Arbeitsagentur bilanziert Ausbildungsmarkt im Kreis Olpe

19 Lehrstellen unbesetzt


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Erläuterten die Bilanz auf dem Ausbildungsmarkt: Daniela Tomczak, Dr. Matthias Heider und Stephan Stracke (von links). von Nils Dinkel
Erläuterten die Bilanz auf dem Ausbildungsmarkt: Daniela Tomczak, Dr. Matthias Heider und Stephan Stracke (von links). © Nils Dinkel

Olpe/ Kreis Olpe. Die Arbeitsagentur Siegen hat am Montagmorgen, 11. November, bei einem Pressegespräch beim Arbeitgeberverband in Olpe das Ausbildungsjahr 2018/2019 für den Kreis bilanziert.


Demnach wird die Schere zwischen der Anzahl der Bewerber und der der Ausbildungsstellen immer größer. Was gut für die Bewerber ist, stellt die Arbeitgeber vor eine große Hürde, waren sich Bundestagsabgeordneter Dr. Matthias Heider, Stephan Stracke (Geschäftsführer Arbeitgeberverband des Kreises Olpe) und Daniela Tomczak, Vorsitzende der Geschäftsführung Agentur für Arbeit Siegen, einig.

Daniela Tomczak, die seit Juni bei der Arbeitsagentur tätig ist, freute sich, die Zahlen zu präsentieren. Hatte die Zahl der Bewerber 2017/18 noch bei 993 gelegen, ist sie um 13,1 Prozent auf 863 zurückgegangen. Die Zahl der gemeldeten Stellen sank im Vergleich von 1.610 auf 1.539 (-4,4 Prozent). So konnte ein Bewerber zwischen 1,78 Lehrstellen wählen. Ein Topwert im Landesvergleich.

„Man erkennt deutlich, welche Herausforderungen auf uns zukommen. Aus Bewerbersicht ist das schön, aus betrieblicher Sicht prekär“, brachte es Tomczak auf den Punkt und sprach von einem „Kampf um die Bewerber“. Betriebe bräuchten Nachwuchskräfte, die zu Fachkräften ausgebildet würden.
59 Bewerber bleiben ohne Ausbildungsplatz
Die Zahl der unversorgten Bewerber stieg von 43 auf 59 (+37,2 Prozent), während die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen auf „erfreuliche“ 19 sank. Im Vorjahr blieben 70 Lehrstellen unbesetzt (-72,9 Prozent). Tomczak: „Dass so viele Bewerber ohne Ausbildungsplatz bleiben, ist nicht Ziel der Arbeitsagentur. Es ist ein Wermutstropfen. Bei diesen 59 jungen Menschen müssen wir noch einmal nachschauen.“

Dass nur 19 Stellen unbesetzt blieben, müsse nicht heißen, dass das Unternehmen einen Auszubildenden gefunden habe, so Tomczak. Es könne beispielsweise auch sein, dass der Betrieb seine Suche aufgegeben und das Angebot zurückgezogen habe.

Die Gründe hierfür seien individuell. So könnten schulische Leistungen, die mangelnde Flexibilität von Jugendlichen oder auch schlechte Mobilität Gründe gewesen sein. Die unversorgten Bewerber blieben aber nicht auf der Strecke. „Viele besuchen noch ein Jahr lang die Schule oder absolvieren eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme der Arbeitsagentur“, so Tomczak.

Stephan Stracke appellierte, die Chance auf die Berufsausbildung so früh wie möglich wahrzunehmen. Auch viele Betriebe böten Bewerbern häufig schulische Maßnahmen an und machten immer mehr Zugeständnisse gegenüber den Bewerbern. „Die Bewerber können sich oft aussuchen, wo sie hin wollen“, so Stracke.
Berufsberater zeigen Präsenz an Schulen
Um die Jugendlichen besser ins Boot zu holen, was berufliche Perspektiven angeht, wollen die Berufsberater der Arbeitsagentur, dessen Zahl kürzlich um vier aufgestockt wurde, künftig mehr Präsenz an Schulen zeigen. Was an der Sekundarschule I schon gut funktioniere, sei an der Sekundarschule II/Gymnasialen Oberstufe noch optimierungsbedürftig, sagte Tomczak. Mehr als die Hälfte aller Gymnasiasten wollen laut Stracke nach der Schule einen akademischen Berufsweg einschlagen.
„Break-Even-Point“ kommt häufig erst mit Mitte 40
Dabei lohne es sich häufig nicht, Semester für Semester im Hörsaal der Uni oder der Hochschule zu verbringen. Auch Dr. Matthias Heider sagte, dass Abi plus Hochschule kein Garant für ein hohes Einkommen seien. „Der Break-Even-Point“, so Stephan Stracke, werde häufig erst in einem Alter von Mitte 40 oder Anfang 50 erreicht.

Laut Statistik des Arbeitsamtes sind Kaufmännische Berufe nach wie vor am beliebtesten. Gerade hier ist die Nachfrage größer als das Angebot. Auf 43 gemeldete Stellen für Kaufleute im Büromanagement gab es 69 Bewerber. Zu den frei geblieben Stellen gehörten die Ausbildungsberufe Handelsfachwirt (5), Fachwirt-Vertrieb Einzelhandel (5), Einzelhandelskaufmann (4), Werkzeugmechanikerin, Kaufmann im Groß- und Außenhandel, Verkäufer und Rechtsanwaltsfachangestellter.

Dem gegenüber standen unversorgte Bewerber unter anderem in den Berufen Verkäufer (10), Kaufmann für Büromanagement (5), Maschinen- und Anlagenführer (4), Fachkraft für Lagerlogistik (4) und Einzelhandelskaufmann (4).
Stracke sieht Landespolitik in der Pflicht
Heider fragte Tomczak, inwiefern die Politik handeln könne. Sie sagte, dass die Rückkehr zu G9 richtig und wichtig gewesen sei.

Stracke sieht eher die Landespolitik in der Pflicht. Das Schulwesen habe sehr gelitten. Es habe viele Reformen gegeben, die zu Unzufriedenheiten geführt hätten. Es seien kaum noch Rektoren zu finden, da der verwaltungstechnische Akt dem Lehramt überwiege. Hinzu käme, dass Rektoren kaum besser als Lehrer bezahlt würden. Stracke nannte den Aufwand enorm. „Es ist der Ausdruck einer Frustration.“
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