Schwertransport-Krimi am Rande des G20-Gipfels

Genehmigungswirrwar und fehlende Polizeibegleitung gefährden Industrieaufträge


 von Symbol Prillwitz
© Symbol Prillwitz

Siegen. Der Mailverkehr zwischen der Geschäftsleitung der Dango & Dienenthal Maschinenbau GmbH in Siegen (DDS) mit ihrer japanischen Niederlassung und dem Landesverkehrsministerium liest sich wie ein Krimi. Grund ist der enorme Zeitdruck, unter dem zwei Schwertransporte von Siegen zum Hafen Hamburg durchgeführt werden müssen. „Beide Lieferungen gehen zu unterschiedlichen Auftraggebern nach Japan. Ein Transport hat es nach Hamburg geschafft, der andere steht noch immer auf unserem Firmengelände“, ärgert sich Geschäftsführer Arno Dienenthal.


Für die Durchführung von Schwertransporten muss eine Genehmigung beantragt werden. In den konkreten Fällen sollten die Maschinenteile von DDS im Hamburger Hafen als Seefracht verladen werden. Nachdem ein Schiff für den ersten Transport gebucht war, wurde der Schwertransport beantragt und einige Zeit später von der zuständigen Behörde abgelehnt. Die Begründung: Auf der beantragten Strecke zwischen Siegen und Hamburg war kurzfristig eine Baustelle eingerichtet worden, die es unmöglich machte, diesen Bereich mit einem Schwertransport zu durchfahren.

Im Ergebnis musste der von DDS beauftragte Spediteur einen komplett neuen Antrag stellen. „Nachdem Ende Juni noch keine Genehmigung vorlag, offenbar wurden zu diesem Zeitpunkt bei der Genehmigungsbehörde noch die Anträge von Mitte Mai bearbeitet, mussten wir uns dazu entscheiden, die Schiffsbuchung zu stornieren. Ausschlaggebend war die Information, dass vom 6. bis 9. Juli aufgrund des G20-Gipfels im Großraum Hamburg keine Schwertransporte durchführbar sind bzw. genehmigt werden können. Wir wissen auch von anderen Unternehmen, für die das ein Riesenproblem ist. Ohne die Stornierung hätten wir schlimmstenfalls den leeren Frachtplatz im Schiff zahlen müssen“, erläutert Geschäftsführer Rainer Dango.
Fehlende Polizeibegleitung
Für den zweiten Transport war aufgrund seines Gewichtes und seiner Größe eine polizeiliche Begleitung erforderlich. Arno Dienenthal: „Am Tag des Abtransportes war alles bereit. Was fehlte, war die auf diesen Termin abgestimmte Polizeibegleitung. Da diese ab Hagen auf einmal nicht mehr verfügbar war und dort keine ausreichenden Parkplätze zur Verfügung standen, blieb der Transport auf dem Firmenhof stehen. Somit konnte der Transport erst mit eintägiger Verspätung starten.“ Als der Transport schließlich Hamburg erreichte, wurden die Verantwortlichen bei DDS darüber informiert, dass die zuvor erteilte Genehmigung für den Transport zum Hafen kurzfristig widerrufen werde. Die Geschäftsführer vermuten, dass aufgrund des G20-Gipfels die für den Schwertransport zwingend vorgeschriebenen Polizeikräfte nicht bereitgestellt werden konnten.

Vorsorglich ließen sie alle kleineren Teile des Transportes, die nicht unter die Genehmigungspflicht fallen, zum Hafen bringen. Sollte das gebuchte Schiff für den Schwertransportanteil nicht erreicht werden, führt dies zu einem verzögerten Seetransport zwei Wochen später.
Vernachlässigung der Infrastruktur
Es sei nicht einfach, den häufig im Ausland ansässigen Kunden diese Probleme zu vermitteln, erklärt Arno Dienenthal. Diese könnten weder den immensen Genehmigungsaufwand nachvollziehen, noch den „Bröckelzustand“ der Straßen in Deutschland. „Die sträfliche Vernachlässigung der Infrastruktur in den vergangenen Jahren macht jetzt auf einen Schlag viele Baustellen gleichzeitig notwendig. Schwertransporte zu beantragen ist in diesem Umfeld zu einem folgenschweren Lotteriespiel geworden, bei dem es um den wirtschaftlichen Erfolg und, damit verbunden, um Arbeitsplätze geht.“

Kein Verständnis können die Geschäftsführer mehr für die Diskussion um die Einführung einer privaten Begleitung für Schwertransporte aufbringen, die seit vielen Jahren geführt werde und sich offenbar immer weiter verzögere. Rainer Dango: „Wir hören die vollmundigen politischen Ankündigungen. Damit ist es aber nicht getan. Man muss die Dinge schon umsetzen. Davon sehen wir wenig.“
Genehmigung in letzter Sekunde
Freitagfrüh sei dann die erlösende Nachricht gekommen, dass nach einer Transportgenehmigung und der Bereitstellung der Polizeibegleitung „in letzter Sekunde der Schwertransport doch noch das Terminal erreicht hat, so dass dieser Transport pünktlich in Japan ankommen wird. Für den ersten geschilderten Fall jedoch muss die Transportverzögerung durch erhöhten Aufwand bei der Inbetriebnahme vor Ort wieder aufgeholt werden“, teilt das Unternehmen mit.
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