"Utopia": Ideenwerkstatt soll Region für junge Leute attraktiv machen

3. Jugendkonferenz in der Sparkasse Olpe


Topnews
 von Rüdiger Kahlke
© Rüdiger Kahlke

Olpe. „Ideen sammeln, wie man die Region für die Jugend schmackhaft machen kann“. Das war für die 18-jährige Pia Clemens die Motivation, bei „Utopia Südwestfalen“ einzusteigen. Eingeladen zur Jugendkonferenz hatte die Südwestfalen Agentur. In der Sparkasse Olpe ging es am Samstag, 17. März, darum, jungen Menschen aus der Region zwischen Siegen und Soest die Möglichkeit zu geben, „spannende Lösungen für das zu finden, was sie in der Region nervt.“


Als Modellprojekt des Bundeslandwirtschaftsministeriums soll „Utopia Südwestfalen“  beispielhaft zeigen wie junge Menschen in regionale Entscheidungsprozesse, zum Beispiel im Rahmen der Regionale 2025, erfolgreich eingebunden werden können. Das Projekt wurde 2015 von Landrat Dr. Karl Schneider initiiert. 

Louis Lammers (24) aus Saalhausen interessierte nach fünf Jahren mit Studium im Ausland, wie man das Leben auf dem Dorf attraktiver gestalten kann. Er erhoffte sich gute Ideen, sah aber auch strukturelle Probleme wie die digitale Infrastruktur. Diese und die eingeschränkte Mobilität, wenn man auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen ist, waren die dominierenden Themen am Vormittag in der Sparkasse.

„Wir brauchen junge Leute, die uns auf die Finger schauen und Ideen geben“, ermunterte Landrat Andreas Müller die Teilnehmer, sich in der Zukunftswerkstatt einzubringen. Hausherr Dieter Kohlmeier, Vorstand der Sparkasse, verwies auf die Unterstützung der Sparkassen für das Utopia-Projekt und wünschte sich „gute Impulse für die Region“. Die wird mit der Regionale 2015 erneut die Chance haben Weichen für die Zukunft zu stellen. Junge Leute sollen daran mitwirken. Am Samstag ging es auch darum, junge Utopia-Teilnehmer als feste Mitglieder für Beratungs- und Entscheidungsgremien der Regionale 2025 zu interessieren.
Schnelleres Internet und mehr Mobilität gewünscht
Nach einer lockeren Vorstellung des Konzeptes durch Projektleiter Tobias Brömme und Dr. Stephanie Ahrens von der Südwestfalen Agentur, ging es in Kleingruppen darum, Zukunftsfragen zu formulieren und mit Landrat Andreas Müller zu diskutieren. Die Palette der Motive und Erwartungen reichte von  „sehen, wie man die Region verändern kann“ bis zu Fragen wann mit dem Breitband-Ausbau zu rechnen ist, wie die Dörfer besser vernetzt werden können oder wie mehr Menschen die attraktive Natur Südwestfalens näher gebracht werden kann.

Das Gros der 30 Teilnehmer setzt große Hoffnungen in die Digitalisierung. Einer äußerte aber auch Skepsis: „Ich habe Angst vor der Zukunft“, sagte er und fürchtete, dass der rasche Wandel gerade in der Industrieregion viele Arbeitsplätze kosten und Wohlstand gefährden könnte. Landrat Müller  hielt, wie andere Diskussionsteilnehmer auch, dagegen. Wandel habe es immer gegeben. Zudem könne man die Digitalisierung steuern. Genau das bezweifelte der Skeptiker und verwies auf die zunehmende Dominanz des asiatischen Raumes. Da sei Europa oder der Westen nicht mehr maßgebend zu sagen: „Das wollen wir, und das wollen wir nicht.“
Bildergalerie starten
"Utopia": Ideenwerkstatt soll Region für junge Leute attraktiv machen
Zu den besprochenen Problemen gehörte auch die Mobilität. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln, so ein Teilnehmer aus Plettenberg, sei er drei Stunden unterwegs gewesen und hätte nach Ende der Konferenz am Abend nicht mehr zurück nach Hause können. Ein Problem, das der Landrat sieht. Große Entfernungen und hohe Kosten ließen nicht mehr zu, so Müller, der zudem darauf verwies, dass nur sieben Prozent der Bevölkerung in der Region öffentliche Verkehrsmittel nutzen.

Marie Ting, Leiterin des Regionalmarketings, präsentierte anschließend erstmals Ergebnisse einer neuen Studie zum Image und zur Bekanntheit Südwestfalens. Als positiv wurde herausgestellt, dass die Bekanntheit der Region steige. Damit würde das Land der 1000 Berge auch an Attraktivität gewinnen. Andreas Müller setzte sich für eine Vernetzung künftiger Utopia-Veranstaltungen mit der Politik ein. Politiker und Wirtschaft sollten dabei mit den jungen Leuten ins Gespräch kommen.
Im Herbst geht es weiter
Die Ideen des Workshops vom Samstag sollen auf einer größeren Konferenz im Herbst konkretisiert und erweitert werden. Dann vielleicht auch mit mehr Teilnehmern. Dr. Stephanie Arens und Tobias Brömme von der Südwestfalen Agentur sahen die Denkwerkstatt als gelungenen Einstieg an. Es sei wichtig zu wissen, was aus Sicht der jungen Menschen für eine starke Region getan werden müsse. Das sehen die Sparkassen und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auch so. Sie fördern das Utopia-Projekt.
Kommentar: Für einen Blick in die Zukunft braucht es Diversität

von Rüdiger Kahlke

Junge Leute darüber nachdenken zu lassen, wie sie sich ihre Zukunft zwischen Siegen und Soest vorstellen. Beteiligungsmöglichkeiten in einer Ideenwerkstatt zu eröffnen. Das ist eine gute Idee. Das fand auch das Bundeslandwirtschaftsministerium, das „Utopia“ als ein Teilhabe-Modell fördert. 30 junge Menschen aus ganz Südwestfalen hatten Interesse an dieser 3. Jugendkonferenz gezeigt. Das sind nicht viele.

Das Gros der Teilnehmer waren Auszubildende oder junge Angestellte der Sparkassen, die das Projekt fördern. Ob die aus reinem Interesse oder aus anderem Kalkül teilgenommen haben, ist dabei unerheblich. Die zweite große Gruppe waren Studenten. Dass die Fragen und Vorstellungen, die diese gut ausgebildeten und chancenreichen Gruppen haben, repräsentativ für die 16- bis 26-Jährigen sind, die sich angesprochen fühlen sollten, darf auch bezweifelt werden.

Wer wissen will, wie junge Leute ticken, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben, darf sich nicht damit zufrieden geben, Engagierte aus Weiße-Kragen-Berufen zu interessieren. Deren Lebenswirklichkeit ist eine andere als die der Frisörin, des Bauhandwerkers, der Altenpflegerin oder des in Wechselschicht arbeitenden Maschineneinrichters.

Auch die zu interessieren, sie zu beteiligen, das ist ein Problem, das mit dem Verweis auf die „rundum gelungene“ Jugendkonferenz nicht gelöst ist. So wird das Zukunftsbild ein Puzzle, dem viele, zu viele Teile fehlen.
Artikel teilen: