Familie Fischbach tankt das Elektroauto mit Sonnenlicht vom Dach

„Solarpioniere“ in Oberveischede


  • Olpe, 05.05.2018
  • Von Sven Prillwitz
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Voll und ganz überzeugt vom "elektronischen" Zweitwagen der Familie: Jannik Fischbach. von Sven Prillwitz
Voll und ganz überzeugt vom "elektronischen" Zweitwagen der Familie: Jannik Fischbach. © Sven Prillwitz

Oberveischede. Erst kam das Elektroauto, dann die Photovoltaikanlage: Familie Fischbach aus Oberveischede setzt verstärkt auf Strom aus Sonnenenergie. Ein Grund dafür: ökologisches Bewusstsein. Ein anderer: eine gewisse Experimentierfreude mit Solarenergie. Die Experimentierfreude ist mittlerweile voller Überzeugung gewichen. Ein Ortstermin im Haus der „Solarpioniere“.


Im November 2017 ließ die Familie eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Hauses installieren. Die Sonnenkollektoren decken eine Fläche von 58 Quadratmetern ab. Von Januar bis April gewann der vierköpfige Haushalt damit rund 2100 Kilowattstunden (kwh) Strom aus Sonnenenergie – und deckte damit 64 Prozent des gesamten eigenen Stromverbrauchs ab. Von November bis April lag der „Autarkiegrad“, also die Eigenversorgung mit Solarstrom, bei 48,4 Prozent. Zahlen, die sich technisch jederzeit über eine App abrufen lassen und viertelstündlich aktualisiert werden.

Treibende Kräfte hinter der Anschaffung waren Jürgen Fischbach und sein Sohn Jannik. „Wir haben uns von Anfang an sehr für das Thema interessiert. Wir denken umweltbewusst und dass Ressourcen bewusst verbraucht werden sollten“, sagt Jannik Fischbach. Zumal der jährliche Strombedarf in dem Vier-Personen-Haushalt wegen der Arbeit mit und Herstellung von Print-und Medienprodukten deutlich über dem Durchschnittsbedarf von 4000 kwh liege.
Batterie speichert Teil der Sonnenenergie
Die Solarzellen auf dem Dach sind nach Ost und West ausgerichtet. Bedeutet: Mittags liefert die Anlage den meisten Strom, da die Solarzellen auf beiden Seiten Sonnenlicht speichern. Morgens und nachmittags liefert die Sonne aber ebenfalls bereits Energie. „Optimal für den Eigenverbrauch“, sagt Martin Halbrügge, Energieberater bei der Verbraucherzentrale mit Sitz in Lennestadt-Altenhundem. Denn morgens und ab dem Nachmittag würde Strom in Haushalten ohnehin vermehrt verbraucht werden.

Und: Durch die morgendliche Sonneneinstrahlung könne auch der im Lagerraum untergebrachte Batteriespeicher für den Tag aufgeladen werden, in dem bis zu 7,5 Kilowattstunden zwischengespeichert werden können für die eigene Nutzung. Die Solarenergie, die die Familie über den Tag nicht selbst nutzt, wird in das Verbundnetz eingespeist.
Bis zu 60 Prozent Strom aus Sonnenlicht
50 bis 60 Prozent des gesamten jährlichen Stromverbrauchs werde die Familie Fischbach aus der Solaranlage aus dem Dach mit Hilfe des Batteriespeichers beziehen können, prophezeit Halbrügge. Zumal die sonnigen Monate ja jetzt erst beginnen. „Wir achten mittlerweile genau darauf, wann wir die Spül- oder die Waschmaschine einschalten“, sagt Marianne Fischbach. „Man wird bewusster in Sachen Energieverbrauch.“ Die Familie speist über die gewonnene Solarenergie den Stromverbrauch, die Wärmepumpe des Hauses – und auch das Elektroauto.
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Das Fahrzeug, ein BMW i3, haben die Fischbachs geleast. Über eine Dauer von 1,5 Jahren. Um zu testen, ob sich ein Elektroauto rentiert. Tut es. Weshalb die Familie laut Marianne Fischbach sogar darüber nachdenkt, ein Elektroauto zu kaufen. Nach den Erfahrungen der Familie ergibt sich folgende Rechnung: Eine Strecke von 100 Kilometer zurückzulegen, kostet etwa 3 Euro mit Strom und 6 Euro mit Sprit. Anders als bei herkömmlichen Autos fallen beim Elektroauto dank der Technologie allerdings Verschleißkosten etwa für Bremsen und Getriebe weg – und damit Instandhaltungs- und Wartungskosten.
Elektroauto: Jahreszeit bestimmt Reichweite mit
Und nicht nur das: Das Auto kann größtenteils mit Sonnenlicht getankt werden – über die Photovoltaikanlage. Rund 70 Prozent des Energiebedarfs für das E-Auto könne die Familie im Idealfall über die Solarzellen beziehen, sagt Martin Halbrügge von der Verbraucherzentrale. Wichtig dafür: das Auto morgens oder nachmittags mit dem aus der Photovoltaikanlage gewonnenen Strom aufzuladen.

Bis zu 22 Kilowattstunden fasst der Akku des der von der ganzen Familie genutzten BMW.  Damit komme man im Winter bis zu 100 Kilometer weit; im Sommer liege die maximale Reichweite bei rund 160 Kilometern, sagt Jannik Fischbach. Insgesamt 26.000 Kilometer hätten alle vier Familienmitglieder im gesamten Jahr 2017 mit dem Elektroauto zurückgelegt – und alle seien von dem neuen Fortbewegungsmittel und der neuen Fortbewegungsenergie überzeugt.
Die „Reichweitenangst“ fährt mit
„Das funktioniert super. Das Fahrgefühl ist viel angenehmer“, sagt Jannik Fischbach. Und das, obwohl vor allem in der Anfangszeit die „Reichweitenangst“ mitgespielt habe, wie es Marianne Fischbach nennt. Denn: Ist der Akku eines Elektroautos leer, bleibt das Fahrzeug stehen. Genau wie bei einem Auto mit Verbrennungsmotor zwar, aber eben mit dem Risiko der geringeren Reichweite und der noch eher ungewohnten Technologie.
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Aus diesem Grund sei immer ein Notstromkabel an Bord, sagt ihr Sohn, das notfalls auch an eine Haushaltssteckdose angeschlossen werden könne. Aber: Man gewöhne sich schnell daran, das Auto regelmäßig zu Hause aufzuladen. Und: „Man muss den Wagen als Fahrzeug für nahegelegene Ziele begreifen“, sagt Marianne Fischbach.

Das macht die Familie. Und kennt laut Jannik Fischbach mittlerweile auch die Standorte für E-Auto-Ladesäulen im Kreis Olpe und im Hochsauerlandkreis genau. Entsprechend sicherer werde man, wenn man sich hinter das Steuer des – im Vergleich zu einem herkömmlichen Auto – noch reichweitenbegrenzten Fahrzeugs setze. Apps, die Standorte von Ladestationen anzeigen, stellen – trotz Nachbesserungsbedarfs, wie Jannik Fischbach sagt – auch auf „fremden Terrain“ bereits eine große Hilfe da. Außerdem steige das Angebot an Ladesäulen.
Energieexperte: E-Auto wird sich durchsetzen
Weil sich das Elektroauto noch nicht durchgesetzt hat, weil das Angebot noch ausbaufähig ist und noch nicht für jedermann erschwinglich ist, sei im Falle der Familie Fischbach aus Oberveischede auch von „Solarpionieren“ die Rede, sagt Martin Halbrügge von der Verbraucherzentrale. Er ist zuversichtlich, dass sich Solarenergie und E-Autos aber durchsetzen werden, insbesondere bei Eigenheimbesitzern. Zumal auch die Akkuleistung von elektronisch betriebenen Autos und damit die Reichweite immer größer werde. Zudem gebe es mittlerweile Schnellladegeräte für Autos.

Innerhalb der Familie haben die Fischbachs übrigens schon den nächsten von der E-Mobilität überzeugt: Jürgen Fischbachs Vater, mittlerweile 80 Jahre alt, hat sich kürzlich ebenfalls ein Elektroauto zugelegt und ist damit auch ein Stückweit unter die „Solarpioniere“ gegangen.
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