Von Brexit bis Feminismus – drei Tage im Europäischen Parlament in Brüssel

Lea Engelbrecht bloggt für LokalPlus: Aus der Sicht einer Schülerin


  • Kreis Olpe, 20.04.2019
  • Von Lea Engelbrecht
    Profilfoto Lea Engelbrecht

    Lea Engelbrecht

    Redaktion

 von Lea Engelbrecht
© Lea Engelbrecht

Kreis Olpe. Vom 3. bis 5. April verbrachte ich drei Tage in Belgiens Hauptstadt Brüssel, die auf Europa bezogen wohl eine der bedeutsamsten Städte ist. Ich hatte mich auf eine Anzeige der SPD-Europaabgeordneten Birgit Sippel beworben, die Mädchen im Alter von 16 bis 18 Jahren im Rahmen des „GirlsDay“ einlud, nach Brüssel zu kommen. Dort konnten wir erleben, was im Parlament passiert, mit Politikern diskutieren und einiges über die EU und ihre Aufgaben lernen.


Gleichzeitig soll dieses Angebot aber auch Werbung dafür sein, dass sich junge Frauen für die Politik interessieren, denn die Politik braucht mehr Frauen und auch junge Menschen!

Die Anreise erfolgte zunächst individuell bis nach Köln. Dort haben wir uns dann am Gleis kennengelernt und sind zusammen mit dem Zug nach Brüssel gefahren. Wir, das sind Mädchen und junge Frauen aus ganz NRW, die sich an diesem Tag fast alle zum ersten Mal gesehen haben.

In Brüssel angekommen, haben wir kurz im Hotel eingecheckt und dann begann auch schon unser erster Workshop mit dem Thema „Feminismus“. Schon ein recht schwieriges Thema zu Beginn. Doch ich muss sagen: Nach der Diskussionsrunde hat sich mein Blickwinkel verändert.  Ich kann mich nur schwer mit dem Begriff „Feminismus“ identifizieren, weil er meiner Meinung nach sehr negativ behaftet ist. Außerdem bin ich nicht der Meinung, dass Frauen zum Beispiel nicht durch eine Quote unterstützt werden sollen. Ich möchte schließlich nicht nur in einer Führungsposition arbeiten, damit ich die Quote erfülle.
Bildergalerie starten
Von Brexit bis Feminismus – drei Tage im Europäischen Parlament in Brüssel
Doch im Gespräch mit den anderen habe ich festgestellt, dass es ganz davon abhängt, wie man den Begriff „Feminismus“ definiert.  Natürlich möchte ich, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind und die gleichen Chancen haben, damit am Ende wirklich jeder, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Staatsangehörigkeit fair nach seinen Leistungen beurteilt wird. Doch leider existiert diese Chancengerechtigkeit oftmals nicht und ich möchte mich dafür einsetzen, diese im Laufe der Zeit zu schaffen.
Frauen in vielen Bereichen unterrepräsentiert
Von dieser Seite betrachtet, bin ich also eine Feministin. Das heißt aber nicht, dass ich alle Männer pauschal hasse, meine BHs verbrenne oder von allen Wörtern weibliche Formen verwende (was ich in diesem Blog ja auch nicht tue). Doch es ist wichtig, sich vor Augen zu führen, dass Frauen 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Betrachtet man jedoch den Anteil von Frauen im  Bundestag, um wieder zurück auf die Politik zu kommen, stellt man fest, dass nur 31 Prozent der Abgeordneten weiblich sind. Im Jahr 2017 waren in Deutschland ungefähr 43 Prozent der Bevölkerung jünger als 40 Jahre, aber sie werden repräsentiert von nur knapp 20 Prozent der Abgeordneten.  Daran sieht man sehr eindrücklich, dass, wie ich es bereits in der Einleitung erwähnt habe, die Politik mehr junge Frauen braucht. 
Diskussion über aktuelle Themen
Nach dem Workshop trafen wir uns das erste Mal mit den Abgeordneten, die uns nach Brüssel eingeladen hatten, zum Abendessen. Nun hatten wir die Gelegenheit, uns mit ihnen auszutauschen und auch schon ein wenig zu diskutieren. Diese Gespräche konnten wir dann am nächsten Morgen bei unserem Besuch im Europäischen Parlament weiter vertiefen. Hierbei handelte es sich um Workshops zu verschiedenen Themen wie unter anderem  „Erasmus und Bildung“, „Flucht und Migration“ und „der Brexit und seine Folgen“.

Ich fand bei allen Gesprächen gut, wie die Abgeordneten auf uns eingegangen sind. Ich habe wirklich viel neues dazugelernt und hatte das Gefühl, dass sich alle Abgeordneten und ihre Mitarbeiter sehr darauf gefreut haben, dass wir der Einladung gefolgt sind. Am Mittag, nachdem wir eine leider viel zu kurze Führung durch das Parlament erhalten haben, haben wir im sogenannten „Parlamentarium“  zwei Abstimmungen über fiktive Gesetzentwürfe im EP simuliert.
 von Lea Engelbrecht
© Lea Engelbrecht
An dieser Stelle wurde mir so wirklich bewusst, wie komplex die Wege zur Entscheidungsfindung sind. Es müssen viele Informationen durch Literatur, Experten und auch durch Gespräche mit den Bürgern eingeholt werden und dann müssen Kompromisse mit anderen Fraktionen und möglicherweise auch später mit dem Ministerrat erzielt werden. Abends fand noch eine Stadtführung auf den Spuren revolutionärer Frauen statt.

An unserem letzten Tag in Brüssel  hatten wir zunächst ein, wie ich fand, sehr interessantes Gespräch in der Landesvertretung NRW. Dort erfuhren wir etwas über die einzelnen Institutionen der EU und ihre Geschichte. Danach hatten wir erneut eine Diskussion über „Feminismus“, dieses Mal mit einer Assistentin einer bayerischen SPD-Abgeordneten. Bei einer Führung durch das Haus der europäischen Geschichte ging es vor allem um das Thema „Menschenrechte“, zu denen ja ebenfalls die Gleichstellung beider Geschlechter gehört. Am späten Nachmittag ging es dann nach drei spannenden und anstrengenden Tagen mit dem Zug zurück nach Hause.
Fazit
Zusammenfassend  kann ich sagen, dass ich mit  einer Gruppe von sehr interessierten und gut informierten Mädels unterwegs war, die sich alle engagieren. Ich finde, das gibt doch Hoffnung für unsere Zukunft. Wir wurden von allen Erwachsenen, mit denen wir zu tun hatten, ernst genommen. Während meine Beweggründe, an diesem Projekt teilzunehmen, vor allem die Arbeit im Parlament und das Kennenlernen des politischen Lebens in Brüssel waren, habe ich dennoch viel über Feminismus und Gleichberechtigung gelernt und durch die Gespräche mit den anderen Mädels ganz neue Perspektiven erlangt.

Alles in allem würde ich definitiv wieder mitfahren und  kann allen interessierten Mädchen nur empfehlen, diese Erfahrung zu machen. Also, wenn du dich für Europapolitik interessierst und die Möglichkeit hast, nutze die Chancen, die sich dir bieten, denn wir brauchen dich!

Artikel teilen: