Abschied nach 51 Jahren: Der Mann mit der Mütze geht

Postbote Manfred Sauer aus Altenhundem umrundete vier Mal die Erde


An Silvester 2015 drehte Postbote Manfred Sauer zum letzten Mal seine Runde: Jetzt ist er im wohlverdienten Ruhestand. von s: Kerstin Sauer
An Silvester 2015 drehte Postbote Manfred Sauer zum letzten Mal seine Runde: Jetzt ist er im wohlverdienten Ruhestand. © s: Kerstin Sauer

Nach 51 Jahren und rund 160.000 Kilometern zu Fuß hängt Manfred Sauer seine Postmütze an den Nagel: Der 65-Jährige, der im Jahr 2007 zum „beliebtesten Postboten im Kreis Olpe“ gewählt wurde, ist am letzten Tag des Jahres 2015 in den wohlverdienten Ruhestand gegangen.


„Selbstverständlich fällt es nicht leicht. Nach so vielen Jahren. Mit so vielen freundlichen Kunden“, sagt der Altenhundemer, fügt aber sofort hinzu: „Es wird jetzt Zeit.“ Ein letztes Mal hat Manfred Sauer an diesem Morgen seine Postkarre vollgeladen. Zieht zügig durch sein Gebiet „hinter dem Jordan“, wie die Altenhundemer den Bereich hinter der Schranke nennen. Wimberg, Unterm Wimpel, Ennest, Lennhelle, Biertappen – das ist sein Beritt. Seit 15 Jahren. Und hier nehmen die Leute an seinem letzten Tag Abschied von ihm.
Ausbildung mit 14 Jahren
„Am 1. April 1965 habe ich meine Ausbildung zum Postjungboten begonnen“, erinnert sich Manfred Sauer. 14 Jahre alt war er damals. Nach drei Jahren legte er die Prüfung ab, stieg ein in ein „Beamtenverhältnis auf Probe“, bis er mit 27 Jahren „Beamter auf Lebenszeit“ wurde. In den fast 51 Jahren als Postbote war er in Olpe, Saalhausen, Meggen, aber meistens in Altenhundem tätig. Hier drehte er seine Runden „per pedes“, 15 Kilometer mit 500 Haushalten am Tag - knapp vier Mal um die Welt, rechnet man jeden gelaufenen Meter zusammen. Jahre, auf die der 65-Jährige gerne zurück blickt. „Es ist wichtig, Spaß an seinem Beruf zu haben. Für mich war es nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung“, sagt Manfred Sauer. Der Kontakt zu den Menschen, hier ein Schwätzchen, da ein längeres Gespräch – das war es, was den Altenhundemer Tag für Tag morgens um 4.50 Uhr aus dem Bett trieb.
Briefträger als Vertrauensmann
Sein schönstes Erlebnis? Manfred Sauer lacht: „Es gab in den Jahren so viele Erlebnisse, schöne und traurige, da kann man keins heraus fischen.“ Doch eine Geschichte erzählt er besonders gerne: „Eine ältere Dame drückte mir einmal 200 Euro in die Hand, die ich im Pfarrbüro für die Kirchenglocken abgeben sollte.“ Einfach so. Keine Frage: Der Herr Sauer wird das schon machen. Manfred Sauer kennt seine Kunden. Weiß, wer gerne mal ein bisschen plaudert, wer Probleme hat, bei wem sich was tut. „Nach dem Pastor bin ich wohl die größte Vertrauensperson hier“, sagt er und lacht laut. Und auch seine Kunden kennen „ihren“ Postbeamten: An bestimmten Etappen seiner Tour halten sie Kaffee für ihn parat oder stellen eine Flasche Wasser nach draußen. Selbst sein Schuhwerk wurde bis zu drei Mal im Jahr von einem Kunden „neu beschlagen“.
Willkommen im Ruhestand
Als Postbote Manfred Sauer sich an seinem letzten Arbeitstag auf den Weg machte, war ihm schon „etwas seltsam“ zumute. Ein Lebensabschnitt geht zu Ende. „Das wird mich die erste Zeit noch begleiten“, weiß der 65-Jährige. Trotzdem freut er sich auf den Ruhestand: Darauf, mit seiner Frau Hetti durch die Wälder zu wandern. Zu lesen. Und Zeit mit seiner Familie – drei Söhne, drei Schwiegertöchter und sechs Enkel – zu verbringen.
Der Abschied fällt nicht nur ihm schwer. So sagte kürzlich ein Kunde zu ihm: „Ich gönne dir ja deinen Ruhestand – aber ich hätte es trotzdem lieber, wenn du noch bliebest.“ Über solche Sätze freut sich Manfred Sauer. Und zieht eine Postkarte aus der Tasche, die ihn jetzt erreichte. Darauf ein Foto, er selbst von hinten, die Postkarre an der Hand, mit dem Satz: „Der Mann mit der Mütze geht nach Hause. Tschüss, Manni.“
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