Kreis Olpe: Jan Heitmann im Interview

Vom Zauberkünstler zum Poker-Experten


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Jan Heitmann stand LokalPlus Rede und Antwort. von T. Bauer / OnlineMarketing.de GmbH
Jan Heitmann stand LokalPlus Rede und Antwort. © T. Bauer / OnlineMarketing.de GmbH

Kreis Olpe/München. Jan Heitmann (41) ist in Heggen aufgewachsen und wohnt mittlerweile in München. Er ist Deutschlands bekanntester Poker-Experte. Aktuell hält Heitmann Vorträge in Unternehmen, wo er Konzepte und Strategien erläutert, die weltweit von namhaften Pokerspielern genutzt werden. Denn: „Zwischen Poker und der Wirtschaft gibt es viele Parallelen, die man beiderseits anwenden kann“, verrät der Coach. Jan Heitmann hat mit LokalPlus gesprochen - über das Business, seinen Weg zum Profi und warum Stefan Raab „ein genialer Stratege“ ist. Der erste Teil des Interviews.


Denn: „Zwischen Poker und der Wirtschaft gibt es viele Parallelen, die man beiderseits anwenden kann“, verrät der Coach. Jan Heitmann hat mit LokalPlus gesprochen: über das Business, seinen Weg zum Profi und warum Stefan Raab „ein genialer Stratege“ ist. Teil eins von zwei:

Wann haben Sie mit dem Pokerspielen angefangen?

Die Anfänge liegen mehr als 20 Jahre zurück, also noch weit vor dem Pokerboom. Zum Pokern bin ich über mein Hobby, der Zauberei, gekommen. Damals bin ich regelmäßig aufgetreten und habe das Publikum mit Weltklasse-Kartenkunst unterhalten. Und da hörte ich immer wieder den Spruch: „Gegen dich möchte ich aber nicht Poker spielen“. Irgendwann war die Zeit gekommen, herauszufinden, was „dieses Poker“ eigentlich ist. Und von da ab hatte ich eine neue Leidenschaft, die in einer Profi-Karriere gipfelte.

Wann und wie hat sich abgezeichnet, dass Sie Profi werden?

Der Begriff „Profi“ impliziert ja - auch in anderen Bereichen - dass man von dem, was man tut, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Das war recht bald nach meinem Wirtschafts-Studium an der WHU Vallendar der Fall und war mehr oder weniger ein fließender Übergang. Nach dem Studium wusste ich noch nicht, was ich machen wollte. Da habe ich erstmal Urlaub gemacht. Ich wollte Europa bereisen, vor allem Städte, in denen Poker angeboten wurde, und mir die Reise durchs Pokerspielen finanzieren. Der Plan war, solange zu reisen wie möglich, und wenn ich pleite gehe, dann komme ich nach Hause und suche mir einen Job. Der Plan ist gründlich schief gegangen. Nach knapp einem Jahr war ich nicht nur nicht pleite, sondern sogar erfolgreich. Außerdem war ich am Ende der Reise das erste Mal bei der Weltmeisterschaft in Las Vegas und habe den damaligen Poker-Boom am eigenen Leibe erfahren können. Zurück in Deutschland habe ich dann einfach weitergemacht.

Was ist reizvoller: Das Spielen am Tisch oder am Bildschirm?

Selbstverständlich ist das Live-Spiel reizvoller, denn Poker hat eine sehr hohe soziale, ja sogar psychologische Komponente. Man spielt mit und gegen Menschen, in deren Köpfe man hineinkommen will, um deren Gedanken und Handlungen interpretieren zu können. Viele Aspekte des Live-Spiels fallen am Bildschirm weg. Aber Online-Poker ist ein wichtiger Bestandteil im Leben eines Profis. Hier kann er in viel kürzerer Zeit viel mehr Erfahrung sammeln und mehr Hände spielen und analysieren. Das ist für die kontinuierliche Weiterentwicklung immens wichtig.

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Haben Sie mal entgegen der Taktik etwas ganz blödsinniges getan, was Sie später vielleicht sogar bereut haben?

Der größte „taktische Fehler“, den man machen kann, ist es, sich in ein Spiel zu setzen, obwohl man psychisch oder physisch eigentlich nicht in der Lage ist, gewinnbringend zu entscheiden. Zu müde, zu abgelenkt, zu gierig – die Fehler sind dann unvermeidbar und die Session kann nur noch durch massives Glück zum positiven Ausgang gewendet werden. Natürlich ist mir das in meiner Karriere auch ab und an passiert. Poker ist ein Spiel der Fehler. Man muss lernen, weniger oft Fehler zu machen und weniger gravierende. Dadurch verbessert man sich stetig. Auch hier gibt es viele Parallelen zur Unternehmenswelt.

Was zeichnet einen guten Spieler aus?

Beim Poker ist es wie im Business: Die schlechten Spieler wissen oft gar nicht, welche Art von Spiel sie spielen. Bei beidem geht es darum, kontinuierlich optimale Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Natürlich verliert man häufig, das ist unter Unsicherheit ja auch zu erwarten. Die guten Spieler lassen sich jedoch von kurzfristigen Resultaten (egal ob positiv oder negativ) nicht blenden, sondern konzentrieren sich ausschließlich auf ihre Entscheidungen. Das garantiert langfristig den Erfolg. Resultate beschreiben nur die Vergangenheit, Entscheidungen prägen die Zukunft.

Sie waren aktiv bei PokerStars und bei Stefan Raabs Poker Show. Ist das Spielen gegen Prominente ein anderes als mit anderen Spielern?

Die Frage müsste eher lauten: Ist das Spiel gegen Anfänger das gleiche, wie gegen erfahrene Spieler? Es ist immer wieder eine Herausforderung, Einsteiger zu coachen, insbesondere dann, wenn das verfügbare Zeitfenster so klein ist. Natürlich hängt es auch davon ab, wie motiviert der Schüler ist. Ich hatte Gäste, wie z.B. Bernhard Hoecker oder Dr. Christine Theiß und Joey Kelly, die das von mir vermittelte Wissen sprichwörtlich aufgesogen und auch schnell umgesetzt haben. Das hat man dann auch in der Sendung gemerkt – die waren voll dabei! Karl Dall dagegen hat vorher noch nie Karten gespielt, kein Skat, kein Mau-Mau, kein Quartett, nichts. Allerdings hat er in der Sendung als Unterhalter mit am besten funktioniert, mit tagesaktuellen Witzen und Schlagfertigkeit. Ein Vollblut-Entertainer eben. Besonders interessant ist Stephan Raabs Einstellung zum Coaching: Er ist der einzige, der kein Coaching wollte. Das habe ich lange nicht verstanden, aber sein Grund war extrem gut und professionell. Er hat mir erklärt, dass das Sendekonzept nicht funktioniert, wenn er zu gut ist. Und damit hat er Recht gehabt. Ein Vollprofi. Ich bin mir sicher, dass er das Zeug zu einem guten Pokerspieler hat, denn er ist ein genialer Stratege.  

Der zweite Teil des Interviews geht am Sonntag, 4. März, bei LokalPlus online. Dort geht der Poker-Profi unter anderem auf das Coaching, das Charity-Poker-Turnier sowie seinen Bezug zur Heimat ein.
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