Warum ich mich über das Comeback der Schallplatte freue

Die Kolumne von Lucas Schwarz, Teil 12


Am Ende werden ihm zwei Schuljahre fehlen: Die 3. Klasse, die er übersprungen hat, und ein Jahr am Gymnasium. Lucas Schwarz macht am Städtischen Gymnasium das so genannte G8- oder „Turbo-Abitur". Der 15-Jährige bezeichnet sich selbst als Film-Junkie, spielt Gitarre - und liebt das Schreiben. Diverse Kurzgeschichten, sogar zwei Romane hat er bislang verfasst, peilt die Teilnahme an Poetry Slams an. Bei LokalPlus erscheint ab sofort immer samstags die Kolumne des jungen, unbekannten Schriftstellers aus Lennestadt.


Ich habe in dieser Kolumne schon einmal über meine Verbundenheit zur Musik. Heute möchte ich mich mit einem ähnlichen Thema befassen, nämlich einer Sache, mit der Musik zusammenhängt: Tonträger. Das mag vielleicht erstmal langweilig klingen, aber wenn man sich mal genauer damit befasst, ist an der aktuellen Situation der physisch verkauften Musik einiges über unsere moderne Konsumgesellschaft abzulesen. Rekapitulieren wir einmal kurz: Früher, als Tonträger in den Kinderschuhen steckten, gab es die Schallplatte. 1857 von einem Franzosen erfunden, wurde sie schnell massentauglich und in ihrer auch noch heute zu findenden Ausführung und Form zu dem Medium des 20. Jahrhunderts. In den frühen 70ern kam die Audiokassette auf den Markt, die aber trotz in sie gelegter Hoffnung nicht gut mit dem etablierten Vinyl konkurrieren konnte.
Siegeszug der CD
Und dann, 1982, kam das Medium ans Tageslicht, das eben diesen Konkurrenzkampf gegen die Schallplatte, in dem die MC so versagte, haushoch für sich entschied und seinen Posten bis heute zumindest auf dem physischen Markt erhalten hat: die CD. Billy Joels sechstes Album „52nd Street“ ist der Anfang eines Siegeszuges sondergleichen, bis etwa 2012 scheint die Schallplatte kaum mehr zu existieren. Wenn man heute in einen Elektromarkt geht oder in einen dieser kleinen spezialisierten Plattenläden (deren Aussterben und der Unfairness dieses Aussterbens man eine eigene Kolumne widmen könnte), sieht man immer noch zu 90 Prozent CDs in den Musikregalen. Nicht so wie bei den Filmen, wo nach der VHS-Ablöse, der DVD, vor einigen Jahren die Blu-Ray herauskam und nun langsam eine neue Rangordnung erkennbar ist, haben sich die Compact Discs gut gehalten.
Sound und Haptik besonders befriedigend
Ich sagte ja bereits, dass es ab 2012 einen kleinen Aufschwung der Schallplatte gab, neue Platten werden wieder mehr gekauft. Gerade für junge Leute, die das Vinyl selbst nicht so sehr miterlebt haben wie ältere Menschen, ist es zu einem Trendobjekt geworden. Auch ich besitze viele Schallplatten, zwar immer noch weitaus weniger als CDs in meinen Regalen zu finden sind, aber es ist schon eine schöne kleine Sammlung. Ich finde die Wertschätzung gerade dieses aus der Mode gekommenen Tonträgers sehr wichtig, denn Vinyl hat einen tollen Sound und das Haptische ist viel größer und (klingt vielleicht komisch, ist aber so) befriedigender für den Musikliebhaber als bei einer CD. Ich hoffe, dass sich dieser Trend weiter fortsetzt; auf Zahlen aus den 80ern wird man zwar nie wieder kommen, aber es ist toll zu sehen, dass Leute doch noch Interesse an den schwarzen Scheiben haben. Und das ist eine gute Überleitung: Vinyl kann die CD bestimmt nicht mehr ablösen – muss es aber auch gar nicht. Denn die CD wird selber abgelöst, und das auf eine Art und Weise, die mir und vielen anderen Leuten nicht sehr gut gefällt. Der digitale Download und die Streaming-Dienste sind im Begriff, in einigen Jahren mit ihrer Riesenwelle den physischen Markt fast komplett überrollt, sprich: unbedeutend gemacht zu haben.
Streaming: Grundgedanke des Konsumwahns
Auch ich nutze Spotify. Und ich mag es eigentlich. Es ist eine gute Möglichkeit, sich zu informieren, Musik von gewissen Künstlern zu hören, mit denen man sich noch nicht so gut angefreundet hat, dass es für den Kauf eines Tonträgers reicht oder auch einfach durch das recht gut gemachte Entdecken-System des Programms neue, aufregende, frische Sachen zu finden. Ich finde, es ist eine gute Ergänzung, Erweiterung. Und es ist ferner auch gesellschaftlich durchaus zu verstehen, warum Streaming-Portale Hochkonjunktur haben – man kann sehr leicht sehr schnell sehr viel sehr abwechslungsreich haben, und das ja nichts anderes als der Grundgedanke des Konsumwahns. Doch es ist mir ein großes Anliegen, dass nicht spezifisch CD oder Vinyl, sondern einfach ganz allgemein Tonträger nicht aussterben. Ich kann mich mit der Möglichkeit des Streamings als Ergänzung abfinden. Die digitalen Downloads finde ich komplizierter zu begreifen. Man zahlt nur zwei, drei Euro mehr für die CD des Albums, was man kauft. Wieso sollte man es nicht richtig besitzen wollen, sondern nur digital, als substanzlose Einsen und Nullen?). Ich fände es zu schade um den Sammelfaktor. Musik ist für mich immer noch am besten, wenn ich sie auf einem Gegenstand vorliegen habe.
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