Eine Anlaufstelle, mehr Effizienz

„Integration Points“ sollen Flüchtlingen Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern


  • Kreis Olpe, 09.05.2016
  • Von Sven Prillwitz
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    Sven Prillwitz

    Redaktion

Rund 40 Bürger, die ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätig sind, und Unternehmer verfolgten Wolfs Vortrag im Ratssaal. von s: Sven Prillwitz
Rund 40 Bürger, die ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätig sind, und Unternehmer verfolgten Wolfs Vortrag im Ratssaal. © s: Sven Prillwitz

Flüchtlinge und Asylbewerber effizient an Betriebe vermitteln: Dieses Ziel verfolgen die Agentur für Arbeit und die Jobcenter mit den sogenannten „Integration Points“. Dr. Bettina Wolf erläuterte das Modell am Mittwochnachmittag, 9. Mai, im Lennestädter Ratssaal. Die Leiterin der Agentur für Arbeit Siegen und Wuppertal betonte die Notwendigkeit und Vorteile der Service-Stellen.


Der viel zitierte demografische Wandel werde Prognosen zufolge bereits im Jahr 2018 erstmals dazu führen, dass die Zahl derjenigen, die in Rente gehen, erstmals über der Zahl der Berufseinsteiger liegt. Diese Schere werde in den Folgejahren immer weiter auseinandergehen. „Bereits jetzt haben wir deutlich mehr Ausbildungsplätze als Bewerber“, sagte Wolf und verwies auf den aktuellen Bericht der Agentur für Arbeit. In den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein seien im April 1.264 Ausbildungsstellen unbesetzt geblieben. Unbesetzte Stellen seien generell eine Gefährdung für Arbeitgeber, vor allem bei umfangreicher Auftragslage. „Wir brauchen Zuwanderung“, stellte Wolf klar.
Zwischen fünf und zehn Prozent der Asylbewerber und Flüchtlinge, die in den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein untergebracht sind, stuft die Agentur für Arbeit als Fachkräfte bzw. als Menschen mit „guten beruflichen Qualifikationen“ ein. Darunter seien beispielsweise Ärzte und Ingenieure. Insbesondere bei diesen Personen seien eine schnelle sprachliche Förderung, eine professionelle Beratung und eine Vermittlung an Firmen für die Integration in den Arbeitsmarkt wichtig, um „eine der vielen freien Stellen schnellstmöglich zu vergeben“, so Wolf.
Sprachlich und soziokulturell geschulte Angestellte
Mit Flüchtlingen und Asylbewerbern, die bislang weniger oder kaum berufliche Qualifikationen vorweisen können, sollen ebenfalls Perspektiven und Fördermöglichkeiten für den schnellstmöglichen Einstieg ins Erwerbsleben erarbeitet werden. Zentrale Anlaufstelle für beide Gruppen sind die sogenannten „Integration Points“. Die Service-Stelle in Olpe, die seit Dezember 2015 in Betrieb ist, besteht aus einer Fachkraft für Integration, zwei Leistungssachbearbeitern, einem Arbeitsvermittler und einer Berufsberaterin der Agentur für Arbeit. Die Angestellten seien sowohl in sprachlicher als auch in soziokultureller Hinsicht geschult für den Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern.
Der große Vorteil: Der „Integration Point“ vereint mit Bundesagentur für Arbeit und Jobcenter zwei Anlaufstellen für die Arbeitsvermittlung. Und steuert gleichzeitig den Kontakt zu den Kommunen, die wiederum für Sozialleistungen zuständig sind, und zu Verbänden. Damit, so Wolf, könnten sowohl Zuwanderer als auch Betriebe den „Behördendschungel“ leichter und effizienter durchdringen. Gleichzeitig lernten Flüchtlinge und Asylbewerber auf diese Weise wesentlich schneller das deutsche Sozialsystem kennen – und damit auch die Notwendigkeit, seinen Unterhalt durch Lohnarbeit zu bestreiten.
Weiteres Ziel: Unabhängigkeit von Sozialhilfe
Davon wiederum sollen insbesondere die Städte und Gemeinden profitieren, die für die Auszahlung von Sozialleistungen zuständig sind: „Wenn Zuwanderer in Arbeit kommen, sind sie unabhängig von staatlicher finanzieller Unterstützung. Auch aus diesem Grund bemühen wir uns darum, Flüchtlinge und Asylbewerber schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, sagte Wolf. Die Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Siegen und Wuppertal ging außerdem auf die geplante Novellierung des Integrationsgesetzes ein. Danach sollen Kommunen künftig die Möglichkeit haben, Zuwanderern Sozialleistungen zu kürzen – etwa wenn diese nicht bereit sind, Angebote zur Sprachförderung zu nutzen. Wolf begrüßt das Vorhaben, das unter dem Motto „Fordern und fördern“ steht, denn: „Der erste Schritt zur beruflichen Integration ist der Spracherwerb.“ Bislang hätten Kommunen bei einer Verweigerungshaltung keinerlei Sanktionsmöglichkeiten.
Rund 40 Bürger, die ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätig sind, und Unternehmer verfolgten Wolfs Vortrag im Ratssaal. Bürgermeister Stefan Hundt hatte vorab erläutert, dass derzeit 525 Asylbewerber und Flüchtlinge in Lennestadt untergebracht sind. Seit dem Jahreswechsel habe es fast keine neuen Zuweisungen der Bezirksregierung Arnsberg mehr gegeben; zudem seien mittlerweile einige Menschen freiwillig in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt, andere seien abgeschoben worden. Zum 1. Januar hatten über 600 Zuwanderer in Lennestadt gelebt. Hundt geht allerdings mit Blick auf den Familiennachzug von einem neuerlichen Anstieg der Zahl aus.
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