Würdevolle Flüchtlingspolitik statt willkürliche Abschreckungstaktik

Herz statt Härte


Ishfaq Masih beim Einsatz im Seniorenhaus Gerberweg der Caritas in Olpe. von Caritas Olpe
Ishfaq Masih beim Einsatz im Seniorenhaus Gerberweg der Caritas in Olpe. © Caritas Olpe

Olpe. Der Caritasverband Olpe setzt sich für eine würdevolle Flüchtlingspolitik ein, die geflüchteten Menschen in unserem Land eine gerechte Perspektive bietet und das „Herz“, das Deutschland seit Herbst 2015 gezeigt hat, weiter für Menschenwürde schlagen lässt.


Gerade die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber ist zu einem großen Streitthema im Wahljahr 2017 geworden. Die Regierung auf Bundesebene hat es sich zum Ziel gemacht die Anzahl der Abschiebungen deutlich zu erhöhen. Es scheint nicht mehr um das individuelle Recht des Einzelnen auf Asyl zu gehen, sondern vielmehr um Abschreckung nach außen und ein Signal nach innen zu den eigenen Bürgern, dass diejenigen, die angeblich keinen Schutz brauchen, auch konsequent außer Landes gebracht werden. Der Vorsitzende des Diözesancaritasverbandes und Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen, Dr. Thomas Witt, formuliert deutlich seine Sorge, dass sich Flüchtlingspolitik immer mehr zur Flüchtlingsverhinderungspolitik entwickle. „Es geht immer weniger darum, Menschen beizustehen und Integration zu ermöglichen, sondern immer mehr darum, Geflüchteten die Einreise so schwer wie möglich zu machen und ebenfalls möglichst viele abzuschieben.“ Kurios ist dabei auch, dass zum Beispiel die Abschiebungen je nach Bundesland sehr unterschiedlich praktiziert werden. Neben der Frage, ob es mit dem deutschen Asylrecht vertretbar ist, Menschen in ein Bürgerkriegsland wie Afghanistan abzuschieben oder Flüchtlinge, die hier gut integriert sind und teilweise seit Jahren leben, in ihre Ursprungsländer abzuschieben, hängt die Chance auf Verbleib oder die Gefahr der Abschiebung massiv davon ab, in welchem Bundesland und welcher Region in Deutschland ein Flüchtling lebt. Deutschland und gerade NRW können im Wahljahr 2017 zeigen, ob in Zukunft auf Herz oder Härte gesetzt werden soll.

Unmengen von Asylanträgen sind in der deutschen Bürokratie seit Jahren und Monaten unbearbeitet liegengeblieben. Auf der anderen Seite haben sich unzählige Ehrenamtliche überall im Land in höchstem Maße engagiert, um Geflüchteten den Start in Deutschland zu erleichtern und eine neue Perspektive zu schaffen. Flüchtlingshelfer und weite Kreise der Bevölkerung haben dafür gesorgt, das Geflüchtete hier integriert werden: Flüchtlinge singen mit im Männergesangverein, zahlreiche Flüchtlinge spielen mit und unterstützen unsere lokalen Fußball- und Sportvereine. Der Caritasverband und weitere andere Organisationen und Arbeitgeber unterstützen Flüchtlinge beim Weg in die deutsche Arbeitswelt. Eine wachsende Zahl von Flüchtlingen hat bereits eine Arbeitsstelle gefunden oder ist auf dem Weg in eine deutsche duale Ausbildung. Eine rigide Ablehnungs- und Abschiebungspolitik ist ein weiterer Schlag ins Gesicht dieser geflüchteten Menschen, aber auch ein Schlag in das Gesicht der zahllosen ehrenamtlich Engagierten, die sich mit langem Atem und großem Erfolg für Integration einsetzen.

Dazu gehört auch der Einsatz für berufliche Integration. Eine große Befragung des Unternehmensberatung Boston Consulting-Group unter Betrieben im „Netzwerk  Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ ergab, dass bei fast der Hälfte der Unternehmen die hohe Unsicherheit bezüglich einer möglichen Abschiebung für diese Unternehmen ein besonderes Problem darstellt. Die beteiligten Unternehmen beschäftigen etwa 2.500 Asylbewerber in Festanstellung, Ausbildung oder als Praktikanten. Die kulturellen Unterschiede werden kaum als Problem benannt, sondern die komplizierten Genehmigungsverfahren und das erwähnte Abschiebungsrisiko. Immerhin werden statistisch etwa 7.500 € seitens der Unternehmen pro Flüchtling in Qualifizierung inklusive Sprachförderung investiert. Auch der Caritasverband Olpe als einer der größten Arbeitgeber im Kreis Olpe hat inzwischen mehr als zehn Flüchtlinge in Anstellung, Qualifizierung, Bundesfreiwilligendienst oder Praktikum. Fast 100 Personen haben bei der Caritas im Kreis Olpe die Chance bekommen sich durch Hospitationen mit der beruflichen Perspektive im sozialen Bereich auseinanderzusetzen. Diese Chance wollen und müssen wir auch weiter eröffnen, vor Krieg, Verfolgung und Not geflüchtete Menschen haben diese Chance verdient. Ishfaq Masih aus Pakistan beispielsweise, der wegen der Verfolgung, der er als Christ im muslimisch geprägten Pakistan ausgesetzt ist, geflüchtet ist. Seit Mitte September 2016 ist er im Seniorenhaus Gerberweg der Caritas in Olpe als Pflegehilfskraft in Vollzeit beschäftigt. Seine überaus christliche Einstellung zur sozialen Arbeit, Lernbereitschaft und die Qualität seiner Arbeit im pflegerischen Bereich haben überzeugt, die Absolvierung einer deutschen Ausbildung als Pflegefachkraft wird jetzt angestrebt. Ishfaq Masih ist aufgrund seiner Verfolgungssituation, aber auch seiner Integrationsfähigkeit und Perspektive in einem Mangelberuf einer von unzähligen Fällen, wo eine klare und dauerhafte Bleibeperspektive zu schaffen ist.

Jedes Schicksal ist dabei ein Einzelschicksal und trotzdem gibt es große Zahlen, gerade im Hinblick auf Ausreiseverpflichtungen: Ende 2016 gab es fast 210.000 „Ausreisepflichtige“ in Deutschland, davon drei Viertel „Geduldete“ und ein Viertel „ohne Duldung“. Dem gegenüber standen 2016 bundesweit etwa 54.000 freiwillige Ausreisen und etwa 25.000 Abschiebungen laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Der Caritasverband Olpe plädiert für ein Bleiberecht für alle Flüchtlinge, die aus kritischen Konfliktregionen kommen oder bereits geduldet seit längerer Zeit in Deutschland leben und ruft alle Bürger auf, sich für eine gerechte und menschenwürdige Flüchtlingspolitik sowie vor Ort für Integration einzusetzen. Menschen, die trotz des Verlustes ihrer eigentlichen Heimat im Kreis Olpe und in Deutschland heimisch werden wollen, sollen und müssen eine faire Chance bekommen. Interessierte Flüchtlinge, die soziale Berufe in ihren Heimatländern erlernt und ausgeübt haben oder in Deutschland Interesse insbesondere in den Bereichen Pflege, Betreuung oder Hauswirtschaft haben, leiten ihre Kurzbewerbung an: Caritasverband Olpe, Personalabteilung, Alte Landstraße 4, 57462 Olpe.
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