Lustig-leckerer Schlagabtausch mit der Senioren-Kochgruppe

„LokalPlus hilft“: Haus Elisabeth in Rothemühle


  • Wenden, 16.12.2017
  • Von Sven Prillwitz
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Gruppenfoto nach dem Essen: LokalPlus-Redakteur Sven Prillwitz mit den Mitgliedern der Senioren-Kochgruppe im Haus Elisabeth. von Sven Prillwitz
Gruppenfoto nach dem Essen: LokalPlus-Redakteur Sven Prillwitz mit den Mitgliedern der Senioren-Kochgruppe im Haus Elisabeth. © Sven Prillwitz

Rothemühle. Zur Vorweihnachtszeit gehört der Adventskalender: jeden Tag ein Türchen öffnen zur Einstimmung auf das frohe Fest. Eine liebgewordene Tradition, die wir in diesem Jahr zum Anlass nehmen, ebenfalls Türen zu öffnen und hinter die Kulissen zu schauen. Wir besuchen Einrichtungen und Vereine im Kreis Olpe, die sich um Menschen kümmern, sich sozial engagieren und vielleicht nicht immer so im Fokus stehen, wie sie es verdient hätten. Wir sprechen mit Menschen, lassen uns herumführen und helfen für ein paar Stunden mit. Hier lest ihr, was Sven Prillwitz bei und mit der Kochgruppe der Senioreneinrichtung Haus Elisabeth in Rothemühle erlebt hat.


Auf die freundliche Begrüßung folgen auch gleich die ersten Arbeitsanweisungen. „Der muss auch Handschuhe tragen“, höre ich eine Seniorin sagen, als ich mich an die Tischreihe setze. „Schreiben Sie bloß das Richtige“, fordert eine andere Frau, die mir gegenübersitzt und mahnend den Zeigefinger hebt. Ihre Mundwinkel zucken, das Grinsen hält sie aber noch zurück. Während ich mir die blauen Latexhandschuhe überstreife, die hier alle beim Kochen tragen, versichere ich ihr, mir wenigstens diesmal allergrößte Mühe beim Schreiben geben zu wollen. Jetzt grinsen die Frau und ihre Tischnachbarinnen. Der Auftakt für einen lustig-leckeren Schlagabtausch in der Senioreneinrichtung Haus Elisabeth ist gelungen.
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Seit knapp drei Jahren trifft sich die Kochgruppe an jedem Dienstagmorgen in der großen Caféteria im Erdgeschoss. „Wunsch Dinner“ nennt sich das. Hier werden dann Tische zusammengeschoben, die Zutaten gemeinsam vor- und anschließend in der Küchenzeile zubereitet. Alles in Eigenregie unter Leitung von Bettina Wurm vom Sozialen Dienst. Darauf legen die Senioren großen Wert.
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Die Hausküche sei zwar sehr gut, aber selbstgekocht schmecke es manchmal eben am besten, wird mir verraten, denn: „Kochen verlernt man ja nicht.“ Und die Gemeinschaft dabei sei ja auch wichtig. Was es zu essen gibt, beschließen die Senioren jeweils in der Vorwoche. Heute stehen Bratkartoffeln mit Fisch und grünem Salat auf dem Speiseplan.
Schüchterne Männer?
Während wir gekochte Kartoffeln schälen und in Scheiben schneiden, geht die Schwärmerei los. Von der Pilzpfanne, die es neulich gab. „Wir waren so satt, wir konnten uns hinterher gar nicht mehr bewegen“, erzählt mir Zeigefinger-Heberin und Frohnatur Agnes Schipplick. Warum hier bis auf eine Ausnahme lediglich Frauen am Tisch sitzen, erklärt sie mir auch: „Die Männer verkriechen sich hier nach oben. Vielleicht sind die etwas schüchtern.“ Sie grinst wieder.
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Rechts neben mir sitzt Werner Händel, die Ausnahme. Der pragmatische Hahn im Korb mit dem leisen Lachen. Ob er hier die Stellung hält, frage ich ihn. „Einer muss ja“, sagt er. Ob er regelmäßig an der Kochgruppe teilnimmt? „Eher mäßig“, antwortet er. Gesprächiger wird er, als er mir die Schreibweise seines Nachnamens erklärt. „So wie der Musiker, auch wenn sich Georg Friedrich nie bei mir gemeldet hat“, sagt der alte Mann in Anspielung auf den deutschen Komponisten Händel. Außerdem erfahre ich, dass Werner Händel seit 2011 im Haus Elisabeth wohnt.
Selbstverständlich selbstironisch
Erst seit ein paar Wochen hat dagegen Magdalene Hilchenbach hier ihre neue Heimat gefunden. Zu Hause habe sie sich einsam gefühlt. Und als sie dann „irgendwann aus den Latschen gekippt“ sei, sei es klar gewesen, dass sie in einer Einrichtung besser untergebracht ist. „Seitdem geht es mir besser. Es gefällt mir hier, und die Stimmung unter uns ist gut“, sagt sie, während sie im Handumdrehen mit einem kleinen Küchenmesser und großem Geschick eine Zwiebel zerlegt. Ich hätte mir wahrscheinlich bei diesem Manöver mindestens zwei Finger abgesäbelt.
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Kurz vor und kurz nach dem Essen kriege ich dann zwei weitere Kostproben von diesem angenehm eigenwilligen Humor der Kochgruppen-Mitglieder serviert, der so selbstverständlich selbstironisch ist. Eine Seniorin geht vor dem Essen mit einer Flasche Weißwein um die Tischreihe und schenkt ein. Als sie um das eine Ende der Tische kommt, stolpert sie leicht. „Ich habe noch gar nichts getrunken und kriege die Kurve trotzdem nicht“, lacht sie, ehe sie das nächste Glas füllt.
„Meine Hand wird wieder wahnsinnig“
Nach dem Essen blickt eine Frau auf ihre immer stärker zitternde rechte Hand hinab. „Hier, meine Hand wird wieder wahnsinnig“, sagt sie zu ihrer Nachbarin, als wäre es das Normalste der Welt. „Halt´ sie fest“, wird ihr vorgeschlagen. Ihre Antwort: „Nein, dann wackelt die andere auch.“ Sie erwähnt noch kurz, dass sie ihre Tabletten genommen hätte. Themenwechsel. Derweil erklärt eine andere Seniorin mir, dass Eierlikör und Kaffee eine hervorragende Nachtisch-Kombination seien. Und ich erfahre von Agnes Schipplick, dass die Bewohner ihr privates Lieblingseis in einem Eisfach aufbewahren, das sie ansteuern, „wenn wir Lust und Liebe dafür haben“.
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Lustig-leckerer Schlagabtausch mit der Senioren-Kochgruppe
Nach dem Essen helfe ich dabei, die Tische abzuräumen. Irgendwann stehen Jens Steiner, seit fünf Jahren Sozialpädagoge im Haus Elisabeth, und ich allein in der Küche und räumen die Spülmaschine ein, als Kochgruppen-Leiterin Bettina Wurm ruft: „Das sieht ja gut aus: Zwei Männer auf einmal in der Küche!“ Die Seniorinnen lachen lauthals.  
„Kuh-Safari“ und Gesänge im Aufzug
Als der Nachtisch – eine Quark-Sahne-Speise mit Kirschen und Schokostreuseln, gestiftet von der Schwiegertochter einer Bewohnerin – gereicht wird, erklärt mir Jens Steiner, dass die Einrichtung hohen Wert auf zahl- und abwechslungsreiche Aktivitäten legt. Zweimal die Woche wird vorgelesen, es gibt ein Gedächtnistraining, auch „Wer wird Millionär“ wird hier gespielt. Besonders in Erinnerung geblieben ist allen am Tisch außerdem die „Kuh-Safari“: Ein Landwirt hatte einen Sessel und eine Couch auf einen Anhänger geschnallt und hatte seine bequem sitzenden Passagiere dann in gemächlichem Tempo über eine Kuhweide transportiert. „Das war eine schöne Gaudi“, sagt eine Frau.
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Besonders beliebt seien die Feiern, neben dem großen Sommerfest vor allem die Veranstaltungen zu Karneval sowie das Oktober- und das Schützenfest – und der monatlich stattfindende Dämmerschoppen. „Da trinken die Herren dann auch schon mal ein Bier, und wir stehen dann hinterher singend im Aufzug“, sagt Agnes Schipplick und lacht laut. Außerdem erfahre ich, dass alle paar Wochen ein Bewohnerbeirat zusammenkommt, der über Ausflüge und anstehende Arbeiten am Haus berät. So seien in diesem Jahr etwa eine Gebetsecke im Außenbereich entstanden und ein Kiesweg gepflastert worden, sagt Jens Steiner.
„Von Rothemühle die lustige Gesellschaft“
Zum Finale wird noch überlegt, was es beim „Wunsch Dinner“ in der kommenden Woche zu essen gibt. Die Entscheidung fällt auf Grünkohl mit Mettwurst. Außerdem soll demnächst Zigeunerschnitzel mit Pommes zubereitet werden. Wieder einhellige Zustimmung. Dann geht die Schwärmerei wieder los – diesmal über selbstgemachtes und mit Dill verfeinertes Sauerkraut. Kurze Diskussion, ehe wir uns alle für ein Gruppenfoto zusammenstellen. Das lassen sich auch diejenigen nicht nehmen, die auf Leichtgewicht-Rollatoren angewiesen sind.
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Dann ist es schon Zeit für den Abschied. Der Hahn im Korb, Werner Händel, reicht mir die Hand. Agnes Schipplick und ich einigen uns darauf, dass ich nochmal zum Weintrinken vorbeikommen sollte. Und einen Tipp für eine Überschrift gibt mir eine Seniorin auch noch mit auf den Weg. „Von Rothemühle die lustige Gesellschaft“, schlägt sie vor, „weil wir hier so viel Spaß haben“.
Kurz & knapp

Das Haus Elisabeth gehört zu den Einrichtungen der Katholischen Hospitalgesellschaft Südwestfalen. Es handelt sich um die größte Senioreneinrichtung im Kreis Olpe, in der es 80 Pflegeplätze gibt.

Die Pflegedienstleitung obliegt Melanie Beckmann. Rund 80 Mitarbeiter – Aushilfen inklusive – sind in der Einrichtung in Rothemühle beschäftigt.

Das Haus verfügt über 64 Einzel- und acht Doppelzimmer, die die Bewohner mit eigenen Möbel ausstatten dürfen.

In einem Jahresplan werden zahlreiche Veranstaltungen und Feste aufgelistet. Außerdem gibt es einen wöchentlichen „Stundenplan“ und den „Tagesblitz“, die jeweils ausgelegt bzw. ausgehangen werden, um alle Bewohner über das aktuelle Programm zu informieren.
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