Bürgerversammlung in Elspe: Lennestadt hält zusammen

600 Frauen, Männer und Jugendliche informierten sich zum Thema "Flüchtlinge" / Hundt: "Dank für jede Hilfe"


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An die 600 Bürger waren der Einladung der Stadt in die Elsper Schützenhalle gefolgt und informierten sich über den aktuellen Stand in Sachen "Flüchtlinge". von s: Kerstin Sauer
An die 600 Bürger waren der Einladung der Stadt in die Elsper Schützenhalle gefolgt und informierten sich über den aktuellen Stand in Sachen "Flüchtlinge". © s: Kerstin Sauer

„Wir haben eine Marathonstrecke vor uns und brauchen unterwegs viele Tankstellen.“ Hartmut Schweinsberg, Sprecher der Ehrenamtsbörse EiL, brachte es bei seiner Wortmeldung während der Bürgerversammlung zum Thema „Flüchtlinge“ auf den Punkt: Es wird noch einiges auf Lennestadt zukommen. Doch mit der Hilfe und dem Zusammenhalt aller soll auch dieser Kraftakt gelingen.


Fast jeder Sitzplatz in der Elsper Schützenhalle war besetzt. An die 600 Frauen, Männer und Jugendliche aus ganz Lennestadt waren der Einladung der Stadt Lennestadt gefolgt, um über den aktuellen Stand zum Thema „Asylsuchende in Lennestadt“ informiert zu werden. Tenor: Den Menschen muss geholfen werden.
60 Asylsuchende in drei Wochen
„Das Thema ist in Lennestadt längst angekommen“, eröffnete Bürgermeister Stefan Hundt die Versammlung. So wurden alleine Lennestadt in den vergangenen drei Wochen mehr als 60 Asylsuchende zugewiesen. Mit einer genau organisierten Willkommensstruktur möchte Lennestadt den Menschen helfen, schnell Fuß zu fassen.
Diese Struktur erklärte Thomas Meyer, Leiter Soziales bei der Stadt: „Wir wollen die Menschen sehr schnell integrieren und helfen ihnen, die deutsche Sprache zu lernen, Praktika und gemeinnützige Arbeiten zu absolvieren, unterstützen sie bei der Wohnungssuche und vermitteln Patenschaften.“ Die Wohnsituation erläuterte Bürgermeister Hundt: „Es stehen städtische Immobilien, Wohncontainer, private Wohnungen und angemietete Immobilien zur Verfügung.“ Oberstes Gebot dabei sei die gleichmäßige Verteilung auf ganz Lennestadt. Das sei bisher auch gut gelungen und solle auch in Zukunft so weitergehen. Der Plan: „Weitere Asylsuchende werden in Bilstein, Elspe, Altenhundem, Maumke, Meggen, Halberbracht, Oedingen und Kirchveischede untergebracht.“
Von den drei Wohncontainern, für dessen Anschaffung der Rat der Stadt Lennestadt in der vergangenen Woche grünes Licht gegeben hatte, werde einer in Saalhausen und einer in Altenhundem aufgestellt. Hundt weiter: „In Langenei/Kickenbach sind bisher gar keine Flüchtlinge untergebracht, in Oberelspe erst einer – das wird sich ändern. Wir freuen uns immer über Wohnangebote aus diesen Orten.“ Etwa 25 Hilfesuchende nehme Lennestadt derzeit pro Woche auf, so Hundt weiter. „Sie sehen also: Die Unterbringungsmöglichkeiten werden schnell aufgebraucht sein.“ Daher sei es nicht auszuschließen, dass vorübergehend auch Turnhallen in Anspruch genommen werden könnten.
Dankbar zeigte sich Bürgermeister Hundt angesichts einiger privater Wohnraumangebote, die in den vergangenen Wochen immer wieder eingetroffen sind. „Ich kann Ihnen sagen, da freut man sich wie ein kleines Kind, wenn eine Familie eine leerstehende Wohnung anbietet.“ Und weiter: „Wir fahren gut in Lennestadt, wenn wir zusammenhalten. Ein großes Dankeschön, wie hier mitgeholfen wird – jeden Tag, jede Woche.“
Auch Enttäuschungen
Natürlich erlebe man auch Enttäuschungen. Mietangebote, die zurückgezogen werden. Unterbringungsmöglichkeiten, die urplötzlich nicht mehr zur Verfügung stehen. So habe die Stadt auf einmal keinen Zugriff mehr auf das AWO-Seniorenhaus in Meggen – warum auch immer. Ein großes Thema des Abends war außerdem der Umbau der Elsper Hauptschule, um auch dort Flüchtlinge unterzubringen. Derzeit arbeiten dort die Trockenbauer, nach Fertigstellung der Schule in etwa drei bis fünf Wochen soll das Gebäude sofort für Flüchtlinge in Anspruch genommen werden.
Geplant ist, erstmal 50 Menschen im Erdgeschoss unterzubringen – Prognosen, wie lange es bei den 50 bleibt, konnte Stefan Hundt nicht abgeben: „Nochmal: Die dezentrale Unterbringung ist am wichtigsten. Wir wollen die Menschen auf das Stadtgebiet verteilen.“ Und Heinz Vollmer, Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat, fügte in seiner Wortmeldung hinzu: „Natürlich könnten mehr Asylsuchende in der Elsper Hauptschule beherbergt werden – aber weil die Dezentralität das wichtigste Kriterium ist, haben wir die Anschaffung von drei Wohncontainern beschlossen, damit wir die Menschen verteilen können.“
Kindergärten und Schulen berücksichtigen
Dezentralität dürfe aber nicht das einzige Kriterium bei der Verteilung der Hilfesuchenden sein, meldete sich Alfons Heimes, ehemaliger Bürgermeister der Stadt Lennestadt, zu Wort: „Die Menschen müssen auch entsprechend der Einzugsbereiche der Kindergärten und Schulen verteilt werden.“ Aus diesem Grund stehe er immer in engem Kontakt zu den Schulleitern im Stadtgebiet, betonte Stefan Hundt: „Wir müssen aber Rücksicht auf das Klassenlimit nehmen, außerdem muss die Anzahl der Lehrer steigen.“ Wichtig sei aber, die Kinder sofort zu integrieren. Und das nicht nur in der Schule, sondern auch in den Kindergärten, wie Gleichstellungsbeauftrage Petra Peschke-Göbel sagte. Sie betonte: „Flüchtlinge werden hier nicht bevorzugt behandelt. Im Gegenteil: Viele Eltern möchten ihre Kinder nach der Odyssee, die sie hinter sich haben, gar nicht abgeben.“
Mit Blick auf zahlreiche Sportvereine, die bei einer Besetzung ihrer Sporthallen nicht mehr trainieren können, appellierte Stadtsportverbands-Vorsitzender Franz-Josef Rotter an die Schützenvereine: „Bitte stellt eure Hallen zur Verfügung.“ Peter Allebrodt, Vorsitzender des Schützenvereins Bilstein, hofft jedoch, dass es erstmal nicht zu diesem Schritt kommt: „Wenn die Vorgabe von oben kommt, haben wir natürlich keine andere Möglichkeit.“ Aber mit Blick auf die zahlreichen Vereine, die die Hallen nutzen, und die Feierlichkeiten wie Karneval und Schützenfest verstehe er, wenn Schützenvereine ihre Hallen nicht anbieten. Bürgermeister Hundt konnte erstmal Entwarnung geben: „Im Moment brauchen wir die Hallen noch nicht.“
318 Migranten in Lennestadt: Paten gesucht
- 256.938 Hilfesuchende sind von Januar bis Ende August in Deutschland angekommen; - bis Ende September werden es eine halbe Millionen Menschen sein; - bis zum 21. September wurden Lennestadt 193 Asylsuchende zugewiesen; - die Prognose geht von 400 bis 500 Personen aus, die bis Ende des Jahres die Zuweisung nach Lennestadt erhalten; - 318 Asylbewerber leben derzeit insgesamt in Lennestadt, bis Jahresende werden es geschätzte 500 bis 600 sein; - die 318 Asylbewerber kommen aus etwa 30 Nationen, davon die meisten aus Syrien, dem Kosovo, Serbien, Afghanistan und Pakistan; - von den 318 Menschen sind 145 Einzelpersonen, 173 leben in insgesamt 45 Familien; - die Stadt Lennestadt arbeitet mit dem Patenschaftsmodell: Menschen können sich freiwillig melden und eine Patenschaft übernehmen. Infos gibt Petra Peschke-Göbel unter 02723/608-221.
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