„Viele Menschen haben Scheu, Hilfe in Anspruch zu nehmen“

Ehrenamtsbörse zu Besuch in LP-Redaktion


  • Lennestadt, 12.08.2019
  • Von Wolfgang Schneider
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Hartmut Schweinsberg und Andrea Schiller beim Besuch in der LP-Redaktion. von Nils Dinkel
Hartmut Schweinsberg und Andrea Schiller beim Besuch in der LP-Redaktion. © Nils Dinkel

Lennestadt. Besuch von der Ehrenamtsbörse EiL (Ehrenamt in Lennestadt) hatte kürzlich die LokalPlus-Redaktion. EiL-Sprecher Hartmut Schweinsberg und seine Mitstreiterin Andrea Schiller sprachen mit den Redaktionsmitgliedern über die wichtige Aufgabe der Ehrenamtsbörse und die sich wandelnden Herausforderungen.


„Einsamkeit ist ein Riesenthema“, berichtet Schweinsberg. Alter, Krankheit oder finanzielle Probleme sorgen dafür, dass Menschen vereinsamen und kaum noch soziale Kontakte pflegen. „Viele gehen nicht mehr raus, weil sie nicht fit sind“, weiß Schweinsberg. Mit persönlichen Besuchen sei es dann oft schwierig: „Die Leute sind gestresst, sei es durch das Putzen, bevor Besuch kommt, oder durch das Bewirten der Gäste.“

Um die einsamen Menschen trotzdem zu erreichen, hat die Ehrenamtsbörse einen telefonischen „Besuchsdienst“ eingerichtet. „Inzwischen sind fast 20 EiL-Mitglieder als Telefonberater geschult worden“, sagt Schweinsberg. Die reden dann zu abgesprochenen Zeiten am Telefon mit den einsamen Menschen, geben ihnen Tipps und sprechen ihnen Mut zu.
Heile Welt nach außen hin
„Aber viele Menschen haben Scheu, Hilfe in Anspruch zu nehmen“, bedauert Andrea Schiller. „Auch wenn es ihnen schlecht geht, spielen sie nach außen hin noch heile Welt vor.“ Das merken die Aktiven der Ehrenamtsbörse auch bei ihren regelmäßigen Aktivitäten: „Bei unseren Frühstücksangeboten erreichen wir meistens nur Frauen. Und auch der Männerstammtisch läuft mit fünf, sechs Teilnehmern eher schleppend“, berichtet Hartmut Schweinsberg.

Gerade älteren Menschen falle es schwer, sich helfen zu lassen. So gibt es bei der Taschengeldbörse zahlreiche Jugendliche, die Hilfe anbieten, um sich ihr Taschengeld aufzubessern. Doch die Nachfrage von Senioren nach Unterstützung beim Einkauf, in Haus und Garten ist überschaubar.
Probleme mit den Strukturen
Probleme hat EiL aber nicht nur wegen der zurückhaltenden Art vieler Menschen, sondern auch wegen der besonderen Struktur der Lennestadt. „Es gibt keinen gewachsenen großen Kernort wie zum Beispiel in Olpe oder Attendorn. Stattdessen gibt es viele größere Ortschaften. Da ist es schwierig, eine zentrale Anlaufstelle zu schaffen. Sondern man muss vor Ort in den einzelnen Dörfern präsent sein“, erklärt Schweinsberg. Ansprechpartner in den Orten zu finden, sei eine zusätzliche Schwierigkeit.

In den neun Jahren ihres Bestehens hat die Ehrenamtsbörse viel erreicht, ist aber längst noch nicht am Ziel. „Ehrenamt ist und bleibt wichtig. Wir wollen etwas tun, weil es der Gesellschaft gut tut“, schildern Schweinsberg und Schiller ihre Motivation.
 von Nils Dinkel
© Nils Dinkel

EiL habe sich seit 2010 zu einer Marke entwickelt, doch es gebe auch Abnutzungserscheinungen. „Wir verlieren bald zwei, drei Leute aus unserem Team. Wir müssen uns fragen, wie wir die Jugend erreichen. Und wir müssen darüber nachdenken, wo und wie intensiv sich Freiwillige engagieren können“, bilanziert Schweinsberg.

Ein Wunsch von ihm sind mehr hauptamtliche Kräfte, die die Ehrenamtler unterstützen. Außerdem schwebt ihm vor, die heimischen Betriebe stärker für das Thema Ehrenamt zu sensibilisieren: „Dann könnte man aus den Belegschaften vielleicht Nachwuchskräfte für die Vereinsarbeit und den gesamten Ehrenamtsbereich gewinnen."
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