Konjunkturklima in der Industrie hat sich deutlich abgekühlt - am Bau und im Einzelhandel läuft es noch

IHK befragte über 400 Unternehmen


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Vor allem in der Industrie hat sich die Stimmung eingetrübt. von Wodicka
Vor allem in der Industrie hat sich die Stimmung eingetrübt. © Wodicka

Kreis Olpe/Siegen. „Das Konjunkturklima kühlte sich in der regionalen Wirtschaft im Frühjahr spürbar ab. Zahlreiche Unwägbarkeiten bremsen die Dynamik der heimischen Unternehmen. Vor allem unsere exportorientierte Industrie bekommt dies zu spüren. Dass wir nach einem jahrelangen Aufschwung eines Tages in eine Phase geringeren Wachstums eintreten, ist allerdings auch nicht wirklich überraschend.“


So kommentiert IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage, an der sich 405 Unternehmen aus Industrie, Bauwirtschaft, Handel und Dienstleistungen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligt haben. Wichtig sei jetzt, die Lage mit Augenmaß zu analysieren und auf dem politischen Parkett die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Der IHK-Konjunkturklimaindex – er ergibt sich aus Lagebeurteilung und Erwartungen - fällt gegenüber der Befragung zu Jahresbeginn von 123 auf 112 Punkte zwar deutlich, bleibt aber immer noch auf überdurchschnittlichem Niveau.
 von Grafik: IHK Siegen
© Grafik: IHK Siegen
Immer noch 38 Prozent der hiesigen Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage als gut. Zum Jahresanfang meldete das noch fast die Hälfte. Im Vergleich zum Jahresanfang geben mit elf Prozent auch doppelt so viele Unternehmen eine schlechte Geschäftslage an. „Trotz dieser deutlich getrübten Stimmung befindet sich unsere Wirtschaft nach wie vor in einer guten Verfassung. Sorgen bereiten uns jedoch die zum dritten Mal in Folge sinkenden Geschäftserwartungen“, erläutert Felix G. Hensel weiter.

Während 21 Prozent der Unternehmen von einer besseren Geschäftslage in den kommenden Monaten ausgehen, befürchten 22 Prozent schlechtere Geschäfte. Begünstigt durch die geringe Arbeitslosigkeit, gestiegene Einkommen und die Rekordbeschäftigung ist die Konsumstimmung aber ununterbrochen gut. Daher zeigt das Stimmungsbarometer im Einzelhandel auch nach oben.
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In den übrigen Branchen zeigt es – von hohem Niveau aus - leicht nach unten. Die Lagebeurteilung der heimischen Industrie fällt nach den Spitzenwerten in den vergangenen Jahren deutlich um 25 Punkte ab. Das ist der niedrigste Wert seit Januar 2016. Zwar geben noch 33 Prozent der Industrieunternehmen eine gute Geschäftslage an. Im Vergleich zum Jahresanfang sind das jedoch 16 Prozentpunkte weniger.

Gleichzeitig stieg die Zahl der Unternehmen mit schlechter Lagebeurteilung von vier auf 13 Prozent. Dennoch sind die Industrieunternehmen weiterhin über alle Branchen hinweg gut ausgelastet. Etwa 82 Prozent geben einen Auslastungsgrad von über 70 Prozent an.
„Kommen aus einer Hochkonjunktur“
IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Wir kommen aus einer Hochkonjunktur. Die über 179.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind neuer regionaler Rekord. Zugleich bewegen wir uns mit einer Arbeitslosenquote von vier Prozent nahe an der Vollbeschäftigung. Das alles ist prima. Problematisch sind indessen die zum Teil deutlichen Rückgänge bei den Auftragseingängen, und zwar sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland. Etwa 37 Prozent der Unternehmen machen dies geltend.“

Das erkläre auch die deutlich gesunkenen Geschäftserwartungen. 29 Prozent der Industrieunternehmen rechnen in den kommenden Monaten mit schlechteren Geschäften. Das ist ein Anstieg um neun Prozentpunkte im Vergleich zum Januar. Klaus Gräbener: „Es sind international einfach zu viele Krisenherde auf einmal. Das erklärt, warum etwa 35 Prozent der Unternehmen mit geringeren Exporten in den kommenden Monaten rechnen. Hinzu kommen die hausgemachten Probleme.“
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Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen gehen 71 Prozent zukünftig von gleich bleibenden oder sogar besseren Geschäften aus. „Auch die Investitionsbereitschaft bleibt weiterhin auf einem hohen Niveau. 79 Prozent der Industrieunternehmen wollen in den nächsten Monaten die Investitionen im Inland auf gleichem Level halten oder sogar noch einmal steigern. Das ist ein gutes Signal für den Standort“, betont IHK-Konjunkturexperte Stephan Häger.

Die Lage im Baugewerbe ist weiterhin außerordentlich gut. Zwar sinkt die Lagebeurteilung um zwei Punkte, bleibt aber auf dem zweithöchsten Stand der letzten 20 Jahre. Mehr als drei Viertel der befragten Baubetriebe geben eine gute Lage an. Erneut berichtet kein Unternehmen von einer schlechten Lage.
Am Bau sind die meisten Firmen ausgelastet
Klaus Gräbener: „Hier brummt es nach wie vor. 85 Prozent der Firmen sind bis zur Spitze ausgelastet. Fast jedes zweite Unternehmen gibt einen hohen Auftragsbestand an, teilweise bis ins kommende Jahr hinein. Problematisch ist allenfalls der akute Fachkräftemangel. Unternehmen berichten uns, dass daher ein weiteres Wachstum kaum möglich sei.“

„Dank der guten Konsumstimmung zeigt das Stimmungsbarometer im Einzelhandel nach oben. 35 Prozent der Einzelhändler beurteilen ihre Lage als gut, eine Steigerung um drei Prozentpunkte. In den letzten Monaten profitierte der Konsum insbesondere von den guten Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt“, hebt Felix G. Hensel hervor. Die Dienstleister berichten überwiegend von einer stabilen Auftragslage und einer guten Auslastung. 45 Prozent der Dienstleister melden eine gute Lage, nur sieben Prozent eine schlechte.
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