Kostspielig und wenig effizient

„Azubi-Tickets“: 30 Prozent der Ausbildungsbetriebe würden sich an Finanzierung beteiligen


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 von Symbol Sven Prillwitz
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Die allermeisten Ausbildungsbetriebe in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe halten die derzeit diskutierten „Azubi-Tickets“ für den öffentlichen Personennahverkehr zwar grundsätzlich für eine interessante Idee. Nur eine Minderheit von 30 Prozent ist jedoch auch bereit, sich an den Kosten eines solchen Vorhabens zu beteiligen. Die Firmen glauben nämlich nicht, dass die Auszubildenden wegen eines „Azubi-Tickets“ die öffentlichen Verkehrsmittel tatsächlich dem eigenen Pkw vorziehen. Das sind die wesentlichen Ergebnisse einer IHK-Blitzumfrage, an der sich 282 Unternehmen aus beiden Kreisen beteiligten.


„Führen die beiden Kreistage ein solches Ticket ein, sollten sie sich von der Vorstellung verabschieden, nennenswerte Finanzierungsbeträge von Firmen einzuplanen. Alles andere erscheint nach den Ergebnissen blauäugig. Mal ganz abgesehen davon, dass das gesamte Unterfangen ohnehin sehr kostspielig ist. Die Kreise sind unserer Auffassung nach gut beraten, die flächendeckende Einführung dieses Instruments nicht weiter zu verfolgen“, kommentierte IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener die Befragungsergebnisse: „Nicht alles, was gut gemeint ist, macht auch Sinn – gerade angesichts der nach wie vor sehr angespannten Lage der meisten kommunalen Haushalte. Zahlen müssten das Ticket schließlich die Städte und Gemeinden über die Kreisumlage.“ 66 Prozent der befragten Unternehmen finden die Idee für ein Azubi-Ticket sehr gut oder gut. Lediglich zwölf Prozent finden die Idee schlecht oder sehr schlecht, die restlichen gaben hier keine Präferenz an. Trotz dieser prinzipiellen Sympathie für das Vorhaben sehen 70 Prozent der befragten Unternehmen für eine finanzielle Beteiligung an den Kosten pro Auszubildenden keinerlei Notwendigkeit. Im Kreis Olpe ist die Skepsis gegenüber dem Vorhaben noch ausgeprägter als im Kreis Siegen-Wittgenstein.
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Klaus Gräbener: „Je schlechter die Ausbildungsbetriebe an Busse und Bahnen angebunden sind, desto verhaltener fallen ihre Reaktionen aus. 72 Prozent der Unternehmen sehen keinen Handlungsbedarf, weil die meisten ihrer Auszubildenden mit dem eigenen Fahrzeug zum Betrieb kommen und zur Berufsschule fahren. Die Unternehmen sind vor allem deswegen nicht daran interessiert, den Öffentlichen Personennahverkehr in der Fläche mitzufinanzieren. Dass man die Grundhaltung der jungen Leute, lieber mit dem eigenen Pkw zu fahren, durch Azubi-Tickets verändern kann, hält man in der Wirtschaft für sehr unwahrscheinlich.“ Daneben gibt es jedoch noch eine ganze Reihe anderer Argumente, warum sich die Mehrzahl der Unternehmen nicht an einer Finanzierung beteiligen will. 47 Prozent geben an, dass die Auszubildenden ohnehin nur in geringem Maße öffentliche Verkehrsmittel in beiden Kreisen nutzen würden. 32 Prozent der Firmen zahlen ihren Auszubildenden bereits einen Zuschuss zu den Fahrtkosten. 31 Prozent gaben an, dass ihr Betrieb an den öffentlichen Personennahverkehr schlecht angebunden sei. Dass im Kreis Olpe mit 38 Prozent deutlich mehr Firmen über eine schlechte Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr berichten als im Kreis Siegen-Wittgenstein (25 Prozent), erscheint angesichts der Siedlungsstruktur nicht wirklich erstaunlich.
Kreis Olpe: Firmen schlechter an ÖPNV-Netz angebunden
Immerhin 13 Prozent der befragten Ausbildungsbetriebe weisen zudem darauf hin, dass die Auszubildenden den größten Teil ihrer Ausbildungswege außerhalb des angegebenen Ticketgebietes zurücklegen, weil ihr Wohnort und/oder die Berufsschule außerhalb des IHK-Bezirks liegt. Jedes sechste Unternehmen ist der Auffassung, diese Aufgabe sollte grundsätzlich von der öffentlichen Hand finanziert werden. 22 Prozent der Unternehmen geben an, die Ausbildungsvergütungen seien ohnehin hinreichend. 86 der 282 Unternehmen sind grundsätzlich zum Kauf der Tickets bereit. 61 dieser Firmen gaben an, sich pro Monat und Auszubildenden mit maximal 30 Euro an den Kosten des Vorhabens zu beteiligen, 22 Firmen mit bis zu 50 Euro und weitere drei Unternehmen mit einem Betrag von bis zu 85 Euro pro Monat und Auszubildenden. 30 Unternehmen würden ein Ticket abnehmen, weitere 39 zwei bis fünf Tickets, nur wenige Betriebe gaben an, mehr Tickets abnehmen zu wollen. IHK-Geschäftsführer Klaus Fenster: „In der Summe dürften damit maximal rund 200 bis 250 Tickets zusammenkommen, die Firmen finanzieren. Rechnet man die Zahlen auf alle Ausbildungsbetriebe hoch und berücksichtigt man, dass sich überwiegend am „Azubi-Ticket“ grundsätzlich interessierte Unternehmen beteiligt haben dürften, erscheint die Abnahmebereitschaft außerordentlich übersichtlich. Gerade dieser Aspekt sollte beiden Kreistagen zu denken geben.“ (LP)
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