Marco Butz: „Händler müssen ihre Konzepte ganzheitlich überdenken“
„Heimat shoppen“: IHK-Handelsreferent im Interview
- Kreis Olpe, 05.09.2017
- Von Sven Prillwitz
Sven Prillwitz
Redaktion
Kreis Olpe. Die landesweite Kampagne „Heimat shoppen“ geht in die nächste Runde: Am Freitag und Samstag, 8./9. September, warten teilnehmende Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister wieder mit besonderen Aktionen auf, um ihre Bedeutung für die Attraktivität der Innenstädte zu unterstreichen. Im Vorfeld hat IHK-Handelsreferent Marco Butz im Interview mit LokalPlus-Redakteur Sven Prillwitz über Erfahrungen aus dem Vorjahr, die Themen Digitalisierung und regionale Vernetzung sowie über neue Service-Konzepte gesprochen.
Ja, die gab es tatsächlich. Einer lautete zum Beispiel, die Händler noch direkter anzusprechen. Das haben wir auch versucht, umzusetzen. Es gab im November außerdem eine generelle Manöverkritik der IHKs in Mönchengladbach. Dabei haben die Kollegen aus Duisburg von den guten Erfahrungen berichtet, die sie mit einer Facebook-Seite gemacht haben, die sie für die Kampagne ins Leben gerufen haben.
Daraufhin hat die IHK Siegen eine eigene Facebook-Seite mit dem Namen „Heimat shoppen an Bigge und Sieg" erstellt.
Richtig. Wir haben dann gesagt: Liebe Händler, guckt euch die Facebook-Seite an. Wir haben die Händler über die Werbegemeinschaften angeschrieben und ihnen angeboten, uns Portraits ihrer Geschäfte und Lokale zukommen zu lassen mit Fotos, die wir dann auf dieser Seite veröffentlichen. Es ging zögerlich los, wurde dann aber mehr. Gleichzeitig wollen wir damit den Nebeneffekt auslösen, dass die Händler merken: Wir erreichen über Facebook eine Beachtung, die wir uns gar nicht vorgestellt hätten – und das auch von Händlern, die bislang wenig oder gar nicht online unterwegs waren. Einige Händler müssen noch lernen, dass sie digital sichtbar werden müssen.
Vieles ist bereits verbessert worden, aber es ist noch Luft nach oben. Wir erhoffen uns, dass durch das Thema Facebook/Soziale Medien der Lernprozess fortgeführt wird. Vereinzelt wird immer noch gemutmaßt, dass „Heimat shoppen“ eine Spitze gegen den Online-Handel sei. Das ist die Kampagne aber eben nicht. Wir sagen: Hört auf zu schimpfen, nehmt am Online-Handel teil. Es gibt bereits Händler, die auch über Amazon verkaufen oder sich in Webkaufhäusern präsentieren, aber es müssen mehr werden. Inhabergeführte Geschäfte sind in den Innenstädten das Salz in der Suppe, sind erfrischend im Vergleich zu den großen Ketten und Unternehmen, müssen aber dringend das Prinzip des „Cross-Channelns“ noch stärker denken und umsetzen.
Auf jeden Fall. Wir sagen den Leuten immer: Überdenkt eure Konzepte ganzheitlich. Macht euch Gedanken, wie ihr euch die Kunden in die Geschäfte zurückholt. Aber es gibt immer noch Händler, die sagen: Sobald einer aufs Smartphone guckt und die Preise online vergleicht, geht derjenige raus. Das ist aber doch die total falsche Denke. Und das ist ja das, was wir mit dem „Heimat shoppen“ erreichen und ändern wollen: Auch wenn ich vielleicht teurer bin, muss ich doch versuchen, den Kunden offensiv anzusprechen, ihn zu beraten, zu überzeugen und ihm evtl. entgegenzukommen – durch den Service. Ein Beispiel: Ich habe mir neulich Schuhe gekauft. Die will ich doch anprobieren, ich will beraten werden. Das kriege ich nur im Geschäft. In diesem Fall wurde mir zwischendurch ein Espresso angeboten, später noch ein Aperol Spritz an einer kleinen Bar in diesem Laden. Da gehe ich doch gerne wieder hin, das versüßt mir den Einkauf buchstäblich.
Zurück zur Kampagne. Was erwartet die Kunden in diesem Jahr?
Wie im Vorjahr wird es wieder zahlreiche Papiertüten, Flyer, Plakate und Luftballons mit dem „Heimat shoppen“-Logo geben. Außerdem haben wir in diesem Jahr dank eines weiteren Sponsors Aufkleber, die die Händler an die Scheibe oder Eingangstür kleben können. Dann können die Kunden sagen: Guck´ mal hier, die haben sich auch am „Heimat shoppen“ beteiligt. Dadurch wollen wir die Nachhaltigkeit der Aktion stärken.
Außerdem haben einzelne Händler oder Werbegemeinschaften zusätzliche Aktionen geplant.
Richtig. In Olpe beispielsweise bieten die Händler an beiden Tagen im Stundentakt Waren zu Sonderpreisen an. Eine Kollegin beispielsweise sagte schon: Dann und dann ist eine besondere Aktion, dann muss ich in unbedingt in dieses Geschäft. Das funktioniert also. Es gibt auch weitere Aktionen. In Hilchenbach zum Beispiel wird den Kunden wieder der rote Teppich ausgerollt, in Eiserfeld gibt es eine Rallye durch die Geschäfte.
Bei einem ersten Fazit nach der Kampagne haben Sie im vergangenen Jahr moniert, dass sich nicht alle Händler und Werbegemeinschaften aus den beiden Kreisen an der Aktion beteiligt hätten bzw. nicht von allen eine Rückmeldung gekommen sei. Wie ist das in diesem Jahr?
Was die Anzahl der Kommunen angeht, sind es wie im Vorjahr wieder 16. Die Werbegemeinschaft Finnentrop ist leider nicht dabei. Anders als im Vorjahr ist aber Wenden diesmal dabei, das finde ich toll. Bei der Vorstellung der Aktion waren rund 50 Leute, da herrschte großes Interesse. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist Lennestadt mit seinen drei Werbegemeinschaften. Loben muss ich auch die Händler in Attendorn, die mit den Baustellen in der Innenstadt zu kämpfen haben, aber trotzdem etwas machen, und die Orte Würdinghausen und Albaum, die die Gemeinde Kirchhundem vertreten bei der Kampagne in diesem Jahr.
Kleine. Man fängt tatsächlich an, Kontakte zu knüpfen und zu überlegen: Wer bietet bei uns in der Region welche Qualifikationen an? Wo gibt es Ideen und vielleicht Gemeinsamkeiten? Das läuft zum Teil auch über mich; ich versuche dann, zu vermitteln. Neulich haben sich zum Beispiel Händler aus Eiserfeld gemeldet, die eine Werbegemeinschaft neu gründen und sich über einzelne Schritte informieren wollen. Die habe ich dann an andere Händler verwiesen, die genau das im vergangenen Jahr gemacht haben und sich auskennen.
Kurz gesagt: Der Netzwerk-Gedanke nimmt Gestalt an?
Das ist noch ein ganz zartes Pflänzchen, das langsam anfängt, zu wachsen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf und bin da guter Dinge.
Letzte Frage: Wie werden Sie die Kampagne in diesem Jahr an den beiden Aktionstagen begleiten?
Frau Hentschel (Ann Katrin Hentschel, Mitarbeiterin im Referat Einzelhandel bei der IHK Siegen, Anm. d. Red.) und ich werden mit unseren Smartphones unterwegs sein und von besonders gelungenen Beispielen für Kundenservice und von Ideen, die Kunden neugierig machen, Fotos für unseren ebenfalls neuen Instagram-Account machen, die als „Best Practice“-Beispiele dienen können. Dann können die Händler direkt vergleichen und vielleicht überlegen, was sie demnächst ebenfalls machen können.