Verlangsamtes Reformtempo und Rückschritte

Liese begrüßt kritische Haltung des EU-Parlaments zu EU-Vollmitgliedschaft der Türkei


Deutliche Worte in Sachen EU-Vollmitgliedschaft kommen von Peter Liese.
Deutliche Worte in Sachen EU-Vollmitgliedschaft kommen von Peter Liese.

Das Europäische Parlament hat in dieser Woche eine kritische Resolution zu den Beziehungen mit der Türkei angenommen. Die Abgeordneten hätten sich besorgt darüber gezeigt, dass das Reformtempo in der Türkei „angesichts der Rückschritte bei der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit in den letzten Jahren sich deutlich verlangsamt hat“, teilt der heimische Europa-Abgeordnete Dr. Peter Liese (CDU) mit. Er begrüßt eine kritische Haltung zum EU-Beitritt der Türkei.


In Sachen Unabhängigkeit der Justiz sowie Versammlungs- und Meinungsfreiheit rücke die Regierung um Präsident Erdogan zunehmend von der Einhaltung der sogenannten Kopenhagener Kriterien ab, an die sich Bewerberländer zu halten haben. „Für mich kann das nur heißen, dass wir uns gegen eine Vollmitgliedschaft aussprechen. Diese Position findet im Europäischen Parlament immer mehr Anhänger“, sagt Liese. Gleichzeitig spricht sich der Christdemokrat aber für eine Kooperation mit der Türkei zur Bewältigung der Flüchtlingskrise aus. „In der Türkei leben drei Millionen Flüchtlinge, und wenn wir gemeinsam dafür sorgen, dass sie dort besser versorgt werden, ist dies sinnvoll." Im Zusammenhang mit dem sogenannten Flüchtlingsabkommen wurde auch die Eröffnung von Beitrittskapiteln beschlossen. Was für Liese keinen Freifahrtschein für die Aufnahme der Türkei in die EU darstellt: „Das heißt keinesfalls, dass die Türkei Vollmitglied der Europäischen Union wird, denn erstens müssen insgesamt 72 einstimmige Entscheidungen getroffen werden, damit die Türkei Mitglied der EU wird. Die Eröffnung von zwei weiteren Kapiteln bedeutet, dass Entscheidung 6 und 7 getroffen wurden. Wenn wir in dem Tempo weiter machen, wird die Türkei in hundert Jahren noch nicht Mitglied der Europäischen Union sein. Und zweitens kann ein Verhandlungsprozess, insbesondere über Fragen von Rechtstaatlichkeit und Meinungsfreiheit, auch in eine andere Partnerschaft als eine Vollmitgliedschaft münden, und dies muss unser Ziel sein."
Böhmermanns Schmähgedicht "unter jeder Gürtellinie"
Die Türkei habe grundlegende Defizite im Bereich von Presse- und Meinungsfreiheit. Damit verteidigt Peter Liese aber nicht das Schmähgedicht des Satirikers Jan Böhmermann. „Persönlich finde ich das Gedicht geschmacklos und unter jeder Gürtellinie. Ich glaube, es dient keinem sinnvollen Ziel. Ob es aber den deutschen Gesetzen entspricht oder Böhmermann bestraft werden muss, entscheiden nicht Politiker, sondern Gerichte. Das ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Deutschland und der Türkei", übt Liese indirekt Kritik an Erdogan. (LP)
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