Apotheker diskutieren mit Matthias Heider

Gekipptes Boni-Verbot für Medikamente


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Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Matthas Heider (3. von links) sicherte den Apothekern seine Unterstützung zu. von privat
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Matthas Heider (3. von links) sicherte den Apothekern seine Unterstützung zu. © privat

Kreis Olpe. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Oktober 2016 ist es ausländischen Versandapotheken erlaubt, auf verschreibungspflichtige Arzneimittel Boni zu gewähren. Das ist innerhalb Deutschlands nicht gestattet, weil alle Patienten sich darauf verlassen können sollen, dass bundesweit dieselben Preise gelten. Dass das EuGH-Urteil die flächendeckende Arzneimittelversorgung und darüber hinaus berufliche Existenzen gefährdet, haben sechs Apotheker jetzt stellvertretend für ihre Kollegen im Kreises Olpe dem Bundestagsabgeordneten Dr. Matthias Heider (CDU) erläutert.


„Prinzipiell ist die aktuelle Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gut geregelt”, sagte Dr. Lukas Peiffer (Löwen-Apotheke, Attendorn). „Durch die bisherige Arzneimittelpreisbindung wird sichergestellt, dass flächendeckend jederzeit eine Apotheke mit qualifizierter und kostenfreier Beratung zur Verfügung steht.” Zustimmung kam von Christian Springob (Nicolai-Apotheke, Attendorn): „Die deutschen Apotheken mit über 150.000 Beschäftigten leben vor allem von den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Deren Anteil am Gesamtumsatz liegt im ländlichen Raum zwischen 70 und 80 Prozent.”

Dass die Bundesregierung 2004 ein Festhonorar zur Senkung der Arzneimittelkosten auf verschreibungspflichtige Medikamente eingeführt hatte, gab Thorsten Dunckel (Johannis-Apotheke, Lennestadt-Grevenbrück) zu bedenken. „Viele Gemeinwohlaufgaben der Apotheken, die für sich genommen nicht rentabel sind, werden damit subventioniert”, so Dunckel weiter. Zudem verwies Dr. Markus Junker (Alte Apotheke, Finnentrop) auf den Nacht- und Notdienst der Apotheken an 365 Tagen im Jahr, auf die Bevorratung mit Notfallmedikamenten und Gegengiften, auf die Versorgung mit starken Schmerzmitteln beispielsweise in der Versorgung von Palliativpatienten und auf die Herstellung von Individualrezepturen wie z.B. Kapseln, Zäpfchen, Salben oder Lösungen.
Dumping-Preise ausländischer Versandhändler befürchtet
„Und keine dieser Aufgaben wird von den Versandapotheken übernommen”, betonte Friedrich Prinz (Kunibertus-Apotheke, Wenden-Hünsborn). „Neben der Tatsache, dass die inländischen Apotheker keine Rabatte gewähren dürfen, ist es aufgrund dieser gesetzlichen Aufgaben und den Veränderungen bei den Lieferverträgen mit den Krankenkassen in den letzten Jahren wirtschaftlich gesehen gar nicht möglich, Boni zu gewähren. Wenn erst die ausländischen Versender mit Dumping-Preisen und Rabatten die Krankenkassen und die Versicherten locken, ist das Ende vieler Apotheken in Stadtrandlagen und auf dem Land vorprogrammiert, die Gemeinwohlaufgaben können flächendeckend nicht erhalten werden. Daher müssen der Versandhandel mit Arzneimitteln auf das rechtlich mögliche Maß eingeschränkt und der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten verboten werden”, forderte Prinz.

Dr. Matthias Heider betonte, die Sorgen der Apotheker nachvollziehen zu können. Der CDU-Politiker stellte einen Zusammenhang zwischen dem EuGH-Urteil, freiem Warenverkehr in Europa und dem sich rasant entwickelnden Online-Handel her. „Dass der EuGH den freien Warenverkehr in Europa verteidigt, ist verständlich. Wir müssen aber auch die Auswirkungen auf unsere Apotheken und den Service vor Ort in Deutschland betrachten.” Auch habe Bundesgesundheitsminister Gröhe den akuten Handlungsbedarf erkannt und bereits einen Entwurf für ein Gesetz zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vorgelegt, so Heider.
Heider sichert Unterstützung zu
„Der Minister verfolgt mit dem Gesetz zwei Ziele: Erstens soll die wohnortnahe, flächendeckende Arzneimittelversorgung gesichert werden. Zweitens soll erreicht werden, dass die in Deutschland geltenden Zuzahlungsregelungen nicht durch Boni aus anderen Staaten unterlaufen werden”, sagte der Bundestagsabgeordnete weiter. „Der Gesetzesentwurf findet meine volle Zustimmung, und ich sichere Ihnen meine Unterstützung bei der Umsetzung des Gesetzes im Bundestag und in allen politischen Gremien zu.” 

Ulf Ullenboom (Apotheke am Markt, Olpe) dankte Dr. Heider für die Einladung zu dem Gespräch und stellte zum Abschluss die bundesweite Unterschriftenaktion „Gesundheitssystem in Gefahr!” vor. Dr. Heider begrüßt die Aktion: „Hoffentlich finden viele Menschen den Weg in die Apotheke, um sich über die Problematik informieren zu lassen, und werden durch die Aktion motiviert, sich mit ihrer Unterschrift für den Erhalt unseres bewährten Apothekensystems zu engagieren."
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