Berufschancen für Frauen: DGB sieht noch reichlich Verbesserungsbedarf

Forderungen: Umwandlung von Mini-Jobs und „Gute Arbeit“


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Bei Berufschancen für Frauen gibt es in Südwestfalen noch viel Luft nach oben: So kommentiert der Deutsche Gewerkschaftsbund Südwestfalen das Ergebnis einer Befragung der Fachhochschule Südwestfalen unter 2000 Frauen aus der Region zu den Themen Lebensqualität und Berufserwartung.


Den Angaben der Studie an der Fachhochschule Südwestfalen unter Leitung von Prof. Dr. Anne Jacobi zufolge, würden 21,9 Prozent der Frauen in Teilzeit gerne mehr arbeiten. Bei den geringfügig Beschäftigten liegt die Quote sogar bei 29 Prozent. „Das sind klare Fakten. Und wer aktuell und künftig Engpässe bei Fachkräften sieht, der muss sich auch fragen, ob er denn mit seiner Struktur von Beschäftigung und den Arbeitsbedingungen im eigenen Unternehmen richtig aufgestellt ist“, sagt Geschäftsführer der DGB-Region Südwestfalen, Ingo Degenhardt.

Die DGB-Region Südwestfalen umfasst die Kreise Siegen-Wittgenstein, Olpe und den Hochsauerlandkreis. Hier stellt sich im Bereich der Minijobs, und der Frauenerwerbsquote nach DGB-Angaben, die Situation wie folgt dar:
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Die Ergebnisse der Befragung sind auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund auf großes Interesse gestoßen. „Für uns Gewerkschaften sind neben den wichtigen sogenannten weichen Standortfaktoren die Bedingungen am Arbeitsmarkt ein entscheidender Faktor für die Zufriedenheit der Menschen und die Attraktivität einer Region. Die schönste Landschaft und die besten Freizeitangebote sind wenig wert, wenn die Grundlagen für existenzsichernde Einkommen fehlen – also Beschäftigungsmöglichkeiten mit guten Arbeitsbedingungen. Der Studie zur Folge sieht die Situation hier in Südwestfalen nicht schlecht aus, ist aber in Teilen noch verbesserungswürdig“, sagt der Geschäftsführer der DGB-Region Südwestfalen, Ingo Degenhardt.

Der Gewerkschafter sieht Handlungsbedarf zum Beispiel bei der Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und bei der Aufstockung von Teilzeitarbeit. „Hier gilt es eine Menge an Potenzial zu heben und somit die Berufschancen für Frauen zu verbessern. Arbeitgeber müssen sich als ‚Ermöglicher‘ aufstellen und präsentieren“, meint Degenhardt.
DGB: 500.000 zusätzliche Jobs für Frauen bis 2020
Die Frauenerwerbstätigkeit sei in ganz Nordrhein-Westfalen unterdurchschnittlich entwickelt. In seinem Projekt „NRW 2020“ geht der Deutsche Gewerkschaftsbund davon aus, dass 500.000 zusätzliche und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in NRW bis 2020 geschaffen werden können, und strebt bei der Erwerbstätigkeit von Frauen mindestens die bundesweite Quote von 52,1Prozent an. Ingo Degenhardt sieht die Region mit den vorliegenden Zahlen der Frauenerwerbsbeteiligung gut aufgestellt und gleichzeitig noch viel Verbesserungsbedarf.

Bei den Minijobs erhofft sich der Gewerkschafter ein weiteres Sinken der Zahlen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein, dem Hochsauerlandkreis und im Kreis Olpe. Degenhardt: „Die Verantwortlichen im Kreis Olpe haben da wohl aufgrund des Anstiegs im Jahr 2015 von 610 noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen. Hier gilt es im Besonderen den weiblichen Beschäftigten weitere Chancen und Perspektiven zu eröffnen.“
„Region der ,Guten Arbeit´ schließt Niedriglohnsektor aus
Als einen ersten möglichen Ansatzpunkt schlägt der DGB eine regionale Initiative zur Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Normalarbeitsverhältnisse (auch in Teilzeit) vor. Ein derartiges Projekt könne auch einem Teilaspekt aus der „Vision Südwestfalen 2030“ viel Realität verleihen. In dem Visionspapier heißt es unter anderem: „Südwestfalen hat die richtigen Antworten auf den Fachkräftebedarf.“ Dazu zählt: „Entwicklung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit, u.a. zur Steigerung der Frauenerwerbsquote.“ Degenhardt: „Auch hat sich Südwestfalen als Region der ‚Guten Arbeit‘ aufgestellt, das schließt für mich einen Niedriglohnsektor aus.“

Als Chef des DGB in Südwestfalen weist Ingo Degenhardt zudem auf die kürzlich erschienene Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-BöcklerStiftung hin, die deutlich macht, dass fast jeder zweite Minijobber auch nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Januar 2015 im selbigen Jahr weniger als 8,50 Euro in der Stunde verdient hat. „Damit ist der Beweis erbracht, dass Arbeitgeber bei einem erheblichen Teil der Minijobber die Löhne nicht erhöht haben, wie dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Gerade für die geringfügigen Beschäftigten hat die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns eine ganz besondere Bedeutung. Auch hat sich gezeigt, dass geringfügig Beschäftigte – trotz Anspruch häufig keine Lohnfortzahlung bei Krankheit oder im Urlaub erhalten“, so Degenhardt und appelliert an die Arbeitgeber, das Mindestlohngesetz einzuhalten und umzusetzen.
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