haben bereits erheblich an Lebensqualität verloren. Muss Saßmicke der Schuhabstreifer für alle sein – doch wohl nicht.“
„Können und wollen nicht noch mehr leisten“
In ihrem engagierten Statement verwies die Ortsvorsteherin auf die Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte. „Die Fastfood-Restaurants in der Nähe haben nicht nur Burger mitgebracht, sondern auch ganz viel Müll, der überall hier umherfliegt. Es sind immer mehr Gewerbegebiete dazugekommen, außerdem der Weiterbau der A 4. Demnächst droht das Gewerbegebiet Ruttenberg im Süden und die riesigen Windräder im derzeit einzig noch unverbauten Westen.“

Hinzu komme der in den nächsten Jahren anstehende Ausbau der A 45, der den Ort enorm belasten werden. Schon jetzt sei die Schmerzgrenze für die Einwohner mehr als überschritten, klagte Kurz-Schneider: „Wir können und wollen hier nicht noch mehr leisten“.

Im Mittelpunkt des Abends standen vor allem die Pläne für einen Windpark an der A 4 mit sechs knapp 250 Meter hohen Windenergieanlagen (LokalPlus berichtete). Olpes Bürgermeister Peter Weber machte in einer ausführlichen Stellungnahme deutlich, dass die Stadt die Pläne der Windpark-Investoren nicht einfach ablehnen könne, sondern an die gesetzlichen Vorgaben von Bund und Land gebunden sei. „Windkraftanlagen sind privilegiert und damit grundsätzlich zulässig. Es geht nicht um das ob, sondern um das wie und wo“, erklärte er.
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Da die Stadt in ihrem Flächennutzungsplan zwei Konzentrationszonen für Windenergie (Rehringhauser und Neuenkleusheimer Weidekämpe) ausgewiesen habe, werde sie zu den Windkraftanlagen an der Stadtgrenze zu Wenden und Drolshagen ihr Einverständnis nicht erteilen, kündigte der Bürgermeister an. „Ich bin mir sicher, dass der Kreis den Bauantrag ablehnen wird. Was dann aber bei einer Klage der Investoren vor Gericht herauskommt, ist ungewiss.“

Innerhalb des Dorfes gibt es konträre Meinungen. Die Mitglieder der Waldgenossenschaft haben dem Pachtvertrag mit den Windpark-Investoren zugestimmt, weil sie dadurch Geld verdienen. Viele andere Bürger fürchten Beeinträchtigen durch die Windräder und lehnen sie ab. „Das Thema ist leider geeignet, ein Dorf auseinander zu dividieren“, räumte Bürgermeister Weber ein – und appellierte: „Passen Sie auf, dass sich die Dorfgemeinschaft nicht zerstreitet, sondern gehen Sie vernünftig miteinander um.“
Bürgerinitiative vor Gründung
Unterdessen suchen die Gegner des Windparks aus den drei betroffenen Kommunen Olpe, Wenden und Drolshagen den Schulterschluss. Sie haben für Dienstagabend, 7. Mai, zu einem Treffen in Schönau eingeladen, um eine Bürgerinitiative zu gründen.

Neben dem Windpark befürchten die Saßmicker weitere Beeinträchtigungen durch das geplante interkommunale Gewerbegebiet Ruttenberg im benachbarten Gerlingen. Derzeit wird geprüft, ob und wie es verkehrlich erschlossen werden kann. Pläne, eine Erschließungsstraße nahe an Saßmicke vorbei zu bauen, sind zwar laut Bürgermeister Weber vom Tisch.
Alle zehn Jahre neues Knallbonbon
Doch Ortsvorsteherin Sandra Kurz-Schneider bleibt skeptisch: „Alle zehn Jahre gibt es ein neues Knallbonbon für Saßmicke. Halten Sie uns den Ruttenberg vom Tisch!“, appellierte sie, um mit einem emotionalen Statement die Diskussion abzuschließen: „Ich wollte eigentlich mein Leben lang hier in Saßmicke leben. Mittlerweile möchte ich das gar nicht mehr.“
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