Häusliche Gewalt im Kreis Olpe nimmt zu

Polizei spricht 97 Rückkehrverbote aus


  • Kreis Olpe, 23.03.2017
  • Von Christine Schmidt
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Stellten den Bericht des Netzwerks gegen häusliche Gewalt für 2016 vor: (von links) Elvira Schmengler, Michael Kopsan, Anette Pfeifer und Sonja Decke. von Christine Schmidt
Stellten den Bericht des Netzwerks gegen häusliche Gewalt für 2016 vor: (von links) Elvira Schmengler, Michael Kopsan, Anette Pfeifer und Sonja Decke. © Christine Schmidt

Kreis Olpe. Die Anzahl der Fälle von häuslicher Gewalt im Kreis Olpe ist im vergangenen Jahr auf 167 gestiegen. Im Jahr 2015 waren 149 Delikte gezählt worden. Das Netzwerk gegen häusliche Gewalt hat am Donnerstag, 23. März, den Bericht für 2016 vorgelegt.


Michael Kopsan, Oberschutzbeauftragter der Kreispolizeibehörde, erklärte, dass sich Fälle von häuslicher Gewalt überwiegend in der eigenen Wohnung ereigneten, aber auch an Orten wie dem Arbeitsplatz und auf der Straße. Zu Formen häuslicher Gewalt zählen Beleidigung, Bedrohung, Nötigung, Sexualdelikte, Freiheitsberaubung und Körperverletzung bis hin zur Tötung.

Bei 120 der 167 Fällt im Jahr 2016 handelte es sich um Körperverletzungen, erklärte Kopsan. Von den 167 Straftaten wurden 13 von Zuwanderern und vier von Frauen begangen. Werden die Polizeibeamten zu einem Einsatz häuslicher Gewalt gerufen, haben sie die Möglichkeit, den Tätern sogenannte „Rückkehrverbote“ zu erteilen. Das 2002 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz schafft eine klare Rechtsgrundlage: „Wer schlägt, muss gehen“. Im vergangenen Jahr sprachen die Beamten diese Verweise 97 Mal aus - und somit 30 Mal häufiger als noch 2015. Michael Kopsan erklärte den Anstieg damit, dass die Polizeibeamten, was dieses Thema betrifft, sensibler geworden seien und die Toleranzgrenze bei Null liege in Fällen von häuslicher Gewalt.
Anfrage der Online-Beratung steigt an
53 Frauen, deren Partnern ein Rückkehrverbot erteilt wurde, vermittelte die Polizei im vergangenen Jahr anschließend an die Frauenberatungsstelle Olpe. 26 Frauen davon nahmen die persönliche Beratung an, was einer Quote von rund 50 Prozent entspricht. Anette Pfeifer von der Frauenberatungsstelle Olpe präsentierte die weiteren Zahlen: 1456 Einzelberatungen und 193 Beratungen per Mail gab es 2016. Per Mail heißt übrigens auch per Smartphone-Messenger WhatsApp. Generell werde die Online-Beratung mehr genutzt, so Pfeifer.

Das Alter der hilfesuchenden Frauen und Mädchen liegt zwischen 14 und 90 Jahren. Mit 29 Prozent ist die Gruppe der 26-bis 40-Jährigen am stärksten von häuslicher Gewalt betroffen, gefolgt von den 41- bis 50-Jährigen. In dieser Gruppe waren 25,5 Prozent aller Fälle von gewalt in den heimischen vier Wänden zu verbuchen.
Gewalt auch von professionellen Helfern
Ein Viertel der Frauen, die sich an die Frauenberatungsstelle wandten, waren in einer Partnerschaft und haben Kinder. Aber auch 22 Prozent der alleinlebenden Frauen und auch Frauen ohne Partner, aber mit Kindern, wurden Opfer von häuslicher Gewalt. Über 90 Prozent der hilfessuchenden Mädchen und Frauen sind von physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt betroffen, bei denen die Täter zu 98 Prozent männlich waren. Zu den Tätern gehören hauptsächlich Lebensgefährten, Ehemänner und Verwandte, erklärte die Netzwerk-Vertreter.

In elf Prozent der Fälle habe es sich zudem um Fremdtäter gehandelt, bei 18 Prozent um Bekannte und professionelle Helfer. Anette Pfeifer erklärte, dass zu diesen Helfern erschreckenderweise unter anderem Therapeuten, Betreuer, Priester etc. gehören.

Pfeifer fügte hinzu, dass die Beratungsstelle ein Anlaufpunkt für allgemeine Probleme und somit für Frauen mit diversen Sorgen sei. Oft sei es so, dass erst nach ein paar Sitzungen ein Gewaltproblem thematisiert wird. Frauen kämen zunächst mit anderen Schwierigkeiten, entwickelten mit der Zeit Vertrauen und erzählten erst dann von Übergriffen. Der Opferschutzbeauftragte Michael Kopsan erklärte, dass Frauen durchschnittlich fünf Jahre Gewalt über sich ergehen lassen, bis sie zum Hörer greifen und die Polizei anrufen.
Olper Frauenhaus zu 95 Prozent belegt
Frauen, die keinen Ausweg finden, nehmen oft die Hilfe von Frauenhäusern in Anspruch. Das Frauenhaus in Olpe nahm ihm vergangenen Jahr 50 Frauen und 37 Kinder in den Räumen auf und verzeichnete somit eine Belegungsquote von 95 Prozent bzw. 77 Prozent. Davon kamen allerdings nur 14 Prozent aus dem Kreis Olpe, 18 Prozent aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein und 68 Prozent aus anderen Kreisen.

Das Angebot, im Frauenhaus Hilfe zu finden, nahmen Frauen im Alter von 26 bis 40 Jahren am häufigsten an. Diese Gruppe macht 44 Prozent aus. Von den 37 aufgenommen Kindern waren 68 Prozent im Alter von null bis fünf. 24 Prozent aller Kinder waren 6 bis 14 Jahre und acht Prozent über 14. Das Frauenhaus in Olpe nimmt zudem auch Jungen ab zwölf auf, was in NRW eine Seltenheit sei, erklärte Sonja Decke vom Frauenhaus Olpe.

Die Aufenthaltsdauer der Frauen und Kinder ist dabei ganz unterschiedlich: So verließen 2016 schon 35 Prozent das Haus nach bis zu sieben Tagen, bis zu einen Monat blieben 30 Prozent der Frauen und nur neun Prozent blieben bis zu einem Jahr. Der häufigste Grund der Aufnahme in das Frauenhaus war mit 50 Prozent die Misshandlung durch den Ehemann.
Viele Opfer gehen wieder zurück
Trotz dieser hohen Zahl zogen 37 Prozent der Opfer wieder zurück in die alte Wohnung und somit zurück zu Ehemännern und Lebenspartnern. Lediglich 21 Prozent suchten sich eine neue Wohnung. Es sei auch oft der Fall, dass Frauen sich dann ein zweites Mal hifesuchend an ein Frauenhaus wenden.

Elvira Schmengler, Gleichstellungsbeauftrage des Kreises Olpe, bat darum, Augen und Ohren offen zu lassen und ggf. Hilfe anzubieten: "Häusliche Gewalt geht uns schließlich alle etwas an".
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