Kreis Olpe: „Eine angespannte Situation für Fahrschüler“

Prüfer des TÜV Nord fehlen


  • Kreis Olpe, 10.07.2018
  • Von Barbara Sander-Graetz
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    Barbara Sander-Graetz

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Heiß begehrt, doch mit Wartezeit verbunden. von Symbol Nils Dinkel
Heiß begehrt, doch mit Wartezeit verbunden. © Symbol Nils Dinkel

Kreis Olpe. Deutschland gilt als die Autofahrernation. Der Führerschein ist gerade auf dem Land die persönliche Unabhängigkeits-Erklärung. Doch zurzeit ist es im Kreis Olpe nicht ganz einfach, seine Führerscheinprüfung zu machen. Es fehlt an Fahrerlaubnisprüfern des TÜV Nord.


Wolfgang Gräve, Leiter des Unterbezirks Olpe im Fahrlehrer-Verband Westfalen, schlägt Alarm. „Seit etwa acht Wochen ist die Prüfsituation im Kreis Olpe sehr angespannt. Wir sind zurzeit nicht in der Lage, die von uns ausgebildeten Schüler prüfen zu lassen, da der TÜV Nord nicht die erforderlichen Prüfer zur Verfügung stellen kann. Der TÜV Nord hat einfach zu wenig Prüfer ausgebildet, um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden.“
Daher hat Gräve am Dienstag, 10. Juli, zu einer Versammlung aller Fahrlehrer aus dem Kreis Olpe geladen und die Resonanz war bei allen gleich. „Wir haben alle mehr oder weniger das gleiche Problem. Wir bekommen nicht genug Punkte für die Prüfungen.“
Punkte für die Prüfungen
Prüfungen werden nach Punkten beim TÜV Nord, der das alleinige Prüfrecht hat, bestellt. „Ein Punkt bedeutet 15 Minuten Prüfzeit. Für eine Motorradprüfung benötige ich vier Punkte, eine Pkw-Prüfung drei und für eine Lkw-Prüfung fünf Punkte“, erklärt der Fachmann mit einfachen Worten. Für die Kalenderwoche 30 hat er beispielsweise 54 Punkte bestellt. „Ich wäre schon mit 30 Punkten so gerade über die Runden gekommen, habe aber bis jetzt nur drei bekommen“, schildert er sichtlich frustriert die Lage.

Sechs Fahrlehrer sind in seiner Fahrschule beschäftigt. „Wenn das so weiter geht, müssen wir im August Kurzarbeit anmelden und Kontakt zum Arbeitsamt aufnehmen.“ Daher wollen er und seine Kollegen öffentlich auf das Problem aufmerksam machen. „Wir möchten an dieser Stelle ganz deutlich sagen, dass die Fahrlehrerschaft keine Schuld an der gegenwärtigen Situation trifft. Verzögerungen bei der Prüfung  sind einzig vom TÜV Nord zu verantworten.“
Mehr anstatt weniger Prüfer benötigt
Dort habe man immer weniger Fahrerlaubnisprüfer ausgebildet. „Man dachte, der demographische Wandel kommt.“ Doch der kam nicht. Aber immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund, die ebenfalls ihren Führerschein machen wollen. „Allerdings fällt es nicht allen ganz so leicht und so machen sie die Prüfung auch mehrfach“, weiß der Fachmann. Das heißt, pro Prüfung drei Punkte.

Hinzu komme Laut Gräve ein verändertes Freizeitverhalten. „Ich bin jetzt 28 Jahre lang Fahrlehrer, aber so viele Motorradprüfungen hatte ich noch nie. Motorradfahren ist angesagt und immer mehr Menschen wollen hier ihren Führerschein machen. Das heißt, pro Prüfung vier Punkte." 
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Nun steht ein Auftrag von der Arbeitsagentur für Arbeit im Bereich seiner Busfahrschule an. Hier sollen innerhalb von acht Wochen 60 Ausbildungsplätze zum Busfahrer belegt werden. „Wenn wir die nicht prüfen können, gibt es ein Problem“, sagt Gräve. 

An den Prüfer selber, so Gräve, lege es nicht, im Gegenteil. „Die Gewerkschaft hat es ihnen frei gestellt, auch samstags Prüfungen abzulegen, aber auch sie sind mehr als ausgelastet und einfach zu wenige. Wir als Fahrschule sind zu allen Tageszeiten von Montag bis Samstag bereit, Prüfungen zu fahren und hoffen, dass die momentane Situation schnell vorbei ist und wir wieder unserem Auftrag, Fahrschüler auszubilden, nachkommen können, ohne Angst zu haben, keine Prüfplätze zu bekommen. Zurzeit geht einfach zu viel Zeit für die Probleme mit den Prüfungen drauf.“

Eine kurzfristige Lösung des Problems sieht Gräve nicht. „Die Ausbildung zum Fahrerlaubnisprüfer dauert auch zwei Jahre.“
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Der TÜV Nord gibt auf Anfrage folgende Stellungnahme ab:

„Die zugewiesenen Prüfungstermine haben in den vergangenen Monaten nicht abgenommen, sondern haben insgesamt weiter zugenommen. Durch die erhöhten Anforderungen der einzelnen Fahrschulen, insbesondere auch im Hinblick auf den Ferienbeginn, kommt es jedoch vor, dass nicht jede Terminanforderung direkt auch in vollem Umfang erfüllt werden kann. So sind aktuell Wartezeiten in der Terminbestätigung nicht gänzlich zu vermeiden.

Die deutlich gestiegene Anzahl von Prüfaufträgen bzw. durchgeführten Prüfungen hat verschiedene Hintergründe: neben der Zunahme der Aufträge für Ersterwerber ist hier auch ein deutlicher Zuwachs von Prüfungen für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse festzustellen; des Weiteren ist die Quote der nicht bestandenen Prüfungen nicht unerheblich angestiegen, so dass auch für die zusätzlichen Wiederholungen Termine benötigt werden. Die auf Grund der vielen Feiertage im Mai dieses Jahres verringerten Einsatztage haben die Möglichkeit der Prüfterminbestätigung zusätzlich eingeschränkt.
„Fünf Prozent mehr Prüftermine“
Durch Einsatz von Mitarbeitenden aus anderen Arbeitsgebieten und Nutzung von Mehr- sowie Samstagsarbeit ist es uns im ersten Halbjahr 2018 gegenüber dem „Rekord“-Vorjahr gelungen nochmals gut fünf Prozent mehr Prüftermine anzubieten bzw. durchzuführen. Mit den bereits vorgenommenen Personaleinstellungen, die in Kürze ihre Ausbildung abschließen werden und dann entsprechend eingesetzt werden können, sollte sich die Lage insgesamt wieder entspannen.“
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