Konjunkturklima stabilisiert sich, doch die Aussichten sind ungewiss
Materialengpässe und Energiekosten bereiten Sorgen
- Kreis Olpe, 15.10.2021
- Wirtschaft
Siegen/Olpe. „Bei den zuletzt arg gebeutelten Unternehmen in Einzelhandel und Gastgewerbe ist der Optimismus zurückgekehrt. Der Bauwirtschaft geht es nach wie vor gut. Deutlich zurückhaltender äußern sich die Industrieunternehmen und der Großhandel. Insgesamt treten wir konjunkturell auf der Stelle – das jedoch auf erfreulich hohem Niveau.“ So kommentierte IHK-Präsident Felix Hensel am Freitag, 15. Oktober, die Ergebnisse der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage.
An der Umfrage haben sich 516 Unternehmen mit mehr als 38.000 Beschäftigten in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligt. Der IHK-Konjunkturklimaindex (er ergibt sich aus Lagebeurteilung und Erwartung) steigt um 2 Punkte auf einen Wert von 120. 44 Prozent der Unternehmen berichten von einer guten, nur 16 Prozent von einer schlechten Lage.
Aber: Nur 30 Prozent der Firmen rechnen in den kommenden Monaten mit besseren Geschäften (Frühjahr: 35 %), 18 Prozent hingegen mit schlechteren (Frühjahr: 17 %). Ursächlich für den pessimistischeren Blick in die Zukunft sind der teilweise dramatische Mangel an Vorprodukten, brüchige Lieferketten und ein größer werdender Fachkräftemangel.
IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Auch die Strom-, Gas- und Rohstoffpreise gehen regelrecht durch die Decke. Diese Entwicklung betrachtet beinahe die gesamte heimische Wirtschaft mit Argusaugen. Es ist schon paradox: Politisch setzen wir auf die Verstromung industrieller Prozesse. Dafür benötigen wir Unmengen an sicherem und preisgünstigem Strom, verknappen jedoch zugleich unsere Erzeugungskapazitäten. Diese Logik erschließt sich nicht wirklich.“
Fast jedes dritte Unternehmen will in den kommenden Monaten seine Investitionen steigern (Herbst 2020: 13 %). Die Beschäftigungsprognose verbessert sich ebenfalls deutlich. 22 Prozent der Firmen planen eine Personalaufstockung, nur 10 Prozent einen Abbau.
In großen Teilen der Industrie überwiegen zwar weiterhin die positiven Meldungen. Die Zukunftserwartungen trüben sich hingegen ein. Insbesondere den Unternehmen, die nah am Auto verortet sind, machen die Chipkrise und die zumeist sehr kurzfristigen Stornierungen von Aufträgen der Autokonzerne erheblich zu schaffen.“
Die angespannte Lage in weiten Teilen der Automobilzulieferindustrie schlägt sich auch bei der Betrachtung der beiden Kreise nieder. Während sich die konjunkturelle Stimmung der Industrieunternehmen aus Siegen-Wittgenstein weiter aufhellt, trübt sie sich im Kreis Olpe ein.
Die Materialknappheit und die damit verbundenen Preissprünge treffen die Industrie indessen auf breiter Front. Klaus Gräbener: „Die Unternehmen würden gerne mehr produzieren, können es aber nicht, weil Holz, Chips, Schrauben, Steckverbindungen, Dämmstoffe oder was auch immer nicht zu bekommen sind. 91 Prozent der Industriebetriebe klagen derzeit über Lieferengpässe.“
Trotz Materialmangels und teurer Baumaterialien bleibt die konjunkturelle Entwicklung der Bauwirtschaft äußerst stabil. 67 Prozent der Firmen bewerten ihre derzeitige Situation als gut (Frühjahr: 45 %). Die Auftragsbücher im Bausektor sind äußerst gut gefüllt und die Auslastung rekordverdächtig.
Die Beurteilung der Geschäftslage im Einzelhandel fällt deutlich besser aus als im Frühjahr. Ein Drittel der Händler bewertet seine Geschäftslage als gut, nur 6 Prozent als schlecht. Doch die Befürchtungen sind groß, dass sich in den Herbst- und Wintermonaten das Infektionsgeschehen verschlechtert und erneute Einschränkungen erlassen werden.
Die Stimmungslage in der regionalen Dienstleistungsbranche bleibt in etwa auf dem guten Niveau des Frühjahres. Im Gastgewerbe ist die Stimmung wieder deutlich optimistischer. Vier von zehn Gastronomen bewerten ihre Geschäftslage als gut und zwei von zehn als schlecht. IHK-Statistikexperte Stephan Häger: „Nach der äußerst düsteren Stimmung zu Jahresbeginn kehrte zuletzt eine gewisse Zuversicht zurück. Aber: Die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren hinterlassen. Vielen Betrieben fehlt es an Personal, sodass sie ihre Angebote oder Öffnungszeiten reduzieren müssen.“