Umrüstung des Kassensystems: „Schonfrist“ bis September 2020

Handel


Referent Eric Stracke (rechts) und Co-Referent Marc Stracke. von IHK Siegen
Referent Eric Stracke (rechts) und Co-Referent Marc Stracke. © IHK Siegen

Siegen/Kreis Olpe. „Zwar müssen die Kassensysteme jetzt angepasst werden, doch der Zeitpunkt zur Überprüfung wurde noch einmal verschoben. Das verschafft Ihnen hoffentlich etwas Luft“, beruhigte Eric Stracke vom Deutschen Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik. Mehr als 40 Gäste ließen sich bei der Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen „Fit für die Umrüstung des Kassensystems und die Kassennachschau“ machen.


Das Finanzministerium hat kürzlich den Zeitpunkt, ab dem die neue Regelung greift, verschoben. Die Vorgaben zur Aufrüstung der elektronischen Aufzeichnungssysteme mittels zertifizierter technischer Sicherheitseinrichtungen (TSE) müssen demnach erst ab dem 20. September 2020 eingehalten werden.

IHK-Referatsleiterin Sabine Bechheim: „Wir sind froh, dass wir den Unternehmen mit aktuellem Wissen zur Seite stehen können. Die Anforderungen sind schon heftig und unterstellen erst einmal pauschal, dass die Unternehmen ihre Einnahmen nicht korrekt erfassen. Immerhin haben die Unternehmen jetzt mehr Zeit, um die Vorgaben einzuhalten.“
Händler müssen Umrüstung veranlassen
Eric Stracke betonte noch einmal, dass die Finanzverwaltung bis zum 30. September 2020 nicht beanstandet, wenn elektronische Aufzeichnungssysteme i. S. des § 146a AO i. V. m. § 1 Satz 1 KassenSichV nicht über eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung verfügen.

Der Referent ergänzte: „Jedoch müssen die Unternehmer bei einem Kassenhändler einen Auftrag zur Umrüstung oder die Bestellung eines neuen Kassensystems veranlasst haben, um bis dahin ohne Strafe auszukommen.“

Denn so steht es auch in der Nichtbeanstandungsregelung des Bundesministeriums der Finanzen: „Die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen sind umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen.“ IHK-Beraterin Sibylle Haßler ergänzte:  „Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte die gesetzlichen Vorgaben fristgerecht einhalten.“
Großbäckerei druckt ab Januar täglich 30.000 Belege
Trotz der Verschiebung müssen bereits ab dem 1. Januar 2020 Belege an den Kunden ausgegeben werden. Diese Regelung bleibt bestehen. Erst in den vergangenen Tagen berichtete eine Großbäckerei aus dem Kammerbezirk, wie sich die Belegausgabepflicht auf ihren Betrieb auswirken wird. Über 30.000 Belege pro Tag müssen ab dem kommenden Jahr an die Kunden ausgegeben werden.

„Ein hoher bürokratischer Aufwand und vermehrte Kosten für Papier und Abfallentsorgung. Da die einzelnen Geschäftsvorfälle demnächst sowieso manipulationssicher erfasst werden, wäre die Ausgabe dieser Belege — außer auf Kundenwunsch — an sich nicht notwendig. Mit konsequentem Bürokratieabbau hat das nichts zu tun“, äußert sich Sibylle Haßler.

Hierfür gibt es jedoch Ausnahmen: Bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen können Unternehmen mit Zustimmung des zuständigen Finanzamtes (nach § 146a Abs. 2 Satz 2 AO bzw. § 148 AO) von dieser Pflicht befreit werden.
Referent spricht über Umgang mit Gutscheinen
Für die Teilnehmer der Veranstaltung — überwiegend aus den Branchen Handel und Gastronomie — wurde darüber hinaus der Umgang mit Gutscheinen noch einmal erläutert. Eric Stracke: „Restbeträge haben auf einem nicht vollständig genutzten Gutschein nichts zu suchen. Dafür muss aus buchhalterischer Sicht ein neuer Gutschein ausgestellt werden. Für den alten Gutschein gelten jedoch die gleichen Aufbewahrungsfristen wie für andere Belege auch – zehn Jahre.“

Ebenso zeigte der Referent auf, worauf sich Unternehmen bei einer Kassennachschau durch einen unangekündigten Besuch eines Prüfers des Finanzamtes einzustellen haben. Aufregung sei jedoch meist unnötig: „Bitte bedenken Sie, dass auch das Finanzamt kein Interesse daran hat, Ihr Unternehmen platt zu machen.“ Mit einer Verfahrensdokumentation nach den „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) seien Unternehmer gut vorbereitet.

Eine Pflicht, elektronische Kassensysteme zu nutzen, besteht übrigens nach wie vor nicht. Der Betrieb einer offenen Ladenkasse ist immer noch möglich. Allerdings ist hier ebenfalls die Einzelaufzeichnungspflicht zu beachten.
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