Unternehmer diskutieren mit Bundestagsabgeordnetem

„A 45 als Breitbandtrasse nutzen“


IHK-Präsident Felix G. Hensel (links) begrüßte Gastredner Dr. Matthias Heider bei der Vollversammlung der IHK Siegen. von IHK Siegen
IHK-Präsident Felix G. Hensel (links) begrüßte Gastredner Dr. Matthias Heider bei der Vollversammlung der IHK Siegen. © IHK Siegen

Siegen/ Kreis Olpe. Die Mitglieder der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Siegen (IHK) staunten nicht schlecht über die Vorschläge ihres Gastredners Dr. Matthias Heider. Der Bundestagsabgeordnete stellte zur Diskussion, mehrere prominente Infrastruktur-Projekte miteinander zu verknüpfen: „Warum nutzen wir die A 45 nicht als Trasse für die Verlegung von leistungsfähigem Breitband in die Region? Wir müssen sie doch sowieso aufreißen.“ Dieser Idee stünden die zuständigen Baubehörden durchaus aufgeschlossen gegenüber.


Doch man müsse den Bedarf noch deutlicher äußern, berichtete Heider aus seinen Gesprächen mit dem Landesbetrieb Straßenbau NRW. In seiner engagierten Rede vor dem „Parlament der Wirtschaft“ forderte Heider, dass der Fokus der Politik nun wieder stärker auf die Megatrends Infrastruktur, Digitalisierung und Globalisierung zu legen sei.

Bei der Infrastruktur könne man froh sein über das Erreichte, namentlich den geplanten Ausbau der A 45 und die Aufnahme der „Route 57“ in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans. Doch nun komme es darauf an, die Planungen auch zu realisieren. Dazu fehle es bisweilen an Personal und an einer guten Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesbehörden. Von der Übertragung der Aufgaben auf eine Bundesgesellschaft erhoffe er sich eine schnellere und effizientere Umsetzung.
"Deutschland hat Nachholbedarf"
Beim Thema Digitalisierung sei der Nachholbedarf in Deutschland in Bezug auf die Infrastruktur existenzbedrohend. „Die vorhandenen Förderprogramme bügeln nur die allergröbsten Baustellen aus“, so Heider. Deshalb sei es von extremer Bedeutung, dass die Breitbandangebote flächendeckend besser würden. Dann könnten auch die Betriebe das Thema noch stärker aufgreifen und die darin liegenden Chancen ergreifen.

„Wir haben die Wahl, ob Deutschland zum Technikmuseum wird oder zu Silicon Germany“, brachte Heider die Alternativen sinngemäß nach Buchautor Christoph Keese auf den Punkt. Dabei seien Verbote keine dauerhafte Lösung: „Innovation hat noch nie an Nationalgrenzen haltgemacht.“ Deshalb müssten die Rechtsnormen an die „digitalen“ Notwendigkeiten angepasst werden.
"Ausgangsbedingungen für deutschen Export schwieriger"
Für den Mittelstand müssten Rechtssicherheit, Infrastruktur und IT-Sicherheit stimmen, damit Innovationen besser umgesetzt werden könnten. Die Globalisierung sei ein Trend, der nun schon seit Jahrzehnten andauere. Durch die unruhige weltpolitische Lage seien jedoch die Ausgangsbedingungen für den deutschen Export schwieriger geworden. Heider sprach sich deutlich dafür aus, diese Probleme EU-weit anzupacken: „Das kann nur im Staatenverbund gelöst werden.“ Aber man dürfe sich in der EU nicht mehr vor unbequemen Lösungen drücken. „Das ist keine Sternfahrt“, verdeutlichte der Bundestagsabgeordnete. Die Zukunft der EU werde auch dann entschieden, „wenn man die wichtigen Entscheidungen nicht trifft“.

In der anschließenden Diskussion rief Dr. Christopher Grünewald (Gebr. Grünewald GmbH & Co. KG) dazu auf, beim Thema Infrastruktur die Energieversorgung nicht auszuklammern. Die Energiewende erfordere von der Politik entschlossenes Handeln, denn die Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien sowie den Ausbau und die Stabilisierung der Stromnetze würden völlig aus dem Ruder laufen. Dr. Heider bestätigte das und versprach, sich dafür einzusetzen, dass zumindest die Netzentgelte nicht noch teurer würden, wie durch die geplante Vereinheitlichung der Netzentgelte zu befürchten sei. Eckhard Schulte (SMS Siemag AG) gab zu bedenken, dass die anstehenden Problemlagen durch die Politik klarer benannt werden sollten.
"EU muss an einem Strang ziehen"
Dr. Matthias Heider war in seinem Vortrag auch auf die wirtschaftlichen und politischen Probleme zwischen der EU und der Türkei eingegangen. IHK-Ehrenpräsident Klaus Vetter (Vetter Holding GmbH) brachte es auf den Punkt: „Was machen wir, wenn die Türkei die Grenzen vollständig öffnet?“ Gerade deshalb sei es wichtig, dass die EU an einem Strang ziehe, so Dr. Heider. „Dann muss Griechenland zeigen, dass es die EU-Außengrenze schützen kann.“ Michael Heinz (Michael Heinz, Versicherungsmakler) forderte den Gast der Vollversammlung auf, dem Mittelstand im kommenden Wahlkampf mehr Gehör zu verschaffen. Dies sagte der Abgeordnete gerne zu.

Im Vorfeld hatte die IHK-Vollversammlung die Finanz- und Haushaltsplanung der IHK für das kommende Jahr verabschiedet. Erneut wurden Mittel in Höhe von 831.000 Euro für Projekte zur Fachkräftesicherung und weiteren Themen freigegeben. IHK-Präsident Felix G. Hensel betonte: „Wir wünschen uns eine aktive IHK, die die Region voranbringt. Das hat beispielsweise bei der Route 57 hervorragend funktioniert. Und das soll auch in anderen Feldern passieren.“ So wird die IHK Siegen mit Hilfe der nun freigegebenen Mittel den Einzelhandel in der Region unterstützen, Oberstufenschüler für die betriebliche Ausbildung gewinnen oder die Flächennutzung in der Region untersuchen.
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