„In Wenden gibt es eine ganz tolle Gemeinschaft“

Interview mit Nicole Williams


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Für die Gemeinde Wenden will Nicole Williams noch einige neue Ideen umsetzen. von Christine Schmidt
Für die Gemeinde Wenden will Nicole Williams noch einige neue Ideen umsetzen. © Christine Schmidt

Wenden. Seit fast einem Jahr sitzt Nicole Williams im Wendener Rathaus. Die gebürtige Siegenerin betreut die Fachbereiche Tourismus, Marketing und Wirtschaftsförderung. Vorher hat sie als Stadtmarketing-Chefin in Waldbröld gearbeitet. Im Interview mit LokalPlus hat die 45-Jährige erzählt, warum sie privat nicht gerne auf Veranstaltungen geht und was sie einem „Touri“ für regionale Tipps geben würde.


In Waldbröl wurden Sie ja sehr emotional verabschiedet. Wurden Sie in Wenden genauso herzlich aufgenommen?

Ja. Ich wurde hier mit offenen Armen empfangen. Ich war ja ein Verwaltungsneuling, aber ich wurde vom Kollegium sofort aufgenommen. Ich konnte mit jeder blöden Frage kommen, die hatten maximale Engelsgeduld mit mir (lacht). Und auch die Wendschen Bürger haben sich bei mir vorgestellt, haben sich hier hin gesetzt – der Kontakt ist einfach das A und O. So war das wirklich der perfekte Start für mich.

Sie kommen aus Siegen. Was hat die Stadt, was in Wenden noch fehlt? Und welche Vorteile hat Wenden dazu im Gegensatz?

Oh, das ist schwierig zu sagen. Dadurch, dass ich drei Jahre in Waldbröl war, ist mir Siegen fast schon fremd. Aber Wenden und Siegen kann man auch einfach nicht vergleichen. Siegen ist sehr veranstaltungsstark, das kann man nicht auf Wenden übertragen. Durch die Schützenfeste im Sommer ist man eben mit Open-Air-Veranstaltungen sehr eingeschränkt – da haben wir es hier noch schwer. Dafür gibt es in Wenden aber eine ganz tolle Gemeinschaft. Wahrscheinlich wegen der ländlichen Strukturen, da ist Siegen schon anonymer. Wenden punktet anders: Hier wird noch auf den anderen geachtet, der Vereinscharakter wird volles Pfund ausgelebt und die Kirmes überstrahlt natürlich alles. Das ist ein Phänomen, dass ein kleines Dorf so etwas auf die Beine stellt. Und ich mag die Sauerländer, sie sind so geradeaus.

Sie haben gesagt, Sie wollen sich neuen Herausforderungen stellen, was genau heißt das für Sie?

Vor mir liegt eine spannende Zeit. Eine Herausforderung stellt der Ausbau des Tourismus dar. Man muss wohl einsehen, dass Wenden nie eine touristische Region á la Schwarzwald sein wird. Aber es gibt enorm viel Potential und viel zu entdecken. Jetzt muss ich mich nur auf Spurensuche machen. Außergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeiten und das Wandern sind große Themen. Dort arbeiten wir mit der Werbegemeinschaft zusammen. Unter anderem sollen kulinarische Wanderungen, Themen- und Krimiwanderungen angeboten werden. Beim Marketing gibt es auch noch einige Herausforderungen für mich: Eine eigene Marke soll entwickelt werden. Dazu haben wir in den letzten Monaten einen Fragebogen erarbeitet, wie die Wendener ihre Heimat sehen. Und die Rückmeldungen krachen echt durch die Decke. Auch ein eigener Slogan, Logo und ein Maskottchen sind noch geplant. Die Imagewerbung und Strahlkraft für Wenden müssen belebt werden.

 
 von Christine Schmidt
© Christine Schmidt

Was, glauben Sie, läuft marketingtechnisch in Wenden noch nicht so gut?

Naja, vorher gab es die Stelle gar nicht, sich jemanden zu leisten, ist ja schon mal was. Jetzt muss man sich Fragen widmen wie „Was gibt die Marke Wenden her? Was kann man machen? Wo geht die Reise hin?“ Das muss man erstmal sehen, mehr kann man noch gar nicht sagen.

Wie sehen Sie die wirtschaftliche Lage – sprich Thema Wirtschaftsförderung?

Das Balke-Dürr Gelände ist momentan ein spannendes Projekt. In Waldbröl habe ich so etwas auch betreut, aber das war kleiner. Jetzt heißt es, diese Industriebrache in ein zukunftsfähiges Kompetenzzentrum umzuwandeln, und das ist eine mega Herausforderung. Momentan sind wir in der Ideenfindung, ob dort Start-Ups, Handwerksunternehmer oder andere untergebracht werden. Ein weiteres Hauptaugenmerk liegt momentan auch in dem Unternehmernetzwerk, das ich weiter ausbauen möchte. Dort soll es um Themen wie Digitalisierung und Fachkräftemangel gehen.

Was ist Ihr Ziel für Wenden?

Wir müssen nach und nach sehen, wohin die Reise gehen soll und was der Kern ist. Es gibt auf jeden Fall noch viele Baustellen. Derzeit betreue ich zum Beispiel einige Leader-Projekte, „Unser Dorf hat Zukunft 2019“, oder bin beim Arbeitskreis Mobilitäts-Management dabei. Ein weiteres großes Thema ist natürlich die Überarbeitung des Konzeptes für die Homepage – das ist ein Riesen-Projekt. Auch eine Idee, an der ich arbeite, ist „Mit Wendy durch das Rathaus“, eine Erklärung für Kinder, was hinter den Rathaustüren so abläuft.

Einfach beim Zapfen helfen

Gibt es jetzt beim Endspurt für die Wendsche Kärmetze noch viel zu tun?

Die zuständigen Kollegen sind ziemlich entspannt, die wissen, was sie zu tun haben. Die Attraktionen und Händler stehen fest, und dann geht es bald schon los. Ich selber bin in der Einsatzzentrale tätig und weiß noch nicht genau, was mich erwartet. Wir bekommen aber noch eine Schulung. Ich freue mich auf jeden Fall. Selber auf Veranstaltungen gehen, kann ich nur schlecht. Ich gucke mich immer um, ob alles richtig läuft, und kann nicht richtig entspannen. Teilweise zapfe ich sogar freiwillig mit. (lacht). Das ist einfach die Berufskrankheit, wenn man aus der Veranstaltungsbranche kommt.

Was sind große Projekte, die Sie sich für die Zukunft auf die Fahne geschrieben haben?

Im Bereich Veranstaltungskonzepte wird noch einiges Neues kommen. Und auch das Thema Übernachtungsmöglichkeiten steht auf meiner Agenda. So grob in die Richtung „Übernachten in Weinfässern“, nur dass es dann hier Bierfässer wären. (lacht) So viel darf ich schon mal verraten. Und dann sind wir noch dabei, das Mountainbiking für Wenden auszubauen.

Sie scheinen eine Frohnatur zu sein – wie kommen Sie hier in Wenden bei den Bürgern an?

Ich glaube ganz gut (lacht). Ich habe noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Ich mag es, auf Menschen zuzugehen. Mit einem sonnigem Gemüt klappt das ganz gut (lächelt).

Urlaub in Wenden: Was wäre der perfekte Urlaub, wenn Sie die Planung für Touristen übernehmen dürften?

Ich würde auf jeden Fall die Schützenfeste empfehlen, das kennen viele ja nicht. Und da bekommt man direkt Tradition und Brauchtum auf einen Schlag. Ein Highlight ist natürlich immer die Wendener Kirmes, wenn es gerade zeitlich passt. Und auch die Wendener Hütte kann ich empfehlen. Danach muss man dann gut essen gehen: gut bürgerlich, ein Steak oder in der Jausenstation – hier gibt es eine buntgemischte kulinarische Vielfalt. Auch Attraktionen wie die Bigge und die Attahöhle gehören bei einem Urlaub dazu. Exotische Erlebnisse wie Eselwandern, Alpakawanderungen oder Kuh-Kuscheln gibt es leider noch nicht, es finden hier aber erste Gespräche statt. Ok, das haut wahrscheinlich keinen Wendschen vom Hocker, aber ein Kölner kennt das vielleicht nicht so. Und dann würde ich noch Planwagenfahren und eine Fahrradtour machen. Also ein perfekter Urlaub im Wendener Land, oder?

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