Strategien gegen Ärztemangel: Ein Zaubermittel gibt es nicht

„Kolloquium Zukunft“ in der Stadthalle Olpe


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Vertreter aus dem Gesundheitswesen und aus der Politik diskutierten auf dem Podium über die Zukunft der ärztlichen Versorgung. von Rüdiger Kahlke
Vertreter aus dem Gesundheitswesen und aus der Politik diskutierten auf dem Podium über die Zukunft der ärztlichen Versorgung. © Rüdiger Kahlke

Kreis Olpe. Stipendien für Medizin-Studenten sind für Landrat Frank Beckehoff keine geeignete Lösung, um das Problem des Ärztemangels in Südwestfalen zu beheben. Volker Schmidt, Verwaltungsdirektor des Märkischen Kreises, hat da „andere Erfahrungen gemacht“. Das Beispiel zeigt: Das Problem ist klar, die eine Lösung gibt es aber nicht. Das wurde beim „Kolloquium Zukunft“ am Mittwoch, 4. September, in der Stadthalle Olpe deutlich.


Der Ärzteverbund Südwestfalen hatte Akteure aus dem Gesundheitswesen und der Politik  eingeladen, um die aktuelle und künftige Versorgungssituation zu diskutieren. Für Moderator Stefan Spieren, selbst Arzt in Hünsborn, ging es darum, „das Problem zu besprechen. Wir werden es nicht lösen können.“

Die sich abzeichnenden Versorgungsengpässe bewegen die Menschen. Spieren zitierte eine Untersuchung der AOK. Danach stehen die Themen Hausärzte (97 %) und Krankenhäuser (88 %) ganz oben auf der Interessenliste der Bürger.
Dringender Handlungsbedarf
Dem steht eine Überalterung in der Ärzteschaft samt Praxen-Schließung gegenüber, wie Spieren mit Zahlen belegte. „Das Thema wird von Tag zu Tag aktueller“, bestätigte Ansgar van der Osten von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KV). In Südwestfalen sei inzwischen fast jeder vierte Hausarzt älter als 65 Jahre.

Durch Änderungen bei der Bedarfsplanung erwartet van der Osten in einigen Bereichen einen Wegfall von Zulassungssperren. Somit könnten sich in naher Zukunft neue Fachärzte niederlassen. Der KV-Experte warnte jedoch: „Das heißt nicht, dass Bewerber dafür Schlange stehen.“
Quereinsteiger gewinnen
Er ist auch dafür, Quereinsteiger, etwa aus den Krankenhäusern, für eine Hausarzt-Tätigkeit zu gewinnen. Man stehe mit anderen Regionen im Wettbewerb um Nachwuchskräfte. Neue Studienplätze brächten erst nach mehr als einem Jahrzehnt Entlastung. Grund: Vom Studienbeginn bis zum Facharzt dauert die Ausbildung gut elf Jahre.

Sein Kollege Martin Neubürger schilderte Veränderungen, die beim Notdienst in der Diskussion sind. 25 Praxen im Gebiet der KV, darunter die am Klinikum in Lüdenscheid und Olpe, erfüllten die Voraussetzungen für Portalpraxen. Hier werde in direkter Anbindung ans Krankenhaus der weitere Behandlungsweg festgelegt.
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Mit der Zusammenlegung von Notfall und Rettungsdienst in einer Zentrale (Rufnummern 112 und 116117) habe man bei Tests in Ostwestfalen gute Erfahrungen gemacht, so Neubürger. Damit habe sich die Versorgung verbessert.
Viele Fördermöglichkeiten
Praxisberaterin Lara Bäumer stellte Fördermöglichkeiten für Hausärzte vor. Neben Krediten für die Gründung von Praxen gebe es Zuschüsse und Bürgschaften. Einige Kommunen, wie Attendorn und Kreuztal, würden zudem kommunale Hilfen anbieten, damit sich neue Mediziner dort niederlassen.

Nezahat Baradari, Kinderärztin und heimische SPD-Bundestagabgeordnete, forderte neben der Hilfe für Neugründungen auch Unterstützung für bereits niedergelassene Ärzte.
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Kreis und Kommunen könnten allenfalls flankierend helfen, so Landrat Frank Beckehoff auf eine entsprechende Frage. Er nannte dabei eine „Willkommenskultur für Ärzte“. Fast 900.000 Euro sollen dafür eingesetzt werden.

Im Foyer zeigten Kommunen und Verbände, wie sie versuchen, die medizinische Versorgung zu sichern. Klar wurde: Die eine Lösung gibt es nicht. Aber: Es gibt Ideen und Initiativen, die Mosaiksteinchen sein könnten. Die Digitalisierung, die auch Stefan Spieren forcieren möchte, gehört dazu.
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