Mutter-Kind-Haus Aline in Olpe: Gemeinschaft und Hilfe für „das Leben danach“

„LokalPlus hilft"


  • Olpe, 10.12.2017
  • Von Petra Hennemann
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Leiterin Annette Sawitza (rechts) und ihre Stellvertreterin Marion Weidlich. von Petra Hennemann
Leiterin Annette Sawitza (rechts) und ihre Stellvertreterin Marion Weidlich. © Petra Hennemann

Olpe. Zur Vorweihnachtszeit gehört der Adventskalender: jeden Tag ein Türchen öffnen zur Einstimmung auf das frohe Fest. Eine liebgewordene Tradition, die wir in diesem Jahr zum Anlass nehmen, ebenfalls Türen zu öffnen und hinter die Kulissen zu schauen. Wir besuchen Einrichtungen und Vereine im Kreis Olpe, die sich um Menschen kümmern, sich sozial engagieren und vielleicht nicht immer so im Fokus stehen, wie sie es verdient hätten. Wir sprechen mit Menschen, lassen uns herumführen und helfen für ein paar Stunden mit. Hier lest ihr, was Petra Hennemann im Mutter-Kind-Haus „Aline“ in Olpe erlebt hat.


Eine große Vorstellung von dem, was mich hinter der Türe des Mutter-Kind-Hauses Aline erwartet, habe ich ehrlich gesagt nicht. Als ich dann durch die Türe trete, werde ich sehr herzlich empfangen. Dabei geht es mir wohl wie den vielen Müttern und ihren Kindern, die hier ebenso herzlich in Empfang genommen werden, wenn ihnen hier eine neue Perspektive für ihr Leben gegeben wird.

Kurz nach dem Eintreffen sehe ich die vielen Kinderwagen im Flur stehen und lerne direkt Toni und seine Mama kennen. Der kleine Toni ist eineinhalb Jahre alt und wohnt mit seiner Mama schon im Mutter-Kind-Haus Aline, seitdem er geboren wurde. Die beiden zeigen mir nicht nur ihre kleine Zwei-Zimmer-Wohnung, in der sie gemeinsam im Mutter-Kind-Haus Aline wohnen, sondern erzählen mir auch ihre eigene Geschichte. Und schnell merke ich: Jede Mutter hat hier ihre individuelle Geschichte und wird demnach auch ebenso bedarfsgerecht betreut.
Regeln für das Miteinander
Toni nimmt mich an die Hand und zeigt mir sein Zimmer. Er wohnt hier mit seiner Mama, und sie teilen sich zwei Räume, die wie eine kleine gemütliche Wohnung eingerichtet sind. Dabei hat Toni sein eigenes Zimmer mit vielen Spielsachen. Wir hocken uns über seine Bauklötze, fangen an zu spielen, und seine Mama erzählt mir ihre Geschichte. Der Start im Mutter-Kind-Haus war für Toni´s Mama schwer. Vorher hatte sie in einer eigenen Wohnung gelebt, und dann waren viele unbekannte Menschen um sie herum. Dazu kamen noch die Regeln, an die sich hier jeder halten muss. „Das war ich von zu Hause ja gar nicht gewohnt“, sagt sie. Mittlerweile hat sie sich mittlerweile an das teilweise strenge Regelwerk gewöhnt. „Man kann hier die Gemeinschaft genießen, zusammen kochen, die Kinder zusammen spielen lassen, aber man kann sich ebenso auch zurückziehen, wenn man seine Ruhe braucht.“
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Als Toni auf die Welt kam, war seine Mutter nicht so selbstständig. Daher hat sie Hilfe in Anspruch genommen, auch wenn sie Angst hatte, dass Toni ihr weggenommen wird. Inzwischen hat sie gelernt, dass es sehr gut und vor allem sehr verantwortungsbewusst war, dass sie sich Hilfe geholt hat. Von Anfang an hatte sie eine tolle Bindung zu Toni, nur die Eigenständigkeit fehlte der damals 19-jährigen Wendenerin.
Ein Hilfeplan definiert Ziele
Diese Selbstständigkeit und auch das Selbstbewusstsein hat sie im Laufe der Zeit im Mutter-Kind-Haus Aline in Olpe gelernt. Die pädagogischen Fachkräfte erarbeiten mit den Müttern/Vätern gemeinsam die im Hilfeplan definierten Ziele. Im Bereich der Haushaltsführung wird sie – wie auch die anderen Mütter/Väter – von einer Hauswirtschafterin betreut, die den jungen Müttern nicht nur kochen, waschen und putzen beibringt, sondern auch viele Tipps in Sachen Hygiene rund ums Kind vermittelt.
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Mutter-Kind-Haus Aline in Olpe: Gemeinschaft und Hilfe für „das Leben danach“
Die hausinterne Kinderbetreuung sorgt nicht nur für eine Entlastung der Mütter, sondern ermöglicht es ihnen auch, die vielen Angebote im Mutter-Kind-Haus Aline in Anspruch zu nehmen. So werden unter anderem Elterntraining, Kunsttherapie und ein Kreativkreis angeboten. Eines der wichtigsten Elemente der pädagogischen Arbeit ist die „Marte Meo“-Methode, die zur Entwicklungsunterstützung und zur Stärkung der Bindung von Mutter und Kind beiträgt.
Neue Perspektive aufzeigen
Alle Leistungen des Mutter-Kind-Hauses sind darauf abgestimmt, den Müttern eine Perspektive aufzuzeigen und sie für „das Leben danach“ vorzubereiten. Für Toni und seine Mama bedeutet das, dass sie im März nächsten Jahres in eine eigene Wohnung ziehen werden und dann lediglich von der Außenbetreuung des Mutter-Kind-Haus Aline versorgt werden.

Nachdem mir Toni und seine Mama ihr „Zuhause auf Zeit“ gezeigt haben, sitze ich gemeinsam mit der Leiterin Annette Sawitza und der stellvertretenden Leiterin Marion Weidlich in gemütlicher Runde um einen Tisch, und die beiden erzählen mir vom Alltag im Mutter-Kind-Haus Aline. Die vielen Geschichten, die mir erzählt werden, machen mich traurig, denn mir wird bewusst, wie vielen jungen Müttern und Vätern es nicht gut geht und die Hilfe in Anspruch nehmen müssen, weil ihre Herkunftsfamilien nicht in der Lage sind, sich um das Kind und Enkelkind zu kümmern.
Menschlichkeit, Wärme, Engagement
Gleichzeitig bin ich beeindruckt von der Menschlichkeit, von der Wärme und dem Engagement der Mitarbeiter. Darüber hinaus macht es mich dankbar für mein eigenes Leben und für mein Umfeld bestehend aus meiner Familie und meinen Freunden. Erst wenn es einem schlecht geht, weiß man zu schätzen, wie wertvoll es ist ein stabiles Umfeld zu haben.

Zum Schluss stellt sich mir die Frage: Wie wird denn hier Weihnachten gefeiert? Frau Sawitza strahlt und sagt: „Ein paar Mütter fahren nach Hause, aber ein Großteil bleibt hier, und dann feiern wir alle zusammen und machen es uns gemütlich.“
Kurz & knapp

Das Mutter-Kind-Haus Aline gibt es seit knapp 21 Jahren und ist benannt nach der Ordensstifterin Maria-Theresia Bonzel, deren Rufnamen „Aline“ war. Seit der Gründung haben im Mutter-Kind-Haus Aline rund 360 Mütter mit 400 Kindern Hilfe zur Selbsthilfe erfahren. Aktuell wohnen im Mutter-Kind-Haus in Olpe 40 Mütter mit 55 Kindern und im Standort in Bornheim leben weitere 17 Mütter mit 24 Kindern. Betreut werden diese Mütter aktuell von rund 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich um das Wohl der Mütter und Kinder kümmern.

Der Verein Mutter-Kind-Hilfe e.V. Kreis Olpe unterstützt das Mutter-Kind-Haus Aline tatkräftig. Gegründet wurde dieser Verein 1992 von der ehemaligen Landesabgeordneten Elsbeth Rickers. Der Verein unterstützt, indem er pädagogische Angebote finanziert und darüber hinaus Ausflüge für die Mütter und Kinder ermöglicht.
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