„Wir arbeiten nicht für uns, sondern es geht immer um die Kinder“

Abschieds-Interview mit Schulleiter Bernd Holzapfel


  • Lennestadt, 24.01.2021
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  • Von Kerstin Sauer
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Schulleiter Bernd Holzapfel an seinem Schreibtisch, den er nach und nach räumen wird, bevor er am Freitag, 29. Januar, die Sekundarschule Hundem-Lenne verlässt. von privat
Schulleiter Bernd Holzapfel an seinem Schreibtisch, den er nach und nach räumen wird, bevor er am Freitag, 29. Januar, die Sekundarschule Hundem-Lenne verlässt. © privat

Meggen/Kirchhundem. Der Kapitän verlässt sein Schiff: Nach 21 Jahren als Schulleiter in Meggen - anfangs an der Realschule, seit 2014 an der Sekundarschule Hundem-Lenne – geht Bernd Holzapfel nun in den wohlverdienten Ruhestand. Schweren Herzens, wie der 64-jährige Bad Laaspher in seinem Abschieds-Interview mit LokalPlus erklärt.


Abschied in Zeiten von Corona – erleichternd oder umso schwerer?

Letzteres. Ich bin zwar generell kein Freund von diesen Großveranstaltungen, daher fehlt mir eine große Verabschiedung nicht. Aber ich habe die Kollegen alle zusammen zuletzt im September bei einer Konferenz in der Turnhalle gesehen. Das ist nicht schön, dass man die Menschen, mit denen man so lange zusammengearbeitet hat, so verlässt.

Eigentlich war mein Plan, ab kommendem Dienstag durch alle Klassen und Kurse zu gehen und mich von den Schülern und Kollegen zu verabschieden. Dass ich mich von denen, für die ich hauptsächlich da sein sollte, nicht verabschieden darf, begleitet mich mit Wehmut.

Schülersprecher mit Verantwortung

Beruf oder Berufung Lehrer: Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?

In der Jahrgangsstufe 10/11 war ich Schülersprecher am Gymnasium und durfte Vorschläge einbringen, das Leben an der Schule ein paar Tage lang anders zu gestalten. Dazu gehörte unter anderem die Planung eines Schulfestes. Ich hatte das Glück, auf einen Schulleiter zu treffen, der meine Überlegungen sehr ernst begleitet hat. Es war eine Wahnsinns-Erfahrung, als Schüler Ideen einbringen zu dürfen und an der Umsetzung beteiligt zu sein. Diese Situation war mit verantwortlich für meinen Wunsch, einmal Schulleiter zu werden. Das war das Schlüsselerlebnis, das mir zeigte, dass man Schule gestalten und verändern kann.

Wie hat sich Ihr Beruf in den vergangenen Jahrzehnten verändert?

Der Beruf des Lehrers hat sich erheblich verändert. Die Situation als Wissensvermittler, Erzieher, Begleiter und Unterstützer ist in eine ganz andere Verteilung gekommen: Früher stand die Wissensvermittlung im Vordergrund. Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen ist die Wissensvermittlung immer noch ein Bestandteil, aber eine Vielzahl anderer Kompetenzen müssen mit vermittelt werden.

Die Sekundarschule Hundem-Lenne. von Nils Dinkel
Die Sekundarschule Hundem-Lenne. © Nils Dinkel

Sie haben die Sekundarschule Hundem-Lenne mit aufgebaut. War die Entscheidung, Sekundarschulen zu gründen, richtig?

Wir hatten zu der Zeit gar keine andere Möglichkeit, als die Sekundarschule zu gründen. 2013 wurde die Dramatik der Entwicklung in der Schullandschaft ganz deutlich: Die Schülerzahlen an den Hauptschulen waren komplett eingebrochen und wir standen vor einer Vielzahl von neuen Herausforderungen. Aus dieser Situation heraus ist die Sekundarschule entstanden. Da konnte ich natürlich vieles von dem, was ich in den vergangenen 30 Jahren in meinem Beruf erlebt hatte, einfließen lassen. Das war für mich eine neue Aufgabe und eine Herausforderung, Schule so zu gestalten, dass sie in diese momentane Zeit besonders passt – eigentlich die größte Herausforderung in meiner Laufbahn.

Eine erfahrene Leitung, engagierte Kollegen und ein gutes Konzept – doch die Sekundarschule muss immer noch um ihren Ruf kämpfen. Was meinen Sie, woran das liegt?

Die Sekundarschule ist in unserer Region eine noch immer relativ unbekannte Schulform, da Eltern und Großeltern mit dem dreigliedrigen Schulsystem aufgewachsen sind. Sie bildet einen völlig neuen Ansatz der Arbeit mit Schülern im längeren gemeinsamen Lernen.

Diese neue, unbekannte Schulform übernahm diese Aufgabe in einer insgesamt sehr herausfordernden Zeit, die praktisch mit der Gründung der Schule begann.

Alles auf den Prüfstand stellen

Wir müssen in den nächsten Jahren an der Situation arbeiten, dass die Sekundarschule immer noch um ihren Ruf kämpfen muss. Es ist ganz wichtig, dass wir nicht stehen bleiben, sondern alles noch einmal auf den Prüfstand stellen. Im vergangenen Sommer haben wir erstmals einen Zehner-Jahrgang verabschiedet. Jetzt im Februar ist geplant, eine Abfrage unter ehemaligen Schülern zu machen, wie ihr Weg nach dem Abschluss weiter gegangen ist und wie zufrieden sie mit der Vorbereitung in der Schule auf das Arbeitsleben waren. Diese Abfrage hätte ich sehr gerne noch miterlebt.

So habe ich immer gearbeitet: Wenn ich irgendwas gemacht habe, schaue ich mir die Auswirkungen und steuere ggf. nach. Das ist ganz wesentlich, so ein System nachhaltig und dauerhaft weiterzuentwickeln. Wir werden sicherlich an verschiedenen Stellen das ein oder andere verändern. Die Eltern sollen verstehen, dass die Sekundarschule eine ganz moderne Schule ist, die sich den Herausforderungen stellt. Wir können uns nicht auf etwas Althergebrachtes berufen oder uns darauf ausruhen, das geht nicht.

Wie gehen Sie – schweren Herzens beim Blick zurück oder voller Vorfreude auf den Ruhestand?

Schweren Herzens. Aber in Abwägung von Gesundheit und Weiterentwicklung dieser Schule habe ich mich für die Gesundheit entschieden und übertrage die Weiterentwicklung der Schule auf andere Schultern.

Zum ersten Mal Urlaub außerhalb der Ferien

Wie möchte Schulleiter Bernd Holzapfel seine Tage demnächst füllen?

Privat wartet auf mich eine Riesen-Aufgabe, nämlich große Baumaßnahmen am Haus. Darauf freue ich mich. Ich möchte Sport machen, vor allem Wintersport. Außerdem würde ich gerne nochmal eine Skandinavien-Tour mit dem Auto oder dem Wohnmobil machen. Ich kann ja jetzt außerhalb der Ferien in den Urlaub fahren – das ist völlig verrückt.

Den Kontakt zur Sekundarschule Hundem-Lenne halte ich nur, wenn es gewünscht ist oder wenn ich gefragt werde. Verabschiedung heißt für mich: Ich halte mich aus allem raus, was läuft; aber ich stehe immer als Berater zur Verfügung.

Herausforderung Corona: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Wir müssen das Beste draus machen. Wir arbeiten alle zusammen, um für die Schüler die Situation so gut wie möglich zu gestalten. Das war immer mein Motto: Als Erstes die Kinder. Wir arbeiten nicht für uns und für unser Ego, sondern es geht immer um die Kinder.

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