Smith-Lemli-Opitz–Jeremy: Ein Kind erzählt seine Geschichte
Tag der seltenen Erkrankungen am 28. Februar
- Kreis Olpe, 23.02.2018
Kreis Olpe. Jedes Jahr am letzten Tag im Februar gibt es den Internationalen Tag der seltenen Erkrankungen, der für die Bedürfnisse und Schwierigkeiten Betroffener sensibilisieren soll. Im Kinder- und Jugendhospiz Balthasar haben die meisten Kinder eine seltene Erkrankung, von der es oft nur wenig Betroffene weltweit gibt. Wird sonst oft die Perspektive der Eltern beleuchtet, erzählt nun der zwölfjährige Jeremy seine Geschichte aus seiner Sicht:
Ich hatte zusammengewachsene zweite und dritte Zehen und einen Genitalbereich, der auf kein Geschlecht deuten lies. Irgendjemand sagte ihm, ich wäre wohl ein Mädchen. Aha. Ein Kinder-Nottransportdienst aus der Nachbarstadt wurde gerufen und nahm mich mit in eine Spezialklinik. Sie sagten dann, ich sei doch eher ein Junge. Genau wusste es aber keiner, und so hieß ich in meinen ersten zwei Wochen nur „das Baby“.
Ich verstand von alledem nichts. Aber irgendwie habe ich wohl eine Ärztin so in meinen Bann gezogen, dass sie die ganze Nacht nach einer logischen Erklärung und einer Diagnose suchte. Und sie fand eine Erklärung: Ich hatte das Smith-Lemli-Opitz Syndrom, kurz SLOS.
Die Krankheit muss einfach in den Hintergrund rücken und als normal angesehen werden. „Du bist und bleibst unser Kind – egal ob gesund oder mit Syndrom belastet!“ sagten Mama und Papa mir immer wieder. Das tat mir sehr gut.
Außer dem Geschlecht wussten wir jetzt auch, dass SLOS eine seltene Erbkrankheit ist. Weltweit gibt es nur 8.000 Betroffene.
Fast alle Kinder mit einem SLOS zeigen eine geistige Behinderung. Mir ist das egal, ich bin wie ich bin. Dieses Jahr werde ich tatsächlich schon 13 Jahre alt, sehe aber deutlich jünger aus, weil ich immer noch recht klein und dünn bin. Ich liebe es, im Fußballstadion zu sein, gehe gerne zur Schule und spiele gerne auf meiner Decke. Eigentlich habe ich immer gute Laune, denn das Leben macht doch Spaß. Leben ist das, was man daraus macht!
Seit 2011 fahren wir regelmäßig ins Kinder- und Jugendhospiz Balthasar. Mama hatte immer gefragt „Was soll ich da, es geht Jeremy doch gut?“. Aber Papa meinte, man könne es doch einfach mal ausprobieren und meldete uns für eine Woche an. Wir kamen rein ins Balthasar und haben uns direkt wohl gefühlt. Seitdem sind wir meistens drei Mal im Jahr in Olpe, um neue Kraft zu schöpfen.
Einmal im Jahr muss ich außerdem zu meiner Stoffwechselexpertin. Sie sagt, ich sei eins der schwerstbetroffenen Kinder in ganz Deutschland. Vielleicht kann ich ihr sogar bei ihren Forschungen zu SLOS helfen, wenn sie mich untersuchen darf.
Der Tag meiner Geburt veränderte alles. Nichts ist mehr, wie es vorher war. Aber es sei nicht schlechter geworden, sagen Mama und Papa. Nein, alles sei viel schöner geworden.
Durch mich!“