IHK-Wirtschaftsgespräch: Online-Strategien für den Handel

Lennestadt will digitale Entwicklung vorantreiben


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IHK-Präsident Felix G. Hensel. von IHK Siegen
IHK-Präsident Felix G. Hensel. © IHK Siegen

Lennestadt. „Wenn wir mit der Entwicklung unserer Zentren weiterkommen wollen, müssen wir die Digitalisierung noch stärker zu unserem Thema machen“, stellte Bürgermeister Stefan Hundt jetzt klar, wohin die Reise für den Lennestädter Handel gehen müsse. Über eine entsprechende Strategie seien sich Stadtverwaltung, Stadtmarketing sowie die drei Werbegemeinschaften einig. „Das müssen wir jetzt erfolgreich kommunizieren.“ Das Thema Online-Handel nahm beim Wirtschaftsgespräch der IHK Siegen bei der Gustav Hensel GmbH & Co. KG breiten Raum ein.


„Ohne einen digitalen Fußabdruck laufen nicht nur Händler und Gastronomen Gefahr, nicht mehr wahrgenommen zu werden“, sagte IHK-Handelsreferent Marco Butz. Bereits dieses Jahr sollen im Nonfood-Bereich 44 Milliarden Euro online umgesetzt werden. Das entspreche etwa 8,5 Prozent des gesamten Handels in diesem Bereich – mit zunehmender Tendenz und vor allem dank einer deutlich gestiegenen Einkaufshäufigkeit im Online-Handel. Die Zahl der über das Internet getätigten Käufe steige um 10,4 Prozent, während die der stationären Käufe um 0,9 Prozent sinke. Zwar gingen die Online-Ausgaben laut Butz in den technischen Bereichen Foto, Computer, Musik und Software zurück, verzeichneten aber zugleich starkes Wachstum in Branchen, die bisher nicht unbedingt für Online-Handel gestanden hätten, z.B. Küchen/Möbel, Hobby, Garten.

Den meisten Umsatz, so Butz, hätten diejenigen Händler gemacht, die auf mehreren, jedoch miteinander verknüpften Kanälen auf vergleichbarem Niveau ihre Waren anböten, so genannte „Cross-Channel-Händler“. Aus gutem Grund: „Die Cross-Channel-Käufer sind für den Handel die deutlich kaufintensiveren und damit wertvolleren Kunden“, so Butz.
Trumpfkarte des stationären Handels ist der Service
Der Online-Handel könne jedoch keineswegs eines der wichtigsten Pfunde ersetzen, mit dem der stationäre Handel wuchern könne: Service, merkte Elektrofachhändler Nedim Kalembasi an. Dennoch sei es wichtig, als Händler im Internet präsent und auffindbar zu sein. Spielzeug- und Kostümhändler Peter Beuth berichtete, dass zwar zahlreiche Kunden auf seiner Website recherchierten, er jedoch rückläufige Umsätze im Online-Handel und steigende Umsätze im Laden verzeichne. „Die Kunden kommen aus einem Umkreis von 50-Kilometer-Radius.“ Marco Butz lenkte in der Diskussion den Blick darauf, dass der Online-Handel für immer mehr Menschen Bedeutung erlange: „Denken Sie zum Beispiel an die Senioren, die zurzeit nur mit den subventionierten Bürgerbussen aus den 45 Lennestädter Ortschaften in die Zentren zum Einkaufen kommen können. Das sind potentielle Online-Käufer von morgen.“

Neben dem Online-Handel war die Ausbildung junger Menschen zentrales Thema beim Austausch der über 60 Unternehmer. IHK-Geschäftsführer Klaus Fenster berichtete über die bisherigen Erfahrungen, die man bei der Qualifizierung junger Flüchtlinge gemacht habe. Die Integration habe besser funktioniert als zunächst angenommen: „Was zunächst als humanitärer Beitrag der Wirtschaft gedacht war, ist inzwischen ein Projekt zur Fachkräftesicherung geworden.“ Zudem gehe es der IHK darum, die Zahl der offenen Lehrstellen im Kreis Olpe zu reduzieren. Hier verfolge die IHK die Idee, Fachkräfte aus Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit wie dem Ruhrgebiet anzuwerben.
Problem der hohen Abiturientenquote
Ein weiteres Problem sei die hohe Abiturentenquote, sagte Gastgeber und IHK-Präsident Felix G. Hensel. „Mehr als 50 Prozent eines Jahrgangs gehen inzwischen an die Hochschulen. Zugleich erklimmen die Abbrecherquoten bei den Studierenden ungeahnte Höhen. Das ist vielfach ein Negativerlebnis für die jungen Menschen, verbunden mit einer hohen Frustration.“ Würden viele dieser jungen Menschen nach dem Abitur unbesetzte Ausbildungsstellen nutzen, bliebe ihnen dieses erspart.

„Selbst von den Hochschulabsolventen mit den Topnoten bleiben nicht viele übrig“, erklärte Dennis Conze, Geschäftsführer der Conze Informatik GmbH, abschließend. Von zehn eingeladenen Bewerbern könne er, der viele Diplom-Informatiker sucht und beschäftigt, nur einen gebrauchen. „Ich frage mittlerweile in jedem Bewerbungsgespräch, wieviel 1,5 mal 1,5 ist. Es spottet jeder Beschreibung, wie viele Hochschulabsolventen diese Frage nicht beantworten können.“
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