Besuch auf Tagesbaustelle bei Olpe: Autobahn-Straßenwärter leben gefährlich

13-mal höheres Risiko als in der Industrie - Autofahrer werden aggressiver


  • Kreis Olpe, 03.04.2019
  • Von Wolfgang Schneider
    Profilfoto Wolfgang Schneider

    Wolfgang Schneider

    Redaktion


    E-Mail schreiben
Topnews
Andreas Saller (rechts) und sein Kollege bei der Arbeit auf der A 4 in der Nähe des Kreuzes Olpe-Süd. von Wolfgang Schneider
Andreas Saller (rechts) und sein Kollege bei der Arbeit auf der A 4 in der Nähe des Kreuzes Olpe-Süd. © Wolfgang Schneider

Kreis Olpe/Freudenberg. „Das ist schon eine harte Arbeit. Körperlich anstrengend und nicht ungefährlich. Da muss man schon alle Sinne beisammen haben“, erzählt Andreas Saller über seinen Beruf. Seit 18 Jahren arbeitet er als Straßenwärter. Er und seine Kollegen sind am Mittwoch, 3. April, auf der A 4 zwischen dem Kreuz Olpe-Süd und Eckenhagen im Einsatz. Regeneinläufe reinigen – so lautet der Auftrag.


Die Arbeit, die Saller und seine 20 Straßenwärter-Kollegen von der Autobahnmeisterei Freudenberg tagtäglich erledigen, steht normalerweise nicht im Fokus der Öffentlichkeit. An diesem Vormittag ist das anders. Denn der Landesbetrieb Straßen.NRW hat die Medien zum Ortstermin auf der Autobahn eingeladen – und das Interesse ist groß. Deshalb müssen die Männer in der orange-roten Warnkleidung ihre Schaufeln oft weglegen, um sich fotografieren und filmen zu lassen und von ihrer Arbeit zu erzählen.
 von Wolfgang Schneider
© Wolfgang Schneider
„Der Verkehr hat stark zugenommen, vor allem die Zahl der Lastwagen“, erzählt Andreas Saller. „Das macht die Arbeit gefährlicher.“ Er hat sich daran gewöhnt, dass Autos und Lkw in kürzester Entfernung an ihm vorbeirauschen. Viele fahren deutlich schneller als erlaubt, obwohl in der Wanderbaustelle ein Tempolimit herrscht.

Zwei Fahrzeuge der Autobahnmeisterei weisen frühzeitig auf die Baustelle und den dadurch bedingten Wegfall der linken Fahrspur hin. Kurz vor der eigentlichen Baustelle steht ein weiterer Lkw als Absicherung. Meter um Meter arbeitet sich die Kolonne entlang des Mittelstreifens vor und säubert dabei die Regeneinläufe. Das gehört noch zu den weniger riskanten Arbeiten.
Bildergalerie starten
Besuch auf Tagesbaustelle bei Olpe: Autobahn-Straßenwärter leben gefährlich
Richtig gefährlich wird es, wenn die Straßenwärter vom Standstreifen aus über die Fahrbahnen laufen müssen, um verlorene Gegenstände zu bergen. „Eine zweispurige Autobahn ist 7,50 Meter breit. Da muss man gut abschätzen können, wie groß die Lücke zwischen den Fahrzeugen sein muss, um sicher von der Standspur zum Mittelstreifen zu kommen“, sagt Dieter Reppenhorst.

Er ist Leiter der Autobahnniederlassung Hamm, die für alle Autobahnen in Westfalen zuständig ist. Um ein Gefühl für die richtige Lücke zu bekommen, trainieren die Straßenwärter das richtige Verhalten auf einem „Risikoparcours“.

Apropos Risiko: „Straßenwärter haben ein 13-mal höheres Todesrisiko als Arbeiter in gewerblichen Betrieben“, weiß Reppenhorst. In den vergangenen 25 Jahren hat es auf den Autobahnen in NRW mehr als 500 Unfälle gegeben, bei denen Straßenwärter verletzt wurden. Bei von anderen Verkehrsteilnehmern verursachten Unfällen kamen seit 1993 19 Straßenwärter ums Leben.
 von Wolfgang Schneider
© Wolfgang Schneider
Die höchsten Unfallzahlen gab es Anfang der 2000er-Jahre. Seitdem sinken die Zahlen, weil der Landesbetrieb viel tut, um für mehr Sicherheit seiner Mitarbeiter zu sorgen. „Früher genügte eine Warnfahne zur Absicherung. Heute ist das ganz anders. Mit modernster Technik wird versucht, auf Gefahrenstellen hinzuweisen“, berichtet Reppenhorst.

Dazu gehören moderne LED-Tafeln, spezielle Schalensitze für die Fahrzeuge der Meistereien und ein Warnfunksystem, mit dem Meldungen über Tagesbaustellen rechtzeitig vor Beginn der Baustelle per CB-Funk in die Fahrerkabinen der Lkw gesendet werden. „Hilfreich und gerade auf der Standspur sehr effektiv sind auch Warnschwellen 100 Meter vor einer Baustelle“, erklärt Christoph Heer, der Betriebsleiter der Autobahnmeisterei Freudenberg.
Autobahnmeisterei Freudenberg
  • Die Autobahnmeisterei Freudenberg gibt es seit 1968.
  • Sie ist eine von 29 AB-Meistereien in NRW.
  • 21 Straßenwärter versehen von Freudenberg aus ihren Dienst.
  • Zuständig sind sie für 64 Kilometer Autobahn.
  • Das Gebiet umfasst die Strecken der A 4 zwischen Krombach und Eckenhagen sowie der A 45 von Drolshagen bis zur hessischen Landesgrenze.
Was den Straßenwärtern neben dem hohen Berufsrisiko zu schaffen macht, ist das rücksichtslose Verhalten mancher Verkehrsteilnehmer. „Man wird aus dem Stau heraus schon mal beschimpft. Es fliegen auch schon mal Getränkedosen oder andere Gegenstände“, weiß Christoph Heer aus Gesprächen mit seinen Kollegen.
Bildergalerie starten
Besuch auf Tagesbaustelle bei Olpe: Autobahn-Straßenwärter leben gefährlich
„Aggression und Unmut sind leider mehr geworden“, pflichtet Dieter Reppenhorst bei. Straßenwärter Andreas Saller erlebt das regelmäßig bei seinen „Kunden“, wie er die Pkw- und Lkw-Fahrer auf der Autobahn nennt: „Die Kunden werden immer aggressiver. Die zeigen dir auch den Stinkefinger oder nennen dich A…loch.“
Artikel teilen: